Ab Mitte 1942 intensivierten die Alliierten die Luftangriffe auf Deutschland. Die Luftangriffe der Westalliierten hatten zum Ziel, Infrastruktur und kriegswichtige Industrie im Deutschen Reich zu zerstören oder zu schwächen, sowie durch Zerstörung von Stadtkernen und Wohnvierteln die Bevölkerung zu demoralisieren. So wurde z. B. ab 1942 Düsseldorf mehrfach bombardiert und zerstört. In Erkelenz war es zu dieser Zeit noch relativ „ruhig“, die Bomber flogen meistens über die Stadt hinweg zu ihren Zielen irgendwo in Deutschland. Irgendwann war es aber mit der Ruhe vorbei.
Erste schwere Bombenangriffe
Ab 1940 bis 1944 erfolgten nur wenige Bombenabwürfe auf Erkelenz, zum Teil waren es Brandbomben. So wurde am 20.06.1940 u.a. das Alte Rathaus getroffen, der Dachstuhl brannte ab. Es wurde ein Notdach errichtet. Es gab aber noch keine Flächenbombardement.
Der erste große Bombenteppich (etwa 25 Bomben sind gefallen) ging dann am 8. Oktober 1944 auf die Stadt nieder. Bei diesem Bombardement wurden insbesondere Gebäude auf der Hindenburgstraße (heute Kölner Straße), der Theodor-Körner-Straße, Mühlenstraße und der Hermann-Josef-Straße getroffen und teilweise völlig zerstört, es gab ein Todesopfer. 1
Weitere Bombenangriffe erfolgten am 09. und am 11. November. Dieser Angriff war der bisher heftigste auf Erkelenz. Etwa 27 Bomber warfen rund 60 Bomben auf die Stadt. Der Bahnhof wurde in Trümmer gelegt, die „Bohr“ durch mehrere Bomben in Brand gesteckt. Mehrere Bomben fielen auch in der oberen Hindenburgstraße (heute Kölner Straße). Zwei Häuser erhielten Volltreffer, weitere Bomben fielen in der Horst-Wessel-Straße (heute Brückstraße), in der Hermann-Josef-Straße, auf der Aachener Straße und der Ostpromenade. Der dritte Luftangriff war dann am 18. November. Wieder fallen Bomben überwiegend in der oberen Hindenburgstraße. Es waren 20 Häuser bei diesem Angriff unbewohnbar und 50 beschädigt worden. Diesmal gab es zwei Tote und zehn Verletzte. Die Verletzten waren meist ausländische Arbeiter von der Bohr, die in ihrer Baracke zu Schaden kamen. Zeitzeugen berichten u. a. „Unser Erkelenz ist ziemlich stark angeschlagen. Die Villa Dr. Wirth ist nicht mehr. Die Fabrik brannte gestern im Büroteil lichterloh, der Bahnhof war mal. Wie die gegenüberliegenden Häuser aussehen, kannst Du dir vorstellen. Die Theodor-Körner-Straße hat schwer gelitten. Die Hermann-Josef-Straße (heute Hermann-Josef-Gormanns-Straße) hat nun zum dritten Mal so viel mitbekommen, dass kaum noch einer dort wohnen kann. Unsere arme Hindenburgstraße (heute Kölner Straße) ist sehr zerschunden, besonders der Teil zur Bahn hin.“2
Bei diesen Bombenangriffen im Oktober und November wurde deutlich, dass die Bahnanlagen getroffen werden sollten, weil darüber u.a. auch der Nachschub für die Deutsche Front in der Eifel erfolgte.
Auch Ende November und Anfang Dezember gab es mehrere Bombenabwürfe, die aber nur geringe Schäden anrichteten.
Der nächste heftigere Bombenangriff erfolgte dann am 06. Dezember 1944, also vor genau 80 Jahren. Schon am Morgen wurde ein Bombengriff so gegen 11.00 Uhr angesagt, Erkelenz sollte bombardiert werden. Kurz vor 12:00 Uhr, bei bedecktem Himmel, fiel dann die erste Welle längs der Bahn; zerstörte Häuser gab es in der Graf-Reinald-Straße und Alleestraße (heute Anton-Raky-Allee).
Es folgte eine zweite Welle, keine fünf Minuten später, diese hatte verheerende Wirkung. Auf der Hindenburgstraße bis hin zur Bahn waren zahllose Bombentrichter und zerstörte Häuser, u. a. die Kreissparkasse , die Post, die Kaplanei in der Ecke Hindenburgstrasse/Südpromenade und die Eckhäuser an der Hermann-Josef-Straße.
Widersprüchliche Angaben gibt es zur Paterskirche am Franziskanerplatz. Während Kaplan Schmalen berichtet, dass die Paterskirche völlig zerstört sei, schreibt Dechant Frings, dass sowohl die Pfarrkirche als auch die Paterskirche nur an den Fenstern größeren Schaden genommen hatten, die Pfarrkirche nur an der Marktseite. Die Chorfenster waren alle noch unversehrt. Tatsächlich wurde die Paterskirche dann bei den Angriffen am 16. Januar und 23.Februar 1945 völlig zerstört.3
Die Zivilbevölkerung von Erkelenz war größtenteils seit September evakuiert, so dass sich die Zahl der Todesopfer dieses Angriffes in Grenzen hielt, insgesamt waren achte Tot zu beklagen, fast ausschließlich auf der Hindenburgstraße.
Beim Bombenangriff am 6. Dezember 1944 starben mehrere Menschen. Zwischen den Bombardierungen waren tagsüber und oft auch nachts Jagdbomber tätig. Seit Dezember 1944 lag die Stadt auch in Reichweite alliierten Granatbeschusses, was immer wieder für Unruhe sorgte. Eine vorübergehende Beruhigung wird aus der zweiten Dezemberhälfte 1944 berichtet, als die schweren Kämpfe bei der deutschen Eifeloffensive den Gegner eine Zeitlang fesselten
Aber diese „Ruhe“ war trügerisch. Am 16. Januar 1945 erfolgte der nächste schwere Bombenangriff auf Erkelenz. Dabei wurden 30 Menschen getötet, davon alleine 16 in einem Bunker an der Anton-Raky-Allee. Auch hier wieder ein Zeitzeuge: „ Ein neuer Bombenteppich, schlimmer als am 6. Dezember 1944, hat gestern um ein Uhr große Teile von Erkelenz schlimmer als umgepflügt. Von der Alleestraße (heute Anton-Raky-Allee) steht fast nichts mehr. Da liegt ein Trichter neben dem anderen. Der Finken-Bunker (Anton-Raky-Allee) wurde eingedrückt. Was drin war blieb tot. Schneider Heinrichs und Frau, Bauer Lauten und Frau, insgesamt dort 16 Tote. Insgesamt zählte man 30 Tote bei diesem Angriff.
Die Oberschule steht nicht mehr, die evangelische Kirche auch nicht, Paterskirche nur noch die Grundmauern, kurz überall ein Bild übelster Verwüstung und Zerstörung“4
Mitte Februar 1945 begannen die Alliierten mit der Operation Grenade, dies war der Name einer Operation der 9. US-Armee vom 22. Februar bis 11. März 1945, in deren Verlauf die amerikanischen Truppen am 23. Februar die Rur überquerten und später zwischen Neuss und Rheinberg bis zum Rhein vorstießen. Durch Sprengung der Verschlüsse des Kermeterstollens am Kraftwerk Heimbach und auch der Verschlüsse der Grundablassstollen der Staumauer Schwammenauel (Rursee) war zuvor künstlich Hochwasser erzeugt worden, dadurch war der Rurübergang für die Amerikaner erschwert und verzögert worden. So hatten die Amerikaner schon am 25. Januar 1945 Brachelen eingenommen, überquerten die Rur aber erst einen Monat später.
Schwerster Bombenangriff
Im Zuge des weiteren Vormarsches der Amerikaner erfolgte am 23. Februar 1945 der letzte und auch schwerste Bombenangriff auf Erkelenz. Dazu schrieb Edmund Knorr, der Kampfkommandant in Erkelenz war, folgendes5: „Am 23. Februar 1945 traten die Angloamerikaner auch im Westwallabschnitt unseres Heimatgebietes zur großen und letzten Frühjahrsoffensive an und überschritten bei Nacht zwischen Linnich und Düren an mehreren Stellen die Rur. Schon seit Tagen, besonders während der Nacht, hatte sich das feindliche Artilleriefeuer zum schweren Störungsfeuer verstärkt, man verzeichnete heftige Feuerüberfälle und auch ein unverkennbares Einschießen neu aufgefahrener Batterien auf Stadt und Umgehungsstraßen nebst Straßenkreuzungen. Auch die Jagdbomber hielten in vermehrter Zahl auch über Nacht das ganze rückwärtige Gebiet unter scharfer Beobachtung und dauerndem Beschuss, vor allem die Baal-Erkelenz-Rath-Anhovener Landstraße.“
An diesem 23. Februar, dem Tag des Offensivbeginns der Alliierten, erfolgte um 14.20 Uhr, wiederum völlig überraschend, der vierte und schwerste Luftangriff auf Erkelenz, das daraufhin in wesentlichen Teilen in Schutt und Asche lag. Dazu schrieb Edmund Knorr: „Die erste Welle – aus Richtung Matzerath-Schwanenberg heranjagend – legte ihre Bombenteppiche anscheinend ausschließlich auf die westliche Hälfte des Stadtgebietes, dessen größere und auffällige Gebäude wie Stadthalle“, da wo sich heute der Eingang zum Willy-Stein-Stadion befindet, „Schwimmbad, Krankenhaus, Gericht, Kindergarten, Alumnat, Kreisberufsschule, neue Volksschule, alte Berufsschule, Pastorat den Bomben zum Opfer fielen“.
Schon um 14.40 Uhr erfolgte die zweite Angriffswelle. Dazu Edmund Knorr: „Den beiden Angriffen fielen außer den vorgenannten Bauten die bisher verschont gebliebenen Teile der Paterskirche nebst Dachreiter, der Nordflügel des Kindergartens, das Krankenhaus, das alte Schillingsche Haus, die alte Städtische Berufsschule und eine ganze Reihe anderer Gebäude im Stadtinneren und die mächtige, immer noch unversehrte Pfarrkirche zum Opfer. Die Kirchenschiffe erhielten mehrere Bombentreffer. Eine Bombe traf die Westseite des Turmes unter der Hauptgalerie. Der mitten im Trümmerfeld stehengebliebene Turm war an den folgenden Tagen immer wieder das Ziel einer feindlichen Batterie, deren Treffer das Maß- und Mauerwerk in kleine Brocken zersplitterten, während der Turm an sich alle Einschläge sichtbar abschüttelte.“
Das Ausmaß der Zerstörungen in Erkelenz zeigen die folgenden Filmaufnahmen, die ein amerikanischer Soldat aus einem Flugzeug heraus machte und die uns Herr Dr. Heinz Pielsticker freundlicherweise zur Verfügung stellte.
Die folgenden Fotos zeigen weitere Zerstörungen in Erkelenz:
Mit dem letzten Bombenangriff am 23. Februar 1945 war die Innenstadt von Erkelenz fast vollständig zerstört. Drei Tage später eroberten die Alliierten Erkelenz und der Krieg war hier zu Ende.6
- Dechant Otto Frings
- Theo Paschmann, stv. Kampfkommandant in Erkelenz, a.a.O.
- Pfarrer Aegidius Schmalen ·1914-2003, Kaplan in Erkelenz, a.a.O. und Dechant Otto Frings, a.a.O.
- Pfarrer Aegidius Schmalen ·1914-2003,Kaplan in Erkelenz, a.a.O.
- a.a.O.
- Text von Günther Merkens 2024 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V.
- Als Erkelenz in Trümmer sank. Erkelenz, 1975 ,
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