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Der Beginn des Baumschulzentrums Erkelenz

In den 1970er Jahren war Erkelenz mit ca. 160 ha Baumschulfläche das zweitgrößte Baumschulzentrum des Rheinlandes, in dem sieben Sortimentsbaumschulen existierten. Das Erkelenzer Baumschulzentrum ist ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts reduzierte sich die Baumschulfläche stark. Aber immer noch existieren einige Baumschulen in Erkelenz.

Allgemeine Entwicklung

Das Baumschulzentrum Erkelenz hat sich kontinuierlich aus kleinsten Anfängen entwickelt. Dabei spielten unternehmerische Initiativen und optimale Bodenverhältnisse eine enscheidene Rolle. Der Lössboden der Erkelenzer Börde bot ideale Vorausetzungen für die Aufzucht von Pflanzen und Bäumen. Dazu kam ein günstiges Klima mit der richtigen Mischung von Niederschlägen und Temperaturen. Auffallend war, dass sich die Baumschulen überwiegend in einem östlichen/südlichen Halbkreis um die Stadt konzentrierten von Oestrich bis Bellinghoven. Weitere Baumschulgebiete lagen um Lövenich im Süden der Stadt, im Westen um Golkrath/Houverath und im Norden um Schwanenberg.1

Die Bedeutung des ehemaligen Baumschulzentrums würdigte die Stadt Erkelenz dadurch, dass sie im Jahre 1971 die Straße zwischen der Ziegelgasse und dem Kaiser-Karls-Weg den Namen „Baumschulweg“ gab.

© Archiv Heimatverein | Friedel Krings | Baumschulenflächen rund um Erkelenz
Die Baumschulflächen rund um Erkelenz (Stand 1977)

Geschichtliche Entwicklung

Fast pa­r­al­lel zur industriellen Entwickung in Erkelenz begann auch die Entwicklung zum Baumschulzentrum. Im Jahre 1850 wurde der erste Betrieb gegründet und schon 1862 folgte der nächste. Weitere Gründungen erfolgten in den Jahren 1895, 1900, 1921, 1925 und 1932.

Baumschule Karl Platz/Müller-Platz

© Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V. | Karl Platz

Der Gärtner Karl Platz, geb. am 24.05.1828 in Erfurt, kam 1850 als 21jähriger Gärtner aus Bonn (hierhin war er seinem Vater gefolgt) nach Erkelenz, siedelte sich in Oestrich an und heiratete die Putzmacherin Therese Boffen. Er gründete dort seine „Kunst- und Handelsgärtnerei“. Nach dem Tode seiner Ehefrau heiratete er 1870 die Bauerntochter Maria Marx, die in der Brückstraße wohnte. Die Marx’s besaßen Land u. a. im Bereich Brückstraße – Ziegelgasse.

1872 verkaufte die Stadt auf der Brückstraße das Haus und Grundstück des von 1864 -1871 hier bestehenden Klosters der „Armen Dienstmägde Christi“ an Karl Platz. Dieses sogenannte „Kloster“ war die Vorstufe des von Hermann Josef Gormanns begründeten Hermann-Josef-Stifts. 1873 wurde der Betrieb zur Brückstraße verlegt. Um diese Zeit hatte Platz neben umfangreichen Gewächshauskulturen schon die ersten Baumschulen angelegt und wurde so der Begründer dieses Zweiges des Gartenbaus in Erkelenz. Insbesondere der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Krieg 1870/71 bescherte dem Unternehmen günstige Märkte, besonders am Niederrhein. Dabei spielte auch die ab 1852 bestehende Eisenbahnanbindung eine große Rolle.

Karl Platz starb 1890. Seine Tochter Maria heiratete 1900 den Gärtner Peter Müller, der 1899 aus Trier nach Erkelenz gekommen war. Müller führte den Betrieb nicht nur weiter, sondern konnte ihn noch wesentlich vergrößern. Seit 1900 führt die Firma den Doppelnamen „Müller-Platz“, der längst weit über Erkelenz hinaus ein Gütezeichen war.

Haus-Mueller-Platz
Ansichtskarte, nach 1907

© Sammlung Lucie Hoogen | unbekannt | Sammlung-Hogen_Luftbild-1-bearb-x

Im Jahre 1907 errichtete Peter Müller an der Brückstraße ein repräsentatives Wohn- und Geschäftshaus, die Gärtnerei „Müller-Platz“. Zwischen der Brückstraße, der heutigen Nordpromenade und der Ziegelgasse waren die gewerblichen Flächen.

Peter Müller übernahm 1938 den Firmennamen als Eigennamen und starb 1957 85-jährig.2 Im Jahre 1938 übernahmen sie beiden Söhne den Baumschulbetrieb, ab 1942 war Balduin Müller-Platz alleiniger Firmeninhaber (gestorben 1972). Ab 1967 leitete sein Sohn Heinrich Müller-Platz das Unternehmen.

© Archiv Heimatverein | Anzeige Müller-Platz 1953
Anzeige Müller-Platz im Heimatkalender 1953

Der gesamte Gebäudekomplex wurde 1981 durch einen Neubau mit Gewerbe- und Wohnräumen ersetzt. Der Betrieb wurde an der Kölner Straße neu errichtet, der Baumschulbereich aber später aufgegeben, heute wird dort ein Gartencenter betrieben.

1962 erhielt die zwischen Oestricher Straße und Buscherhof von der Anton-Heinen-Straße aus in Richtung Oestrich verlaufende Straße die Bezeichnung „Karl-Platz-Straße“.

Baumschule Wilhelm Schley

Gegenüber von Müller-Platz, an der Ecke Brückstraße/Theodor-Körner-Straße, lag die Gärtnerei und Baumschule von Schley. Heinrich Hubert Schley (1829 bis 1872) kam aus Laurenzberg bei Aldenhoven und gründete 1862 zunächst am Franziskanerplatz eine Gärtnerei. Vorher war er u. a. als „Herrschaftsgärtner“ auf Burg Tetz tätig und machte hier erste Erfahrungen als Landschaftsgärtner und Baumschulist.

Im Jahre 1872 starb Heinrich Schley, die beiden Söhne Willhelm und Peter führten zusammen mit der Mutter den Betrieb weiter, 1895 übernahmen sie den elterlichen Betrieb und verlagerten ihn an die Brückstraße. Außerdem erwarben sie das notwendige Land an der Ziegelgasse und bei Oestrich in Richtung Buscherhof (heute Anton-Heinen-Straße). Im Jahre 1901 kauften sie die ehemalige Gerberei Fell an der Brückstraße und wandelten diese in ein Geschäfts- und Wohnhaus um. Der jüngere Bruder Peter schied dann aus dem Berieb in Erkelenz aus und machte sich in Essen-Bergerhausen selbstständig.

© Archiv Heimatverein | Haus Müller-Platz und Schley
Links die Gärtnerei Müller-Platz, rechts die Gärtnerei Wilhelm Schley, etwa Mitte der 1930iger Jahre

Wilhelm Schley war u.a. um 1900 mit einer Züchtung des Pfirsichs „Rheingold“ sehr erfolgreich. Dessen Blüte war besonders wetterfest, die Bäume wurden in weite Teile Deutschlands geliefert bis nach Pommern und Schlesien.

© Stadtarchiv Erkelenz | Wilhelm Schley

Wilhelm Schley wurde 1909 in die Stadtverordnetenversammlung von Erkelenz gewählt, der er bis 1933 angehörte. Lange Jahre war er auch 1. Beigeordneter (Stellvertreter des Bürgermeisters), und in seiner Wirkungszeit lag die schwere Zeit des 1. Weltkrieges und der Zeit danach (die alliierte Besatzung, die Wirtschaftskrise mit Arbeitslosigkeit, Lebensmittelmangel u. a.).

Wilhelm Schley starb am 27.09.1940, als die ersten Bomben auf Erkelenz fielen.3

© Archiv Heimatverein | Anzeige Wilhelm Schley, 1955

Der Baumschulbetrieb wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingestellt, die Gärtnerei aber noch bis etwa zum Jahre 2000 betrieben. Das Haus wurde in den Jahren 2022/2023 durch einen Neubau ersetzt.

Anzeige im Heimatkalender 1955

Weitere Baumschulen

Wesentlich für die Entwicklung zum Baumschulzentrum war auch, dass Platz und Schley zahlreiche Schüler ausbildeten, die später, zum Teil nach Aufenthalten in auswärtigen Betrieben, in Erkelenz ebenfalls Baumschulen und Gärtnereien gründeten. So gründete Hermann Morjan 1893 eine Baumschule in Grambusch, Peter Goertz 1900 in Lövenich, Conrad Porten 1921 in Erkelenz, Paul Gerards 1925 in Oestrich, ab 1929 dann in Mennekrath und Josef Hallen 1932 in Golkrath.4

Hermann Morjan

Der Betrieb wurde 1893 in Grambusch gegründet und wird heute von Friedhelm Morjan in der 4. Generation als Familienbetrieb geführt. Der Betrieb ist jetzt eine Baum- und Rosenschule auf dem fruchtbaren Lösslehmboden 3 km nördlich von Erkelenz. Der Standort ist ideal geeignet zur Anzucht von Baumschulpflanzen, insbesondere von Rosen, Obstgehölzen sowie Blütensträuchern, Heckenpflanzen und Nadelgehölzen.

© Archiv Heimatverein | Anzeige Hermann Morjan
Anzeige im Heimatkalender 1958

Peter Goertz

© Archiv Heimatverein | Anzeige Baumschule Goertz, 1921

Im Jahre 1900 gründete Peter Goertz eine Gärtnerei mit Nutz- und Gemüsepflanzen, später auch Tabakpflanzen, in Lövenich. Damit legte er den Grundstein zur Baumschule.

Nach dem 2. Weltkrieg übernahm sein Sohn Heinrich 1947 den Betrieb. Er erweiterte die Gärtnerei auf 5 Hektar Anbaufläche. In der Baumschule konzentrierte er sich auf Ziergehölze und Obstbäume. Nach Heinrich Goertz plötzlichen Tod im Jahre 1966 übernahmen dessen Söhne Bernd und Friedel (später ausgeschieden) in jungen Jahren den Baumschulbetrieb. Neben dem reinen Gartenbau entwickelte sich 1980 als weiteres Standbein der Garten- und Landschaftsbau.

Ab dem Jahre 2010 liegt der Kern des Geschäftes im Garten- und Landschaftsbau. Der Baumschulbetrieb nahm aufgrund wirtschaftlicher Veränderungen immer weiter ab, und so konzentrierte man sich voll und ganz auf den Landschaftsbau. Die Produktion und der reine Pflanzenverkauf wurden eingestellt.

Das Familienunternehmen wird heute in der 4. Generation geführt.

Conrad Porten

Im Jahre 1921 gründete Conrad Porten (gest. 15.9.1940.) in Tenholt eine Baumschule. 5. Conrad Porten stammte aus einer Tenholter Bauernfamilie. Später befand sich der Betrieb an der Straße nach Kückhoven, etwas außerhalb der Stadt gelegen. Zum Anwesen gehörte bis zum 2. Weltkrieg auch eine Gaststätte, der „Lindenhof“. Vor einigen Jahren wurde der Baumschul- und Gärtnereibetrieb eingestellt, jetzt ist es eine Gartengestaltung & Holzmanufaktur.

Paul Gerards

Paul Gerards, geb. 12.04.1896, gest. 15.09.1983, erlernte sein Handwerk zunächst in der Gärtnerei Schley, dann ab 1912 bei Peter Lambert in Trier, der damals als der erfolgreichste Rosenzüchter Deutschlands galt. Er kam dann nach Erkelenz zurück und gründete 1920 in Oestrich eine Baumschule, zunächst auf den Feldern des elterlichen Hofes, im Jahre 1929 verlegte er dann den Betrieb nach Mennekrath. Paul Gerards spezialisierte sich zunächst auf die Rosenzucht und Obstbäume, später kamen dann unterschiedliche Bäume und Pflanzen dazu.

© Stadtarchiv Erkelenz, S2 A 9 2 A9 | Katalog-Gerards-1959-1960

Der Katalog aus den Jahren 1959/1960 zeigt das umfangreiche Sortiment.

Bis vor Jahren lagen noch große Baumschulflächen um den Ort Mennekrath, diese sind heute teilweise gerodet. Die Stadt Erkelenz hat auf der Fläche der ehemalige Baumschule Gerards so um das Jahr 2000 einen Baumschulpark mit Kinderspielplatz angelegt.

Zur Erinnerung an Paul Gerards wurde eine Stichstraße von der Karl-Platz-Straße nach ihm benannt.

Josef Hallen

Gegründet wurde die Baumschule und Gärtnerei durch Josef Hallen sen. im Jahre 1932 in Golkrath. Zunächst stand die Produktion von Gemüsepflanzen, Sommerblumen und Obstbäumen im Vordergrund, nach dem 2. Weltkrieg vermehrt die Produktion von Zierhölzern. 1962 erfolgte die Anerkennung als Markenbaumschule. Heute wird der Betrieb in der 4. Generation als Familienbetrieb geführt.

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  1. Friedel Krings, a.a.O., Seite 105 und 109
  2. Friedel Krings, Erkelenzer Volkszeitung: Alt-Erkelenzer Bürger – und was sie leisteten und Friedel Krings, a.a.O., Seite 107
  3. Friedel Krings, Erkelenzer Volkszeitung: Alt-Erkelenzer Bürger – und was sie leisteten und Friedel Krings, a.a.O., Seite 107
  4. Friedel Krings, a.a.O., Seite 107
  5. Mitteilung von Hubert Rütten, HV
  6. Text von Günther Merkens, 2024 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V.
  1. Landkreis Erkelenz und Heimatverein der Erkelenzer Lande, Heimatkalender der Erkelenzer Lande. Erkelenz, 1977, Friedel Krings "Das Baumschulzenrum Erkelenz", Seite 105 ff.
  2. Landkreis Erkelenz und Heimatverein der Erkelenzer Lande, Heimatkalender der Erkelenzer Lande. Erkelenz, 1960, "Baumschulwirtschaft, Blumen- und Zierpfanzenbau im Kreis Erkelenz", Seite 127ff

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