Sie sind hier: Startseite» Erkelenz» Zeitgeschehen » Die NS-Zeit in Erkelenz

Die NS-Zeit in Erkelenz

Stichworte: Drittes Reich
30.01.1933 bis 1945

Vor 90 Jahren, also im Jahre 1933 wurde den Nationalsozialisten vom Reichspräsidenten Hindenburg die Macht im Reich überlassen. Bereits im März und April 1933 wurden die Länder und Kommunen „gleichgeschaltet“ nach dem letzten Wahlergebnis vom März 33. In diesem Bericht wird geschildert, wie es in Erkelenz gewesen ist.

Die Ausgangslage

Als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zum Reichskanzler der Weimarer Republik ernannt wurde, hatte die junge Republik schon eine fast vierjährige Krisenphase in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft hinter sich. Ein maßgeblicher Motor eben dieser Phase war das Jahr 1929. Vor allem die rasant ansteigende Arbeitslosigkeit war eine Herausforderung für demokratische Systeme weltweit. Die Krise destabilisierte auch die Weimarer Republik, die bereits zuvor von hohen Reparationsverpflichtungen des Versailler Vertrags und einem fehlendem Rückhalt in weiten Teilen der Gesellschaft belastet war.

1930 zerbrach die Große Koalition aus SPD, Deutscher Demokratischer Partei (DDP), Bayerischer Volkspartei (BVP), Deutscher Volkspartei (DVP) und Deutscher Zentrumspartei (Zentrum) am Streit über die Frage, ob die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erhöht oder die Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit gekürzt werden sollten.

Nach dem Rücktritt der Reichsregierung ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg nur wenige Tage später den Zentrumspolitiker Heinrich Brüning zum Reichskanzler und beauftragte ihn mit der Bildung eines neuen Kabinetts. Brünings Regierung, die ohne Verhandlungen der Parteien gebildet wurde, war die erste der sogenannten vier Präsidialkabinette der Weimarer Republik. Damit wurden die Regierungen zwischen 1930 und 1933 bezeichnet, die mit Rückhalt des Reichspräsidenten, aber ohne und teils auch gegen die parlamentarische Mehrheit mittels Notverordnungen regierten. Das machte die Präsidialkabinette instabil – die Zeit bis 1933 war daher von einem Hin und Her zwischen Notverordnungen, deren Aufhebung durch das Parlament, mehrfachen Auflösungen des Reichstags und anschließenden Neuwahlen geprägt. 1

© Bundesarchiv | Robert Sennecke | 30.01.1933 Machtübernahme in Berlin

Am Abend des 30. Januar marschierten SA-Verbände durch das Brandenburger Tor in Berlin, um die Ernennung Adolf Hitlers zu feiern. Das Foto wurde später nachgestellt.2

Die Lage in Erkelenz

Der Beginn

Wie der 30. Januar 1933 in Erkelenz verlief, ist nicht bekannt. Wenn überhaupt etwas war, war es aber sicherlich hier wesentlich ruhiger als in Berlin. Waren doch die „Machtverhältnisse“ in Erkelenz zu diesem Zeitpunkt noch in der alten Ordnung; dies änderte sich bekanntermaßen schon bald.

Bekannt ist aber, dass in Geilenkirchen am 30. Januar 1933 ein Fackelzug stattfand.

© Archiv Heimatverein | Fackelzug-20.04.1933

Bekannt ist auch, dass bereits am 20. April 1933 zum Geburtstag Adolf Hitlers in Erkelenz von der SA ein Fackelzug veranstaltet wurde.

© Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V. | Erkelenz Hindenburgstraße

Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zeigte sich natürlich im Laufe der nächsten Jahre auch im Stadtbild von Erkelenz. Fahnen zu bestimmten Anlässen gehörten dazu, wie hier in der unteren Hindenburg-Straße (heute: Kölner Straße) in Richtung Markt.

Übernahme des Amtes des Landrates und des Bürgermeisters

© Archiv Heimatverein | Wilhelm Schmitter | Landratsamt

Im Jahre 1816 wurde innerhalb des Landes Preußen der Kreis Erkelenz geschaffen. Ein eigenes Gebäude für den Landrat und die Verwaltung gab es aber erst ab 1893, als das Landratsamt an der Bahnstraße, der heutigen Kölner Straße gebaut wurde.

Wie in der Stadt waren auch die Landräte konservativ, das änderte sich ab 1933 natürlich auch. Letzter konservativer Landrat war von 1929–1933 Theodor August Flesch. Dem folgte ab 14.4.1933 bis 1944 Eduard Wessel, natürlich ein Nationalsozialist.

© Archiv Heimatverein | Wilhelm Schmitter | Rathaus

Das Alte Rathaus, seit dem 15. Jahrhundert Zentrum der bürgerlichen Macht in Erkelenz , war zum Ende des 19. Jahrhundert platzmäßig nicht mehr ausreichend. Deshalb zogen der Bürgermeister und die Verwaltung 1907 in zwei schon bestehende Häuser am Johannismarkt.

Bis 1933 waren die Bürgermeister der Stadt konservativ, zuletzt waren von 1916–1932 Johannes Spitzlei und von 1932–1933 Ernst de Werth Bürgermeister in Erkelenz. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde de Werth am 08. Mai 1933 abgesetzt und Gustav Meyer von den Nationalsozialisten zum Bürgermeister ernannt und blieb es bis 1944, als im Herbst die Stadt geräumt wurde.

Parallel zur reichsweiten “Gleichschaltung” löste sich auch das Zentrum im Erkelenzer Land im Juli 1933 auf Druck der NSDAP selbst auf; die NSDAP war zur einzigen und somit “Staatspartei” geworden.

Schon im August 1933 meldete die Erkelenzer Stadtverwaltung: “Alle Beamten und Angestellten sind als Mitglieder der Partei [also der NSDAP] beigetreten, daneben mehrere Leute der SA und SS.”

Die “Gleichschaltung” im Erkelenzer Land war vollzogen.

Zeitungswesen

© Archiv Heimatverein

Seit 1925 wurde von der NSDAP im Erkelenzer Land die Parteizeitung “Erkelenzer Beobachter” als Lokalausgabe des “Westdeutschen Beobachters” herausgegeben. 1931 hatte der “Erkelenzer Beobachter” jedoch erst zwei Dutzend Abonnenten, während das Kreisblatt mit einer Auflage von fast 3000 Exemplaren das beherrschende Medium war. Dies änderte sich nach der “Machtergreifung” 1933 langsam, aber beständig. Die Auflage des “Beobachters” stieg von 400 Exemplaren 1933 auf 4800 im Jahr 1935.

© Archiv Heimatverein

Während sich der “Erkelenzer Beobachter” und die Parteimedien der NSDAP schnell etablierten, wurde das christlich-konservative “Erkelenzer Kreisblatt” von den Nazis ab 1933 behindert.

Aufgelöst oder von den Nazis übernommen wurde das “Erkelenzer Kreisblatt” jedoch nicht, wahrscheinlich, weil Verleger Dr. Joseph Hahn betonte, am Aufbau des “Dritten Reiches” mitarbeiten zu wollen.

Als Folge dieser Unterdrückung sank die Auflage des Kreisblattes ständig; bis 1938 ging sie um 60% auf 2000 Exemplare zurück; 1942 lag die Auflage noch bei 1700, 1944 bei 1000 Exemplaren. Mit der Inhaftierung von Hahn (kurz nach dem 20. Juli 1944) wurde die Zeitung eingestellt.

Erkelenzer Gymnasium

© Archiv Heimatverein | Hermann Schwinges | HPJ-ERK-40-50er-129

Das Erkelenzer Gymnasium befand sich zur Zeit des “Dritten Reiches” gegenüber dem heutigen Finanzamt an der Südpromenade. Es wurde im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört.
Das Erkelenzer Gymnasium wurde von den Nazis konsequent für nationalsozialistische “Jugendarbeit” instrumentalisiert.

Im November 1936 wurde das Erkelenzer Gymnasium geehrt, weil besonders viele Schüler Mitglied der HJ waren, wie auch an einigen andere Schulen im Stadtgebiet.

Parteikundgebungen

Aufmärsche

Aufmärsche gehörten natürlich zum Ritual der Nationalsozialisten und dazu viele Uniformen! Das war überall so, auch in Erkelenz, hier an der Westpromenade.

Auch die Jugend war einbezogen….

..und die Frauen und Mädchen mussten auch mit marschieren, wie hier an der Ecke Wilhelm-/Aachener Straße.

Erntedankfest

Am 01. Oktober 1933 fanden in Erkelenz als Anlass des Erntedankfestes zunächst ein Festgottesdienst in Sankt Lambertus und dann ein Festzug statt. An diesem waren neben den NS-Organisationen die Sportvereine, die Schulen sowie die vaterstädtischen Vereine beteiligt. Höhepunkt war die Darstellung der vier Jahreszeiten.

Nach Abschluss des Festzuges wurden am Markt zunächst von einigen lokalen „Parteigrößen“ Reden gehalten, dann per Rundfunk die Kundgebung zum Erntedankfest auf dem Bückeberg (bei Hameln) mit einer Rede Adolf Hilters übertragen. Die Anwesenheit auf dem Markt wurde „angeordnet“.

Die Bevölkerung wurde gebeten, die Häuser mit Hakenkreuzflaggen und Tannengrün zu schmücken. 3

Geplantes Verwaltungszentrum

Nach 1933 hatte Hitler u. a. in einigen großen deutschen Städte große Pläne im Bereich des Städtebaues.

Trotz des Krieges plante auch Erkelenz ein neues politisches Zentrum. Einen Teilbebauungsplan lieferte 1941 der Aachener Prof. Veil. Danach sollte in dem Bereich der heutigen Wilhelmstraße, der Gowinstraße, der Graf-Reinald-Straße, der Gerhard-Welter-Straße und der Tenholter Straße (die Straßen trugen damals zum Teil andere Namen), ein neues politisches Zentrum entstehen.4

Vorgesehen war der Bau von Parteidienststellen, eines neuen Rathauses mit Dienstwohnungen, eines Gemeinschaftshauses mit Glockenturm, einer Landwirtschaftlichen Schule und einer Berufsschule. Verwirklicht wurden diese Pläne aber nicht.

Im Plan von Veil war vorgesehen, aber noch nicht geplant, auch eine Baustelle für ein neues Krankenhaus an der Ecke Graf-Reinald-/Tenholter Straße. Fünfhundert Meter stadteinwärts wurde nach dem 2.Weltkrieg als Ersatz für das zerstörte Krankenhaus an der Westpromenade das neue Krankenhaus an der Tenholter Straße gebaut.

Vorgesehen war auch ein Betrieb für die Erkelenzer Kraftverkehrsgesellschaft. Auch dieser Betrieb wurde erst nach dem 2. Weltkrieg gebaut.5

Bau des Arbeitsamtes

Von dem gesamten Projekt wurde nur das Arbeitsamt 1937 gebaut. Die ersten Planungen waren von Regierungsbaurat Dr. Käferblitz, der ausführende Architekt war Meurer. In der Presse wird das Gebäude als solide und zweckmäig bezeichnet.

Geplante Krieger-Ehrungsanlage

Geplant war auch eine Krieger-Ehrungsanlage auf dem Friedhof am heutigen Zehnthofweg. Diese wurde ebenfalls von Prof. Veil aus Aachen im Mai 1940 geplant. Sie war gedacht für die Gefallenen des Englandkrieges. Es sind nur die Pläne, aber keine Einzelheiten bekannt.6

Das Ende

© Archiv Heimatverein | Zerstörtes Erkelenz im Februar 1945

Am 23. Februar 1945 war der letzte große Bombenangriff in Erkelenz, die gesamte Innenstadt wurde zerstört.

© Archiv Heimatverein | Die Alliierten erobern Erkelenz

Am 26. Februar 1945 eroberten die Alliierten Erkelenz und besetzten die Stadt. Rechts im Bild der Erkelenzer Hof, das ehemalige Parteilokal der Nationalsozialisten.

Damit war das „Tausendjährige Reich“, wie es die Nationalsozialisten vorher gerne benannten, in Erkelenz zu Ende.

Für die Soldaten bedeutete dies Gefangenschaft, für die wenigen verbliebenen Bewohner – hauptsächlich in den Dörfern um Erkelenz- Internierung und eine ungewisse Zeit.7

  1. Quelle: https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/263635/hindenburg-ernennt-hitler-zum-reichskanzler/ Stand: 05.2023)
  2. Quelle: https://www.welt.de/geschichte/article160307814/Vor-80-Jahren-wurde-Adolf-Hitler-Reichskanzler.html (Stand: 05.2023)
  3. Siehe Bläsen, a. a. O., Seite 109ff
  4. Freundliche Überlassung vom Stadtarchiv Erkelenz
  5. Siehe Kahlau, a .a. O., Seite 199
  6. Freundliche Überlassung vom Stadtarchiv Erkelenz
  7. Text von Günther Merkens, 2023 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande
  1. Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.. Band 6: Paul Bläsen "Das Erntedankfest 1933 in Erkelenz" und Band 10: Josef Kahlau "Städtebau im Dritten Reich und die Stadtentwicklung in der Nachkriegszeit"

Wenn Sie uns Feedback zu diesem Artikel senden möchten, nutzen Sie bitte dieses Kontaktformular:

    * Pflichtfeld

    VIRTUELLES MUSEUM © 2024
    Datenschutz Impressum Kontakt