Operation Grenade
Nachdem die Ardennenoffensive der Deutschen Wehrmacht Ende 1944 gescheitert war, planten die Alliierten für das Frühjahr 1945 die Eroberung Deutschlands zunächst bis zum Rhein.
Die Truppen der britischen 2. Armee hatten im Januar 1945 das sogenannte Rur-Dreieck erobert. Den nördlichen Abschnitt der Rurfront bis Roermond hatte anschließend die 9. US-Armee unter General Simpson übernommen, die seit der Ardennenoffensive der 21st Army Group des britischen Feldmarschalls Bernard Montgomery unterstand. Ursprünglich sollte die Operation Grenade zeitnah beginnen (8. Februar), was aber wegen der Öffnung zweier Talsperren in der Eifel (Rurtalsperre und Urfttalsperre) durch die Wehrmacht undurchführbar wurde: Diese sprengte am 10. Februar 1945 die Verschlüsse des Kermeterstollens am Kraftwerk Heimbach, woraufhin die Urfttalsperre bis zum Niveau des Kermeterstollens leer lief und auch die Verschlüsse der Grundablassstollen der Staumauer Schwammenauel (Rursee). Beides zusammen erzeugte flussabwärts ein Hochwasser, das die Flussauen verschlammte und die Rur an Stellen mit hohem Ufer zu einem reißenden Fluss (die Rur war teilweise bis zu 200 Meter breit) machte.1 Das künstlich erzeugte Hochwasser erschwerte und verzögerte den Rurübergang für die Amerikaner. Zwar hatten die Amerikaner schon am 25. Januar 1945 Brachelen eingenommen, überquerten die Rur aber erst einen Monat später.
Mitte Februar 1945 begannen dann die Alliierten mit der Operation Grenade. Dies war der Name einer Operation der 9. US-Armee vom 22. Februar bis 11. März 1945, in deren Verlauf den amerikanischen Truppen in der Nacht vom 22. auf den 23. Februar gelang, die Rur bei Linnich, Jülich und Düren zu überqueren. Ziel der Operation war der Rhein.
Einnahme von Erkelenz
Die Einnahme von Erkelenz erfolgte aus zwei Richtungen, einmal südlich von Hottorf und Lövenich aus und einmal westlich aus Richtung Baal – Granterath –Matzerath.
Der 26. Februar 1945 war der für Erkelenz entscheidende Tag. In den Tagen zuvor waren Baal, die Lövenicher-, Haberger- und Baaler Höhe sowie Tenholt und Matzerath von den Alliierten eingenommen worden. Es folgten Panzer, die Bellinghoven, Wockerath und Oerath erreichten. Edmund Knorr, der zu der Zeit der Kampfkommandant in Erkelenz war, berichtet dazu2:„ Dem Überschreiten der Rur bei Jülich am 23. Februar folgte unverzüglich der Vormarsch des Gegners. Nach Aussagen zurückkommender verwundeter Grenadiere hatte der Gegner am 24. Februar die Rurhöhen bei Gevenich, Glimbach, Körrenzig und Rurich sowie das Dorf Baal bis zum Bahndamm erreicht.
Ein deutscher Gegenangriff am Samstag, dem 24. Februar auf den Bahndamm und den besetzten Teil des Dorfes Baal änderte die dortige Lage nicht mehr, der Gegner erreichte am Sonntag auch die Lövenicher-, Haberger-und Baalerhöhe bis zur ›Schönen Aussicht‹ und drangen bereits im Bahnabschnitt Baal – Erkelenz bis Tenholt vor.„
Dann überschlugen sich die Ereignisse. Knorr berichtet weiter, „am Montag, 26. Februar, 14.50 Uhr haben feindliche Panzer Tenholt besetzt; 15.10 Uhr feindliche Panzer haben Matzerath erreicht; 15.05 Uhr feindliche Panzer haben Bellinghoven genommen; 15.20 Uhr feindliche Panzer überschreiten die Landstraße am Lindenhof in Richtung Wockerath; 15.30 Uhr feindliche Panzer sind in Oerath eingedrungen.“ Es wurde aus dieser Hiobsmeldung nur zu klar, dass die Rurstellung im Abschnitt Erkelenz sozusagen kampflos überrannt und die Stadt von Panzern umzingelt war. So war die Lage für den Stützpunkt Erkelenz an jenem historischen Montag, den 26. Februar 1945, gegen 15.45 Uhr hoffnungslos. So übernahm ich als dienstältester Offizier die Übergabe der Stadt in dem Augenblick, als ein feindlicher Infanteriezug von der Wassenberger Straße3 her am Krankenhaus auftauchte. Auf mein Zeichen zur Kapitulation verstummte das MPI-Feuer; die Verhandlungen mit dem herbeispringenden amerikanischen Unterführer waren kurz: Übergabe des Kampfbunkers, Einstellen des Widerstandes, Abgabe der Waffen. Es war 15.50 Uhr zwischen den Ruinen des Krankenhauses und der Volksschule.„
Damit war in Erkelenz der Zweite Weltkrieg beendet.“
Interessant ist auch, wie die Alliierten die Einnahme von Erkelenz schildern. Zur Einnahme von Erkelenz heißt es in einem amerikanischen Bericht: „Um 15.40 Uhr nach einer Artillerievorbereitung von 10 Minuten stürmten die zwei Regimenter – 406 und 407 – die Stadt. Eine aufwendige Operation war erwartet worden, aber die verwirrte Wehrmacht war hilflos vor der Wucht des Angriffes„. Hier sei ergänzt, dass in der Stadt bis auf einige Volkssturmmänner Militär nicht vorhanden war.
Ein anderer amerikanischer Soldat berichtet über seine Eindrücke in Erkelenz: „Am 27. Februar 1945 zogen wir über die Rur. Die Zerstörung auf der anderen Seite war fürchterlich und wir fuhren nach Erkelenz, wo wir von Haus zu Haus gehen mussten um nach versteckten Deutschen zu suchen. Als
wir als Vorhut ankamen, waren wir direkt hinter der Infanterie und den Panzern. Nach dem Durchsuchen der Häuser standen wir auf der Hauptstraße und beobachteten die deutschen Gefangenen, die durch diese Hauptstraße in sporadischer einzelner Reihe zogen.“4
Bei den einrückenden amerikanischen Truppen waren in der Regel auch deutsch sprechende Soldaten, die sog. Ritchie-Boys als Dolmetscher. Das waren vielfach ehemalige deutsche Juden, die in die USA ausgewandert waren. Nachweislich war in Erkelenz u. a. Arthur Harf dabei, der 1910 in Erkelenz geboren wurde und 1937 in die USA ausgewandert war. 5
In zwei Stunden war Erkelenz erobert und der Krieg hier zu Ende. In den Ländern der Alliierten wurde in mehreren Zeitungen die Einnahme von Erkelenz erwähnt. Mehr als 75 Jahre danach sollten wir uns daran erinnern und dankbar sein, dass in Deutschland seitdem Friede herrscht, eine Zeitperiode wie wohl kaum vorher. Vergessen sollten wir aber nicht, dass in anderen Teilen der Welt nach wie vor durch Kriege viele Menschen getötet, Not und verheerendes Elend hervorgerufen werden.6
Wer noch ausführlichere Informationen und imposante Bilder zur Operation Grenade sehen möchte findet die hier.
- https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Grenade; Stand 02/2024
- a.a.O.
- heute Zehnthofweg
- Hubert Rütten hat dies in der Schriftenreihe des Heimatvereins ausführlich dargelegt. Siehe Band 30 „Erkelenz war eine verrückte, chaotische Stadt. Das Kriegsende im Februar 1945. Amerikanische und englische Berichte“
- Einzelheiten siehe Band 31 der Schriftenreihe des Heimatvereins „Arthur Harf als U.S. Soldat und Ritchie-Boy im 2. Weltkrieg“, Seite 200 ff
- Text von Günther Merkens 2024 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V.
- Als Erkelenz in Trümmer sank. Erkelenz, 1975 ,
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