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Historismus

sonstiger Name: Kirchen in Erkelenz
19. Jhrd.

Kirchen in Erkelenz

In der gesamten Stadt Erkelenz gibt es 15 katholische Kirchen, 10 katholische Kapellen und 4 evangelische Kirchen als eigenständige Bauten. Schaut man in die Geschichte der einzelnen Gotteshäuser, so fällt auf, dass viele, nämlich 22, Ende des 18. bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts, meist in Stilen des Historismus, erbaut oder renoviert wurden. Mit Historismus ist gemeint, dass die Architekten und Innengestalter auf Stile früherer Jahrhunderte zurückgriffen, etwa der Romanik, Gotik, Renaissance oder des Barocks. Diese Neubauten ersetzten – und das nicht nur in Erkelenz – meist solche aus wesentlich früheren Jahrhunderten. Man fragt sich doch an dieser Stelle: Warum entstanden so viele Kirchenbauten in dieser Zeit?

Rückbesinnung auf das Mittelalter

In Deutschland gab es im 19. Jahrhundert eine Rückbesinnung auf das Mittelalter. Es galt als ideale Epoche und in allen gesellschaftlichen und künstlerischen Bereichen versuchte man, diesem Ideal nahe zu kommen. Man denke hier etwa an die musikalischen Werke eines Richard Wagners, an die volkstümlichen literarischen Bestrebungen der Gebrüder Grimm und vieles andere mehr.

Die Architektur und Kunst bildeten hier keine Ausnahme. Gerade die Gotik mit ihren emporstrebenden Formen diente den neuen Richtungen als Vorbild. So entstand etwa die Epoche der Neugotik im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Nicht nur Kirchen, auch Parlamente, z. B. in Ungarn, Rathäuser und Universitäten aber auch andere öffentliche Bauten, z. B. Brücken oder Bahnhöfe wurden in diesem Stil errichtet. Dass sich die christlichen Glaubensgemeinschaften dieser Epoche zuwandten, ist aus folgendem Grunde verständlich:

Unter Napoleon wurde der Einfluss der Kirchen in der Gesellschaft stark eingeschränkt. Nach seiner endgültigen Niederlage und dem Wiener Kongress schlossen sich die Kirchen meist den restauratorischen Bewegungen an. Es galt, den ehedem hohen Stand in der Gesellschaft wiederzugewinnen. Ausdruck dieser Denkweise waren und sind repräsentative Bauten, die Gottes Herrlichkeit entsprechend darstellen sollten. Gotische Formen im Mittelalter dienten schon damals der Demonstration der göttlichen und kirchlichen Macht. Die Neugotik schien daher eine willkommene Strömung, auch in äußeren Zeichen, nämlich im Bau majestätischer Kirchen, diese Macht zu demonstrieren. Selbst Kirchen, die andere historische Epochen zum Vorbild hatten, weisen diese Erhabenheit in der Größe der Bauten auf. Beispiele finden sich in Alt-Immerath mit der Lambertuskirche im romanischen Stil oder in Kückhoven im barocken Stil.

Kirchenneubauten im 19. Jahrhundert

Neben der oben genannten gesellschaftspolitischen Erklärung begünstigte ein weiterer wichtiger Punkt die Forcierung von Kirchenneubauten: Die Bevölkerung entwickelte sich im 18. und 19. Jahrhundert rasant. In vielen Chroniken der ehemaligen Pfarreien des Erkelenzer Landes ist zu lesen, dass die Raumverhältnisse in den Kirchen der Anzahl der Gläubigen nicht mehr gewachsen waren. Statt die alten, teilweise baufälligen Kirchen zu renovieren, beantragte man vielerorts den Bau von neuen Gebäuden, die dann auch vom Erzbistum Köln genehmigt wurden.

Im Folgenden werden nur die Bauten genannt, in denen auch Gottesdienste stattfinden bzw. stattfanden. Darüber hinaus gibt es noch einige weitere Anbetungskapellen im Stadtgebiet.

Neubauten dieser Zeit

© Michael Franke | Josefskapelle Berverath

Sankt Josef Berverath: Die Kapelle wurde auf Privatinitiative von den Berverather Bewohnern gebaut und 1913 eingesegnet.

© Hans-Peter Jans | Sankt Martinus Borschemich

Sankt Martinus Borschemich: In Borschemich (alt) entstand ab 1906 eine neugotische Kirche. Sie wurde 1907 konsekriert. Im Jahre 2016 musste sie dem Braunkohleabbau Garzweiler II weichen.

© Wolfgang Lothmann | ev. Kirche Erkelenz

Evangelische Kirche Erkelenz: Nach der Errichtung einer eigenen evangelischen Gemeinde wurde die erste Kirche 1902/03 gebaut. Bombentreffer zerstörten sie im 2. Weltkrieg so sehr, dass sie 1950 neu errichtet werden musste.

© Wolfgang Lothmann | kath. Kirche Gerderath

Sankt Christophorus Gerderath: Die wahrscheinlich im 12. oder 13. Jahrhundert erbaute Kirche wurde abgerissen und 1782/83 neu erbaut. 1786 folgte der Turmbau. 1864 erhielt sie einen neuen Chor.

© Wolfgang Lothmann | Kirche Gerderhahn

Heilige Dreifaltigkeit Gerderhahn: Die Grundsteinlegung erfolgte 1901, die Kirche wurde 1904 konsekriert.

© Wolfgang Lothmann | Kirche Golkrath

Sankt Stephanus Golkrath: 1898 wurde eine Kapelle durch eine neugotische Kirche ersetzt. Im 2. Weltkrieg wurde die Kirche zerstört und eine neue Kirche errichtet.

© RRP | R. Recker-Proprenter | Kirche Granterath

Sankt Michael Granterath: 1864 wurde die neue Kirche eingeweiht, nach dem 2. Weltkrieg aber mehrfach umgebaut.

© Heinz Peters | unbekannt | Alte Kirche 1954

Sankt Josef Hetzerath: Im Jahre 1913 wurde die Kapelle Sankt Josef Hetzerath eingeweiht. Heute bildet die Kapelle den Eingangsbereich der 1953 erbauten großen Kirche.

© Wolfgang Lothmann | Sankt Cosmas und Damian - Südwestseite

Sankt Cosmas und Damian Holzweiler: Der Neubau wurde 1861 eingeweiht, besaß aber zu dieser Zeit noch den Turm der alten Kirche. Der neue Turm entstand in dr Zeit von 1914 bis 1925.

© Wolfgang Lothmann | Sankt Laurentius Südostseite

Sankt Josef Houverath: Die Kapelle erhielt 1887 die Benediktion, wurde nach dem 2. Weltkrieg 1953 nach der umfangreichen Restaurierung wieder eingeweiht.

© Martina Pohl-Elser | Sankt Lambertus Immerath

Sankt Lambertus Immerath: Die neuromanische Kirche in Immerath (alt) wurde 1891 eingeweiht und 2018 infolge der Braunkohlenförderung abgerissen.

© Wolfgang Lothmann | Kirche Katzem

Sankt Maria Empfängnis Katzem: 1868 wurde die Kirche eingeweiht, musste nach dem 2. Weltkrieg nach größeren Kriegsschäden gründlich restauriert werden.

© Wolfgang Lothmann | St. Wendelin Kaulhausen

Sankt Wendelin Kaulhausen: Diese Kapelle wurde von der Dorfbevölkerung ab 1900 errichtet. 1908 erhielt sie die Einsegnung.

Heilig-Kreuz Keyenberg© Bernd Kauertz | Heilig-Kreuz Keyenberg

Heilig Kreuz Keyenberg: Die Kirche wurde in Etappen grunderneuert. Im Jahre 1867 wurde der neue Chor eingeweiht, 1914 wurden die Neubauten des Schiffes und des Turmes offiziell abgenommen.

© Wolfgang Lothmann | Kapelle Kleinbouslar

Sankt Barbara Kleinbouslar: 1860 erhielt Theodor Ropohl die Erlaubnis, diese Kapelle zu bauen.

© RRP | Rudolf Recker-Proprenter | Kukumer Kapelle Herz Jesu Front

Herz Jesu Kuckum: Im Jahre 1890 erfolgte die Grundsteinlegung der Kirche.

© Wolfgang Lothmann | Sankt Servatius Kückhoven

Sankt Servatius Kückhoven: 1792 erfolgte der Bau des Langhauses, 1910 kam noch ein Querschiff hinzu. Schäden aus dem 2. Weltkrieg wurden bis 1957 repariert.

© RRP | Rudolf Recker-Proprenter | Pfarrkirche St. Paili Bekehrung

Sankt Pauli Bekehrung Lövenich: 1868 war die Grundsteinlegung der Kirche, 1874 wurde sie eingeweiht. Auch hier mussten umfangreiche Schäden durch den 2. Weltkrieg repariert werden.

© Wolfgang Lothmann | Kirche Sankt Antonius

Sankt Antonius Tenholt: Die Dorfbewohner errichteten bis 1864 den Neubau der baufälligen alten Kapelle. 1957/58 wurde ein neues Südschiff und eine Sakristei errichtet.

© RRP | R. Recker-Proprenter

Sankt Valentin Venrath: Im Jahre 1869 wurde der Neubau der jetzigen Kirche vollendet.

Renovierungen im 19. Jahrhundert

© Wolfgang Lothmann | Lambertus Erkelenz

Sankt Lambertus Erkelenz: Diese Kirche wurde in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gründlich renoviert: 1860 das Langhaus, 1880 der Turm. Leider wurde der Kirchenbau am Ende des 2. Weltkriegs völlig zerstört. Nur der Turm wurde im alten Stil wieder aufgebaut.

© Wolfgang Lothmann | Kapelle Matzerath

Sankt Josef Matzerath: Die aus dem Jahre 1694 stammende Kapelle wurde 1881 renoviert.

Sonstige Kirchenbauten

Neben den vielen im 19. Jahrhundert neu erbauten oder renovierten Kirchenbauten gibt es noch wenige, die deutlich älter sind und einige, die aus dem 20. und 21. Jahrhundert stammen. Deutlich älter sind die evangelische Kirche in Schwanenberg aus dem Jahre 1547 und die evangelische Hofkirche Lövenich aus dem Jahre 1686.

Im 20. Jahrhundert wurden die Gotteshäuser Heilige Familie Oerath 1932, Sankt Lucia Terheeg nach völliger Zerstörung im 2. Weltkrieg 1957 und Sankt Severin Schwanenberg 1961/62 errichtet. In Gerderath steht die evangelische Friedenskirche der im Jahre 1962 neu gegründeten evangelischen Kirchengemeinde Ratheim-Gerderath.

Durch die Zerstörung wegen des Braunkohleabbaus der Grube Garzweiler II erhielten die Umsiedlungsorte Immerath die neue Kapelle Sankt Lambertus Immerath im Jahre 2015 und Borschemich die neue Kapelle Sankt Martinus Borschemich ebenfalls im Jahre 2015.

Die Leitentscheidung der nordrhein-westfälischen Landesregierung zum Braunkohlenabbau Garzweiler II wurde im Jahre 2023 dahingehend geändert, dass die zum Abriss vorgesehenen Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich und Berverath in der alten Form bestehen bleiben. So werden die Heilig-Kreuz-Kirche in Keyenberg, die Herz-Jesu-Kirche in Kuckum und die Sankt Josefskapelle in Berverath nicht abgerissen. Für alle zu diesen Kirchengemeinden gehörenden Orte wurde im Umsiedlungsgebiet bereits eine neue Kapelle gebaut. 2021 wurde der Grundstein gelegt. Im Juni 2022 konnte sie mit dem Namen Sankt Petrus in den Umsiedlungsorten eingeweiht werden.

Über die Links im Text können Sie sich näher zu den einzelnen Kirchen informieren.1

  1. Text von Wolfgang Lothmann 2021 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V., zuletzt geändert 2024.
  1. Pfarrgemeinde Christkönig Erkelenz (Hrsg.), https://christkoenig-erkelenz.de.

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