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Beginn der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung in Erkelenz

Zum täglichen Leben gehören Strom, Gas und Wasser einfach dazu, jeder benutzt sie täglich und alles ist selbstverständlich. Allenfalls ärgern die zur Zeit hohen Preise dafür. Aber wie hat alles in Erkelenz gegonnen? Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gab es eine öffentliche Versorgung mit Strom, Gas und Wasser nicht. Erst die beginnende Industrialisierung zum Ende des 19. Jahrhunderts brachte Bewegung in diesen Bereich.

Versorgung mit Elektrizität

Allgemein

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war die offene Flamme das einzig bekannte Beleuchtungsmittel. Eine der ältesten und in Mitteleuropa weit verbreiteten künstlichen Lichtquellen war der Kienspan, ein harzdurchtränktes Stück Holz, meistens aus der besonders harzreichen Kiefer. Eine alte Bezeichnung für die Kiefer ist Kienföhre, daher der Name. Kienholz entsteht durch eine äußere Verletzung der Baumrinde: der Baum produziert zum Schließen der Wunde mehr Harz, welches verhärtet – das Holz verkient. Schneidet man diese Stelle in dünne Späne, so erhält man eine gute und minutenlang leuchtende Lichtquelle.

Aus dem Kienspan entwickelte sich die Fackel. Ein Holzscheit wird künstlich mit einem besonders hell brennenden Material wie Harz oder Pech beklebt oder umwickelt, bis er am oberen Ende eine keulenförmige Verdickung bildet. Der ursprüngliche Holzscheit diente von nun an nicht mehr als Brennstoff, sondern lediglich noch als Träger. Es folgte dann die Öl- und Petroleumlampe und so ab Mitte des 19. Jahrhundert das Gaslicht. Ab den 1880er Jahren begann die Verbreitung des elektrischen Lichtes.1 Dies bedeutete aber auch, dass die Energie zu den Nutzern transportiert werden musste. Und so entstanden die ersten Gas- und Stromnetze.

Beginn in Erkelenz

In Erkelenz wird es nicht anders gewesen sein. In den historischen Quellen finden sich kaum Hinweise. Gaspers/Sels schreiben in der Geschichte der Stadt Erkelenz, dass es wohl ab 1846 eine spärliche Straßenbeleuchtung gab, es gab aber danach keine wesentlichen Verbesserungen. 2

© Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. | Wilhelm Borgs | Straßenbeleuchtung in Erkelenz um 1860

Im Jahre 1859 wurden Öl-Straßenlaternen aufgehängt, die von der Stadt Neuss gekauft wurden, da Neuss auf Gasbeleuchtung umgestellt hatte. Die Laternen hingen an Seilen, die über die Straße gespannt waren. Zum Reinigen, Füllen und Anzünden mussten sie herunter gelassen werden. In späteren Jahrzehnten wurden die Öllampen durch Petroleumlampen ersetzt. 3

So könnte es in Erkelenz ab 1859 gewesen sein. 4

In der Neusser Zeitung vom 06.09.1871 wird der Kauf der Lampen vor 15 Jahren -also 1856- bestätigt. Berichtet wird auch, dass die Lampen nicht von der Stadt Erkelenz aufgehängt wurden, sondern von sog. Laternenvereinen.

In einer Notiz vom 28. Oktober 1859 im Erkelenzer Kreisblatt ist zu lesen: „Und er sprach: Es werde Licht, und siehe, es ward Licht”. Seit heute Abend erfreut sich unser Städtchen einer Aufklärung, wie bereits viele Dörfer unseres Kreises sie seit einer Reihe von Jahren besser gehabt haben. Heute hat zum ersten Male die Straßenbeleuchtung uns unsere Wege erhellt, allerdings läßt die erste Probe noch manches zu wünschen übrig. Warum dieser Vorwurf? Wie die pensionierten Neusser Stadtlaternen – allein wie aller Anfang schwer ist, so auch mit dem jungen Licht, das uns geworden, jedoch die Mängel sich beseitigen lassen – so hängen z. B. die Laternen durchweg zu hoch und können, obwohl alles Licht von oben kommt, doch um 3 bis 4 Fuß niedriger hängen, um ihren Zweck zu erffüllen; auch sind die meisten der neuen Lichtverbreitungsmittel von maßgebender Seite schief aufgehängt worden; alles Fehler, die zu verbessern sind, jedenfalls jedoch glauben wir, unseren Freunden den guten Rat erteilen zu müssen, ihre Handlaterne vor der Hand noch nicht abschaffen zu wollen, denn bei solcher Beleuchtung geht nichts über eigenes Licht!” 5

In den Wohnungen war man zu gleicher Zeit ebenfalls auf die primitive Beleuchtung durch Talg- oder Ölfunzeln angewiesen. In den Wirtschaften, standen auf den Tischen Talgkerzen und Fidibusbecher zum Anzünden der Zigarren und Pfeifen der Gäste. Lampen zum Herumtragen waren aus Messing oder Zinn, ölgefüllt mit offener Flamme; in besseren Häusern gab es dann auch Tischlampen mit Zylindern aus Glas, sowie Schiebelampen aus Messing, in den ganz vornehmen Häusern sogenannte Moderateurlampen, hohe prächtig ausgestattete Lichtspender, auf bronzenen, mosaikverzierten Untersätzen, mit selbst regulierenden Ölbehältern. Behangen waren diese oft mit kostbaren seidenen und spitzenbesetzten Lampenschleiern. Auch in den Häusern wurden später die Öllampen durch Petroleumlampen ersetzt. 6

Beleuchtung des Kaiser Wilhelm Denkmal

Zur Jahrhundertfeier Kaiser Wilhelms I. am 22. März 1897 trafen die Bürger von Erkelenz Vorkehrungen zur Ausschmückung des Marktplatzes sowie der Straßen der Stadt. Hierbei wurde bedauert, dass man für die Abendfeier das einzuweihende Denkmal auf dem Marktplatz mit den bis dahin gebräuchlichen Petroleumlampen, Lampions oder Fackeln nicht würdig beleuchten könne. Dann trat Anton Raky, Generaldirektor der IBG auf den Plan. Raky erklärte sich bereit, innerhalb zweier Tage den Marktplatz, die Hauptstraßen und Festsäle sowie auch eine Anzahl von Wirtschaften für den Festabend mit elektrischer Beleuchtung zu versehen, wenn ihm von der Stadtverwaltung die Erlaubnis zur Aufstellung einer Lokomobile, die einen Generator antrieb, sowie der nötigen Masten und Drähte gegeben werde. Diese wurde sofort erteilt, und noch vor Ablauf der angesagten Frist erstrahlten Marktplatz und Bahnhofstraße (diese wurde von der IBG mit Elektrizität versorgt) sowie fast sämtliche Wirtschaften in elektrischem Licht.7

Einweihung Kaiser-Wilhelm-enkmal
Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals am 22. Mai 1887

Elektrizitätsversorgung der Erkelenzer Betriebe

Die um diese Zeit in Erkelenz bestehenden Industriebetriebe erzeugten ihre Elektrizität selbst mittels Generatoren 8, die von Dampfmaschinen angetrieben wurden. So baute z. B. I. B. Oellers hinter der Fabrikhalle ein Maschinenhaus, in dem eine Dampfmaschine für die erforderliche Kraft zum Betreiben des Generators sorgte. Auch die mechanische Weberei Michels und Halcour, die Kornbrennerei und die Malzfabrik hatten eine eigene Stromversorgung.

© Archiv Stadt Erkelenz | Elektrogeneratoren IBG. um 1900

Die Internationale Bohrgesellschaft – IBG – erzeugte mit großen Generatoren ebenfalls elektrische Energie.

Elektrizitätsversorgung durch die Molkerei

Die Beleuchtung des Marktplatzes führte dazu, dass die Stadtverwaltung die Frage der „Errichtung eines Elektrizitätswerkes“ diskutierte. Der Plan, ein eigenes städtisches Werk einzurichten, stieß damals in der Stadtverordnetenversammlung auf Widerstand. Der 1. Beigeordnete Wilhelm Terstappen schlug vor, mit der seit 1896 bestehenden Molkereigenossenschaft, die seit 1898 auch Elektrizität erzeugte, einen Zehnjahresvertrag zur Lieferung von Elektrizität abzuschließen. Dies geschah dann auch im Jahre 1898, der Beginn der Stromlieferung war der 01.01.1899.9

© Archiv Heimatverein | unbekannt | Molkerei
Die Molkerei an der damaligen Hermann-Josef-Straße, die auch Elektrizität erzeugte

Beginn der Straßenbeleuchtung

Gleichzeitig wurde der Beschluss gefasst, die Bahnhofstraße (heute Kölner Straße) bis zum Rathaus elektrisch zu beleuchten, ebenso wurde die Stromversorgung für das Rathaus vorgesehen.

Seit den 1880er Jahren gab es die elektrische Bogenlampe (beim elektrischen Bogenlicht werden kleinste Kohlenpartikelchen und die Kohlenstifte der Lampe selbst zum Glühen gebracht) und bald darauf die Glühlampe (als Glühlampen galten alle elektrischen Lampen, deren Licht durch einen stark erhitzten und dadurch glühenden Draht aus Wolfram erzeugt wurde). In Erkelenz entschied man sich für die Glühlampe. Ab 12. Dezember 1898 erhielt die Bahnhofstraße sieben Glühlichtlampen von der Bahn bis zum Rathaus, wobei jede Lampe 24 Watt hatte. Das war der Beginn der elektrischen Straßenbeleuchtung in Erkelenz.

Zur gleichen Zeit wurden auch die ersten Hausanschlüsse verlegt; im Jahre 1899 gab es in Erkelenz 48 Anschlüsse, 1909 waren es 243, im Jahre 1925 schon 10.400.10

© (c) Stadtarchiv Erkelenz | Stadtarchiv Erkelenz | F2_70_01_3

Die innerstädtischen Leitungen wurden zunächst an den Hausfronten vorbei geführt und an Isolatoren befestigt. 11 Später wurden dann Oberleitungen verlegt, z. B. wie hier am Platz vor der evangelischen Kirche (heute Martin-Luther-Platz), etwa im Jahre 1925/1930. Erst nach dem 2. Weltkrieg wurden die Leitungen unterirdisch verlegt.

© Stadtarchiv Erkelenz | unbekannt | Hindenburgstrasse
Straßenbeleuchtung auf der Hindenburgstraße; im Hintergrund auch Strommasten, etwa 1920

Elektrizitätswerk der Stadt Erkelenz

Nach mehreren Jahren zeigte sich, dass der Bedarf an elektrischer Energie zu Licht- und Kraftzwecken immer größer wurde, so dass er von der Molkerei nicht mehr gedeckt werden konnte. Deshalb wurde der Vertrag zum 31. Dezember 1908 gekündigt. Es musste eine neue Lösung gefunden werden. Treibende Kraft war der damalige Erkelenzer Bürgermeister Bernhard Hahn. Erkelenz entschied sich zum Bau (in den Jahren 1908/1909) eines eigenen Elektrizitätswerkes auf dem Grundstück gegenüber dem Wasserturm, das gleichzeitig mit einem auch räumlich verbundenen Schlachthof errichtet wurde. Im Jahre 1914 wurde noch eine Badeanstalt und ein Schwimmbad dazu gebaut.12

Das bestehende Leitungsnetz wurde bis zum 1. Januar 1909 — dem Übernahmetag — umgebaut und es wurde ein besonderes Kraftverteilungsnetz für Drehstrom mit 380 Volt in der Stadt und in Oestrich errichtet. Für das Licht war der Gleichstrom geblieben, aber mit Rücksicht auf die damals neuen Metallfadenlampen auf 2 x 110 Volt umgestellt. Produziert wurde die Elektrizität mittels Generatoren, die von Dampfmaschinen angetrieben wurden.

Schon bei Beginn war daran gedacht, auch die Landgemeinden im Kreis Erkelenz mit Strom zu versorgen. Es gelang aber nicht, im Kreis Erkelenz eine einheitliche Versorgung durch das Elektrizitätswerk Erkelenz zu schaffen. Einige Gemeinden im Süden des Kreises, z. B. Keyenberg (ab 1909), Borschemich, Venrath, Holzweiler, Lövenich und Kückhoven sowie Wegberg und Beeck wurden vom Elektrizitätswerk Rheydt versorgt.13

Wandel vom Energieerzeuger zum Versorger

Im Ersten Weltkrieg stieg der Bedarf an Strom, die Zahl der Abnehmer stieg ständig. Die Turbinenanlagen des Werkes wurden dadurch bald zu klein, die Beschaffung einer entsprechend großen Turbinenanlage war aber bei den Kriegs- und Finanzschwierigkeiten nicht möglich. Im Zusammengehen mit der Firma A. Wirth & Co. (der früheren IBG), die bis dahin eine eigene Elektrizitätsversorung hatte, wurde ab 1917 der Strom von der Niederrheinischen Licht- und Kraftwerke A.G. bezogen. Die Dampfmaschinen und die Generatoren in Erkelenz wurden stillgelegt. Für die Versorgung wurde eine Hochspannungsleitung von Rheydt nach Erkelenz gebaut.

Mit dem Übergang von der eigenen Energieerzeugung zum Versorger war auch die Umstellung des städtischen Stromnetzes von Gleichstrom auf Drehstrom notwendig. Die Lichtspannung wurde von 110 auf 220 Volt gewechselt.14

Die Westdeutschen Licht- und Kraftwerke

Der insbesondere nach Kriegsende eintretende höhere Bedarf brachte das Elektrizitätswerk Erkelenz an die Leistungsgrenze, auch weil die Leitungsnetze nicht mehr leistungsfähig genug waren. Dies führte 1923 zur Gründung eines neuen Unternehmens mit den Niederrheinischen Licht- und Kraftwerken in Form einer Aktiengesellschaft. Diese nannte sich „Westdeutsche Licht- und Kraftwerke A.G., Erkelenz“ (WLK). Das Startkapital betrug 6 Millionen Mark. Jeder der beiden Teilhaber übernahm 50% der Aktienanteile.15 Diese neue WLK übernahm jetzt die gesamte Elektrizitätsversorgung im Kreis Erkelenz.

Mit dem Ende des 2. Weltkrieges war das Stromversorgungsnetz fast vollständig zerstört. Die Kriegsschäden konnten wegen des Materialmangels erst nach und nach beseitigt werden.

Die WLK blieb bis zur Verschmelzung mit den Kreiswerken Heinsberg im Jahre 2003 bestehen.

Versorgung mit Gas

Allgemein

Bis Ende des 19. Jahrhunderts basierte die Gasversorgung vor allem auf sogenanntem Stadtgas, das durch Steinkohlevergasung lokal erzeugt wurde. Heutzutage wird die Gasversorgung vorrangig durch über weite Distanzen importiertes Erdgas sichergestellt.

In den 1820er Jahren wurden erste Gaswerke auf dem Kontinent errichtet. 1822 wurde die Pariser Oper als erstes Theater auf dem Kontinent mit Gas beleuchtet. Die ersten Städte mit Gasanstalt und Gas-Straßenbeleuchtung waren Hannover (1825), Berlin (1826), Aachen und Leipzig (1838). Bis 1850 folgten Stuttgart, Hamburg, Breslau, Düsseldorf, München, Mannheim und 40 weitere Städte.16

Gasversorgung in Erkelenz

Über die Gasversorgung in Erkelenz zu Beginn des 20. Jahrhunderts findet man keine Hinweise. Da die Gasversorgung leitungsgebunden war, ist kaum anzunehmen, dass es um die Jahrhundertwende in Erkelenz eine Gasversorgung gab. Auch in den Unterlagen zur Errichtung des Erkelenzer Elektrizitätswerks im Jahre 1909 finden sich keine Hinweise auf eine Gasversorgung. Erst nach Bildung der WLK gibt es erste Hinweise. So wird berichtet, dass im Jahre 1923 neben der neuen Hochspannungsleitung auch eine Gas-Hochdruckleitung von Rheydt nach Erkelenz gebaut wurde. Rheydt hatte schon früh eine Gasversorgung, so wurde bereits 1884 eine Betriebskrankenkasse für die Gasanstalten u. a. in Rheydt gegründet. Gespeichert wurde das Gas vor Ort in Gasometern.

Später wird berichtet, dass im Jahre 1929 ein umfangreicher Ausbau der Gasversorgung in Erkelenz erfolgte.

© Stadtarchiv Erkelenz | Gasometer

Das Foto aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg zeigt den Gasometer auf dem Gelände der WLK, direkt neben der Straßenunter-führung Mühlenstraße. Er wurde nach der Umstellung auf Erdgas (1969/1970) demontiert.

Berichtet wird auch, dass mit dem Ende des 2. Weltkrieges die Gasversorgungsanlagen in Erkelenz völlig zerstört waren und dass z. B. im Jahre 1946 eine Gasversorgung noch unmöglich war.17

Die vorher gezeigte Übersicht über die Strom- und Gasentwicklung der WLK zeigt, dass es im Jahre 1923 wohl noch keine Gasversorgung in Erkelenz gab, die sich dann langsam entwickelte und erst nach dem 2. Weltkrieg stetig anstieg.

Versorgung mit Wasser

Brunnen und Pumpen

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte die Trinkwasserversorgung durch private und öffentliche Brunnen. Letztere wurden jedoch nicht durch die Stadtgemeinde, sondern durch Genossenschaften, sogenannte Brunnennachbarschaften, unterhalten, die in der geldrischen Epoche der Stadt begründet worden waren und bis zum Bau der zentralen Wasserleitung im Jahre 1902 bestehen blieben.

Ein Brunnenmeister, der aus den Reihen der Brunnennachbarschaft gewählt wurde, war für den einwandfreien Zustand des Brunnens verantwortlich. Ursprünglich waren dies sicherlich Ziehbrunnen (das Wasser wurde mit Eimern aus dem Brunnenschacht gezogen), diese wurden dann im Laufe der Zeit durch Säulenpumpen ersetzt.

Es gab in der Stadt sechs öffentliche Brunnen: An der Maar (heute Franziskanerplatz) am Hause Wachtendonk, auf dem ehemaligen Kommandantsplatz18, auf dem Markt, auf dem Johannismarkt, im Pangel und im Gasthaus. Auf dem Pley an der Brückstraße wurde 1866 eine Pumpe gebaut. Wie viele private Hausbrunnen es in Erkelenz gab, ist heute nicht mehr bekannt.19

Mathias Baux erwähnt in seiner Chronik aus dem 16. Jahrhundert drei Brunnen in der Stadt. „Im Jahre 1420 wurde ein neuer Brunnen auf dem alten Markt der Stadt Erkelenz gebaut.“20 Es fehlen Angaben über den Erbauer und die Kosten. Für das Jahr 1559 nennt Baux einen Brunnenbau in Mennekrathdurch die dort Ansässigen“.21 Die genaueste Angabe bei Baux bezieht sich auf das Jahr 1551, es „wurde der neue Brunnen an der Maar in Erkelenz gemacht auf Kosten der gesamten Nachbarschaft. Und die Stadt hat die Steine dazu gegeben.22

Zentrale Wasserleitung

Bereits im Jahre 1900 plante die Stadt Erkelenz die Errichtung eines Wasserwerkes. Es sollte nicht nur die manchmal unzureichende Wasserversorgung aus Brunnen und Pumpen für die rund 5500 Einwohner der Stadt ersetzen, sondern auch die aufstrebende Industrie der Stadt durch eine zentrale Wasserversorgungsanlage kontinuierlich mit Wasser bedienen. Die Entscheidung für das Wasserwerk – wie auch für die Elektroversorgung – verdankt die Stadt dem Weitblick dreier Persönlichkeiten der Stadtverordnetenversammlung: Bürgermeister Bernhard Hahn, Anton Raky und Wilhelm Terstappen.23 Letzterer wurde zum Vorsitzenden der Wasserwerkskommission im Jahre 1901 gewählt. Die Stadtverordnetenversammlung beschloss im Jahre 1902 die Errichtung eines zentralen Wasserwerks.

© Bernd Limburg | Wasserturm vor dem Umbau

Nach verschiedenen Bohrungen erwies sich der Standort an der Neusser Straße mit der zweithöchsten Erhebung der Stadt (99,07 m über NN) als der geeignetste Platz zur Errichtung des Wasserwerks mit einem Brunnen und einem 39 Meter hohen Wasserturm, der für den notwendigen Wasserdruck sorgen sollte. Einzelheiten zum Wasserturm hier:

Im Jahre 1902/03 wurde zunächst für Erkelenz und Oestrich eine zentrale Wasserleitung eingerichtet. Im Laufe der nächsten Jahre wurden die zur Stadtgemeinde Erkelenz gehörenden geschlossenen Dörfer und im Jahre 1913 die Landgemeinde Kückhoven angeschlossen. Damit verschwanden die bisher bestehenden alten Nachbarschaftsbrunnen und Pumpen.

Das Wasserwerk war bis zur Übernahme durch das Kreiswasserwerk zum 1. Januar 2010 ein Eigenbetrieb der Stadt Erkelenz, ab 1923 wurde die Betriebsführung von der neu gegründeten „Westdeutsche Licht- und Kraftwerke, AG“ übernommen.

Im Jahre 1925 betrug die Länge der eingebauten Wasserleitungsrohre in der Stadt einschließlich Kückhoven 22.500 laufende Meter. In den folgenden Jahren wurde die Wasserversorgung stetig erweitert.

© Archiv Stadt Erkelenz | Ansichtskarte-Internationale-BG

Die IBG hatte auf dem Betriebsgelände eine eigene Wasserversorgung (etwa ab 1905) einschließlich eines Wasserturmes.
Dieser wurde im 2. Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut.

Abwasserkanalisierung

Mit der Verlegung der Wasserleitungsrohre erfolgte zugleich die Abwasserkanalisierung der Innenstadt, die es bis dahin nicht gab. Die Abwässer wurden zu der im Jahre 1910 gebauten Kläranlage mit entsprechenden Rieselfeldern geleitet. Diese lagen damals weit außerhalb der Stadt an dem Weg nach Kehrbusch. In den Rieselfeldern erfolgte eine Klärung der Abwässer. Die geklärten Abwässer wurden in Richtung Isengraben zum Beeckbach geleitet. Auf dem Gelände der ehemaligen Rieselfelder befindet sich heute die moderne Kläranlage der Stadt.

Ein Rieselfeld ist eine Anlage zur Reinigung von Abwässern. Das Abwasser wird möglichst großflächig auf einem wasserdurchlässigen Bodenkörper verrieselt. Beim Versickern im Boden werden die Inhaltsstoffe mechanisch an den Bodenteilchen festgehalten. Die so filtrierten Substanzen werden durch sessile Mikroorganismen biologisch abgebaut.24

HPJ-ERK-40-50er-184Klaeranlage-Rieselfeld
Abwasserbecken der Kläranlage, etwa 1940

In den folgenden Jahren wurde die Kanalisierung auf weitere Stadtteile, insbesondere auch vom Schlachthof aus durch Oestrich bis zu den Rieselfeldern ausgedehnt. Im Jahre 1925 beträgt die Länge der Straßenkanäle bis zum Rieselfeld 6.500 laufende Meter.

Als nach dem 2. Weltkrieg Erkelenz immer größer wurde und das Kanalnetz sich ebenfalls erweiterte, wurde an gleicher Stelle eine neue und entsprechend große Kläranlage gebaut.

Fazit

Die um das Jahr 1900 beginnende Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser sowie die Kanalisierung wurde in den folgenden Jahren kontinuierlich weiter entwickelt, so dass die Stadt Erkelenz in dieser Hinsicht gut aufgestellt war und den Bürgern den entsprechenden Komfort bot.25

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Beleuchtung; Stand 02/2024
  2. Gaspers/Sels, a.a.O., Seite 92
  3. N.N. in Band 31 der Schriftenreihe des Heimatvereins, Seite 192
  4. Zeichnung von Wilhelm Borgs freundlicherweise zur Verfügung gestellt
  5. Quelle: Erkelenzer Volkszeitung vom 10.09.2002
  6. N.N. in Band 31 der Schriftenreihe des Heimatvereins, Seite 193
  7. Gaspers/Sels, a.a.O., Seite 93
  8. Ein elektrischer Generator ist eine elektrische Maschine, die Bewegungsenergie in elektrische Energie wandelt. https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrischer_Generator, Stand 02.2024
  9. Gaspers/Sels, a.a.O., Seite 93
  10. Siehe auch Josef Lennartz, Heimatkalender 1984, Seite 123 ff
  11. Josef Görtz in Band 31 der Schriftenreihe des Heimatvereins, Seite 196
  12. Gaspers/Sels, a.a.O., Seite 93
  13. Gaspers/Sels, a.a.O., Seite 94
  14. Gaspers/Sels, a.a.O., Seite 94
  15. Gaspers/Sels, a.a.O., Seite 94
  16. https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_deutschen_Gasversorgung; Stand 02/2024
  17. Zur Gasversorgung in Erkelenz siehe Festschrift „50 Jahre WLK“, freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Stadtarchiv Erkelenz, „StAErk S2/E/54“.
  18. Dieser lag zwischen Markt und Südpromenade. Marktseitig stand die Kommandantur (Wohnsitz des Kommandanten), die um 1820 als solche gebaut worden war und sie blieb, bis um 1910 das schlichte Haus mit Treppengiebel für die Rheinisch-Westfälische-Diskontgesellschaft umgebaut wurde (heute Kindermodengeschäft). Nach der Anlegung des Exerzierplatzes an der West-Promenade (etwa 1820) wurde der Platz hier zur Gemeindebleiche, zu der auch ein Brunnen/eine Pumpe gehörte. Siehe Josef Lennartz in „Erkelenzer Straßen“ Seite 119
  19. Siehe Band 1 der Schriftenreihe des Heimatvereins, Seite 35 ff: Josef Lennartz „Die Brunnen“
  20. Siehe Bauxchronik Seite 503
  21. Siehe Bauxchronik Seite 543
  22. Siehe Bauxchronik Seite 540
  23. Siehe Friedel Krings: „Der Wasserturm der Stadt Erkelenz“, Heimatkalender 1984, Seite 104
  24. https://de.wikipedia.org/wiki/Rieselfeld; Stand 02/2024
  25. Text von Günther Merkens 2024 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande
  1. Hiram Kümper (Hrsg.), Mathias Baux: Chronik der Stadt Erkelenz und des Landes von Geldern. Faksimile - Transkription - Übersetzung, Band 1. Neustadt an der Aisch, ISBN: 978-3-9815182-9-0, 2016
  2. Gaspers/Sels, Geschichte der Stadt Erkelenz . Erkelenz, 1926
  3. Wikipedia, Wikipedia Deutsch. https://de.m.wikipedia.org/
  4. Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.. Band 31, Seite 192 ff "Wie den Erkelenzern zwischen 1860 und 1900 das Licht leuchtete"

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