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Evangelische Kirche in Schwanenberg

Lage

Die Evangelische Kirche Schwanenberg liegt im Erkelenzer Stadtteil Schwanenberg in der Ortsmitte östlich vom Schwanenberger Markt. Baubeginn war im Jahre 1547, es handelt sich um eine dreischiffige spätgotische Hallenkirche mit polygonalem Chor und vorgesetztem Westturm. Sie liegt wohl auf dem Gelände einer mutmaßlichen Burganlage.1

© Will Völker Archiv | Elfriede Völker | Schwanenberg, Ev. Kirche,1981 Aquarell
Schwanenberg, Ev. Kirche,1981 Aquarell von Will Völker

Geschichte

Gründung der evangelischen Gemeinde

Für Schwanenberg sind über die ersten Reformationsversuche im Erkelenzer Land in der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert keine Urkunden vorhanden. Meist wird das Jahr 1557 als Beginn der Reformation in Schwanenberg genannt. Dies leitet man daraus ab, dass im Jahre 1558 das bisher zur Pfarre Schwanenberg gehörende Dorf Matzerath nach Erkelenz umgepfarrt wurde. Erkelenz gehörte mit dem Herzogtum Geldern zum Hoheitsbereich Karls V., der alle Reformversuche unterband. Schwanenberg gehörte zur Herrschaft Wickrath, wo sich der Landesherr ab 1557 vom alten Glauben abwandte. Die Einführung der Reformation in Schwanenberg wird ein Prozess gewesen sein, in dem die Schwanenberger schrittweise den neuen Glauben annahmen. Man weiß auch nicht genau, ob die Schwanenberger in dieser Anfangszeit lutherisch oder calvinistisch waren. Aus den geschichtlichen Quellen weiß man aber, dass spätestens im Jahre 1588 Wickrath und Schwanenberg calvinistisch waren. Bis zu dieser Zeit sind auch die Altäre, die zunächst in der Kirche verblieben waren, enfernt worden. Entsprechend der calvinistischen Lehre wurden auch alle Kreuze, Bilder und Skulpturen aus der Kirche entfernt.

Die Zuwendung Wickraths und Schwanenbergs zum neuen Glauben ist vor dem Hintergrund des im Jahre 1555 in Augsburg geschlossen Religionsfriedens zu sehen. Dieser gab den Landesfürsten endgültig das Recht, auf ihrem Gebiet die Konfession zu bestimmen, „Cuius regio, eius religio“ (wessen Gebiet, dessen Religion) wurde zur Grundlage. Der in Wickrath herrschende reichsunmittelbare Landesherr Johann von Quadt wandte sich aus vielerlei Gründen so etwa ab 1557 vom alten Glauben ab.

Dass die ehemalige katholische Kirche Schwanenberg in den Besitz der Reformierten gelangte, liegt auch daran, dass die Gemeinden Wickrath und Schwanenberg keine eigene Landeskirche hatten, deshalb die altkirchliche Gemeinde fortsetzen konnten und somit im Besitze der Pfarrkirche und des Kirchengutes blieben.2

Gleiches finden wir auch in Wickrathberg, wo ebenfalls die ehemalige katholische Pfarrkirche im Jahre 1569 offiziell zur Residenzkirche der Herrschaft Wickrath ernannt wurde.

Als erster evangelischer Pastor oder Prediger wird im Jahre 1560 ein „Herr Hermann“ urkundlich erwähnt. Neben diesem wird Johann Sieben genannt, Kreuzherrenbruder aus Wickrath, der in Schwanenberg einen Altar bediente. Die dann folgenden Pastöre/Prediger waren zunächst durchweg ehemalige katholische Pfarrer, Kapläne oder Brüder aus dem Kreuzherrenkloster Wickrath, vielleicht auch aus Hohenbusch.3

Die Vorgängerkirche

Man geht davon aus, dass auf dem Gelände des Pastorats früher eine Burganlage gestanden hat. Da die jetzige Kirche im Bereich der ehemaligen Burganlage liegt, ist es naheliegend, dass es dort auch eine Kapelle oder kleine Kirche gab. Vielleicht war es eine Holzkirche, so wie es häufig der Fall war. Später (etwa im 12. Jahrhundert) hat wahrscheinlich eine romanische Kirche die Holzkirche ersetzt. Der heutige Bau zeigt im Deckstein eines Strebepfeilers der Südseite die Jahreszahl 1547. Dies wird das Baujahr des letzten Teiles der Kirche sein. Von der Vorgängerkirche sind einige Teile übernommen worden, insbesondere der Stumpf des Kirchturmes. Der Turm weist viele romanische Merkmale auf, die auf die frühere Zeit hinweisen.4

© Schwanenberg 1972 | Günther Merkens | Vorgängerkirche
So könnte die Vorgängerkirche ausgesehen haben5

Die jetzige Kirche

Es handelt sich um eine dreischiffige Hallenkirche mit Tuffstein und Ziegelstein gebaut. Bis auf den Turm ist die Kirche um das Jahr 1547 gebaut worden, also noch als katholische Kirche und kurz vor der Glaubenswende. Man lehnte sich an den alten Grundriss insofern an, als man das Langhaus in gleicher Länge etwas schmaler mit drei Gewölbefeldern aufbaute. Daran schloß man zwei Seitenschiffe und einen polygonen Chor mit sechs Strebepfeilern an. Während die Vorgängerkirche romanisch war, erfolgte der Neubau der Zeit entsprechend in gotischer Bauweise. 6

Bei der Kirche handelt es sich um eine einfache Dorfkirche ohne großes architektonisches Beiwerk. Das heutige Bild der Kirche ist fast das gleiche wie bei der Erbauung.

Der Turm

Der aus der Westfront vortretende Turm ist viergeschossig, glatt aus Ziegeln gemauert und mehrfach eingerückt. Er hat eine quadratische Grundfläche von jeweils 6,20 Metern. Der Hinweis, dass der Turm von der Vorgängerkirche stammt, ergibt sich auch daraus, dass er vollständig aus Ziegelstein gemauert ist, während beim Langhaus reichlich Tuffstein verwendet wurde. Der Tum besteht bis zum zweiten Geschoss aus unregelmässigen Steinen verschiedenster Herkunft, die außen mit Feldbrandsteinen verkleidet sind (im Jahre 1969 zum Teil erneuert), jedoch nicht im Bereich des Fundamentes. Die anderen Stockwerke, auch die Glockenkammer, bestehen aus reinem Ziegelmauerwerk.8

Das Langhaus

Das Langhaus umfasst drei Joche, an der Südseite unregelmässiger Wechsel von Ziegel- und Tuffschichten. Die Spitzbogenfenster sind ganz einfach, ohne Masswerke, im Westjoch unter dem Fenster eine Stichbogentür aus dem 18. Jahrhundert; als Hauptgesims ein einfacher Klötzchenfries aus Ziegeln. Die Nordseite mit einer ganz entsprechenden Gliederung, nur fehlen hier die beiden Strebepfeiler an den Ecken; eine ältere Tür unter dem Mittelfenster ist vermauert. Hier ist zum Teil, wie an der ganzen Ostseite des Seitenschiffes, noch reines Tuffmauerwerk verwendet. Die einzelnen Joche tragen glatt aufgemauerte Giebel mit kleinen Spitzbogenfenstern. An einem Strebepfeiler der Südseite ein Haustein mir dem Hinweis auf das Jahr 1547.9

Der Chor

Der Chor hat einfache, zweimal abgetreppte Strebepfeiler, schlanke Spitzbogenfenster ohne Masswerk und einen Klötzchenfries, der hier etwas höher liegt als am Langhaus.10

Das Innere der Kirche

Das Innere der Kirche zeigt eine ganz gleichmäßige Ausbildung: Die schweren Scheidebögen mit abgefassten Kanten, einheitliches Kreuzgewölbe von schlankem Rippenprofil und mit einfachen Schlusssteinen. Die Rippen haben eine einfache Schräge, nur im Chor sind Halbfigürchen von Engeln als Gewölbefänger.11

Die Turmhalle war ursprünglich zum Langhaus in breitem Bogen geöffnet, wurde aber später teilweise geschlossen. Vor der Turmhalle ist eine große Empore, die das gesamte Westjoch der Kirche einnimmt.

Bei der Instandsetzung der Innenwände im Jahre 1908 sind im Chor Reste farbiger Malerei gefunden worden, die allerdings durch weitere Sanierungsarbeiten verschwunden sind.12

Im zweiten Weltkrieg ist die Kirche beschädigt worden, z.B. ist im Chor das Gewölbe eingestürzt. In den folgenden Nachkriegsjahren erfolgte sukzessiv die Wiederherstellung.

In der Panorama-Ansicht -siehe oben links- können Sie einen Rundgang durch die Kirche unternehmen.

Die Innenausstattung

Von der ursprünglichen Ausstattung ist heute nichts mehr vorhanden. Im Zuge der Reformation sind insbesondere die Altäre – Hauptaltar und zwei Seitenaltäre – entfernt worden. Jetzt gibt es folgende Innenausstattung:

  • Rokokokanzel in Braun und Gold aus dem Jahre 1778
  • Abendmahltisch aus dem 18. Jahrhundert
  • Schöffengestühl aus dem 18. Jahrhundert
  • Empore und Orgel aus dem Jahre 1811
  • Chorgestühl aus dem Jahre 1908
  • Kirchengestühl aus dem Jahre 1955

Die Orgel

© Wolfgang Lothmann | ev-Kirche-Schwanenberg-innen-004-2-2

Der Ursprung der Orgel geht auf das Jahr 1884 zurück. Sie wurde von der Firma Ibach, Barmen, gebaut. Im Jahre 1947 wurde die Orgel von Lothar Hintz, Köln, im Sinne barocker Klangvorstellung umgestaltet. Eine umfassende Restaurierung erfolgte im Jahr 1973 durch die Orgelbauanstalt Stahlhuth aus Aachen. Von der ursprünglichen Orgel sind nur die Windlade und einzelne Pfeifen erhalten. Die beiden äußeren Pfeifenfelder sind stumm.13

Die Fenster

Die Fenster sind alle nach dem 2. Weltkrieg geschaffen worden, da sie im Krieg zerstört wurden. Bei den Ornamentfenstern – Kathedralglas/Blei – in den beiden Seitenschiffen handelt es sich um Werkstattentwürfe, das Jahr der Herstellung ist nicht bekannt. Die Fenster im Chorbereich – Antik-, Opalglas/Blei – sind in den Jahren 1984/1985 von Monika Rütten, Jülich, gestaltet worden.

Die Glocken

Marienglocke

Die drei Glocken sind historisch, sie sind in den beiden Weltkriegen vom Einschmelzen verschont geblieben.

Die älteste Glocke, geschaffen von Johann von Venlo, stammt aus dem Jahre 1448, ist also noch aus der Zeit vor der Einführung des neuen Glaubens und Maria geweiht. Die zweite Glocke stammt ursprünglich aus dem Jahre 1482 und wurde von Jacob von Venraed geschaffen. Im Jahre 1754 wurde diese Glocke durch die Dremmener Glockengießer Christian Vogt – Vater und Sohn – umgegossen. Die dritte Glocke ist ebenfalls ein Umguss der Dremmener Glockengießer – ebenfalls im Jahre 1754. Über Alter und Herkunft der ursprünglichen Glocke ist nichts bekannt.14

Der Friedhof

Wie es im Mittelalter üblich war, befand sich der Friedhof rund um die Kirche. Dadurch ist im Volksmund auch der Begriff „Kirchhof“ für den Friedhof entstanden. Im Jahre 1834 wurde der Friedhof rund um die Kirche aufgegeben, von ihm ist heute nichts mehr erhalten. Zwei Grabkreuze aus vorreformatorischer Zeit sind in die Mauer des südlichen Seitenschiffes eingesetzt. 15

16

  1. Gustav Voss, a.a.O., Seite 14ff
  2. Gustav Voss, HK 1959., Seite 85
  3. Gustav Voss, HK 1959., Seite 73 ff, Gustav Voss, a.a.O., Seite 3 und Hans Josef Broich – Günter Wild, a.a.O., Seite 61 ff
  4. Gustav Voss, a.a.O., Seite 18
  5. Gustav Voss, a.a.O., Seite 20
  6. Gustav Voss, a.a.O., Seite 21
  7. Gustav Voss, a.a.O., Seite 20/21
  8. Gustav Voss, a.a.O., Seite 19 ff und Paul Clemen, a.a.O., Seite 347
  9. Paul Clemen, a.a.O., Seite 347
  10. Paul Clemen, a.a.O., Seite 347
  11. Paul Clemen, a.a.O., Seite 347
  12. Gustav Voss, a.a.O., Seite 23
  13. Hans Hilberath, a.a.O., Seite 147 ff
  14. Hans Hilberath, a.a.O., Seite S. 89 ff
  15. Gustav Voss, a.a.O., Seite 23 ff
  16. Text von Günther Merkens 2021 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V.
  1. Edmund Renard und Paul Clemen, Kunstdenkmäler der Kreise Erkelenz, Geilenkirchen und Heinsberg. Düsseldorf, ISBN: 3-590-32112-1, 1904
  2. Landkreis Erkelenz und Heimatverein der Erkelenzer Lande, Heimatkalender der Erkelenzer Lande. Erkelenz, 1959; Die Reformationszeit in Schwanenberg, Gustav Voss, Seite 73 ff
  3. Gustav Voss, Schwanenberg - Bilder einer Gemeinde in Vergangenheit und Gegenwart. Herausgegeben von der evangelischen Kirchengemeinde Schwanenberg, Schwanenberg, 1972
  4. Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.. Band 19; Evangelisch im Erkelenzer Land, Hans-Josef Broich und Günter Wild
  5. Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.. Band 7; Glocken und Orgeln des Stadtgebietes Erkelenz

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