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Kirchliche Zuordnung von Erkelenz

sonstiger Name: Bistümer
Stichworte: Zeitgeschehen
789

Vorbemerkung

Die ab 966 belegte Zugehörigkeit von Erkelenz zur Grundherrschaft des Aachener Marienstiftes zeigt die enge Verknüpfung territorialer und kirchlicher Machtsphären. Die Kirche als Grundherr ist im Mittelalter durchaus üblich. Mit der territorialen Zugehörigkeit ist jedoch keine Aussage über die kirchliche Zuordnung von Erkelenz getroffen. Die Bistumszuordnung von Erkelenz beginnt im 8. Jahrhundert und hat bis ins 20. Jahrhundert mehrfach gewechselt. Zumeist war die geänderte Bistumszugehörigkeit das Ergebnis staatspolitischer Entscheidungen; die kirchlichen Anordnungen folgten politischen Setzungen.

Erkelenz im Bistum Lüttich (789 – 1559)

Die nachweisbar erste christliche Kirche in Erkelenz war eine Holzkirche, die den heiligen Lambertus als Patron hatte. Gerade dieses Lambertuspatrozinium legt nahe, dass die Errichtung einer Kirche nicht erst durch das Aachener Marienstift erfolgte; in diesem Fall hätte man wohl ein Marienpatrozinium erwarten müssen. Lambertus als Pfarrpatron wurde dann „im 14. Jh. unter dem Einfluss des Marienstifts durch Maria abgelöst“ und er nahm erst wieder „1804 seine Stelle als Pfarrpatron“1 ein. 

Das Lambertuspatrozinium verweist ganz eindeutig auf eine enge Bindung in den Maasraum. Lambertus war Bischof von Maastricht – Tongeren. Nach seiner Ermordung und Beisetzung wahrscheinlich im Grab seines Vaters in Maastricht wurden seine Gebeine durch den Bischof Hubertus von Maastricht nach Lüttich überführt; ab 720 war Lüttich der Bischofssitz dieses Bistums. Mit der Überführung des Leichnams nach Lüttich begann ein ausgesprochen intensiver Lambertuskult.

© Agnes Borgs | Lambertus

Die nebenstehende Darstellung aus dem Hochaltar in der Erkelenz Pfarrkirche zeigt Lambertus als Bischof (Bischofsstab) und als Märtyrer (Palmzweig). Diese Darstellung ist auch bei geschlossenen Altarflügeln zu erkennen.

© Hans Goeres | Sankt Lambertus Immerath

In unmittelbarer Nähe zu Erkelenz findet sich Lambertus als Pfarrpatron in Hückelhoven. Vor allem muss aber an den „Immerather Dom“ mit seinem Lambertuspatrozinium erinnert werden. Die mächtige Kirche mit dem markanten Doppelturm war bis zu ihrem Tagebau bedingten Abriss 2018 ein Wahrzeichen der hiesigen Landschaft. In Immerath trug auch eine Glocke den Namen des Pfarrpatrons. Insgesamt gibt es in NRW mehr als 50 Kirchen, in denen Lambertus als Patron verehrt wird.

Einerseits verweist also die Wahl des Pfarrpatrons in Erkelenz auf die enge kirchenorganisatorische Verortung in den Maasraum.

Die aus der Legende um das Leben des Pfarrpatrons naheliegende Annahme wird andererseits durch die politischen Anordnungen Karls des Großen  unterstrichen. In seinem bedeutenden programmatischen Kapitular „Admonitio generalis“ vom 23. März 789 richtet er sich an die Bischöfe und den Klerus, weltliche Amtsträger und an die Bevölkerung seines Reiches. Er initiiert neben einer Bildungsreform auch die Reform der Kirchenorganisation und verfügt die Wiedererrichtung der römisch-merowingischen Kirchenprovinzen. Der Raum Erkelenz gehört infolge dieser Anordnung zum Bistum Lüttich, das der Kirchenprovinz Köln zugeordnet war. Diese kirchliche Zuordnung ist also unbestreitbar das Ergebnis der reichspolitischen Anordnung durch den Frankenkönig Karl.  

© Irmgard Hantsche | Karte Kirchenorganisation Ndrh um 1450
Karte aus: Hantsche, Irmgard: Atlas zur Geschichte des Niederrheins, S. 652

Die Zugehörigkeit von Erkelenz zum Bistum Lüttich hatte von 789 bis 1559 Bestand.

Erkelenz im Bistum Roermond (1559 – 1801)

Die erste Änderung der Bistumszuordnung von Erkelenz findet im Jahr 1559 statt; es ist die Herrschaftszeit von Philipp II. (er hatte 1555 die Nachfolge  seines Vaters Karl V. angetreten) und die Zeit der Reformation. Während des Konzils von Trient (1545 – 1563), dessen Hauptanlass die Auseinandersetzung mit der sich ausbreitenden Reformation war, wurde am 26. Juni 1548 in Augsburg der „Burgundische Vertrag“ geschlossen, durch den sich die Reichsverfassung änderte. Dieser Vertrag regelte die staatsrechtliche Stellung der Habsburgischen Niederlande im Heiligen Römischen Reich. Das Bistum Roermond wurde neu errichtet und gehörte als Suffraganbistum zum ebenfalls neu errichten Erzbistum Mecheln. „Philipp II. versuchte mit verstärkter Kraft, den Protestantismus in den Niederlanden auszurotten. Dafür wandte er nicht nur politische und militärische Machtmittel an, […] sondern versuchte auch durch eine Änderung der Kirchenorganisation, den Katholizismus in den niederländischen Gebieten zu stützen. Ein wesentliches Element war dabei die Änderung der Bistumsstruktur.“3 Die so gekennzeichneten Handlungsmotive des Königs werden durch die folgende Tatsache untermauert: Während vor 1559 in den Niederlanden nur sechs verhältnismäßig große Bistümer existierten, erhöhte Philipp II. die Zahl der Bistümer auf 19, um auf diesem Weg die katholische Erneuerung zu forcieren. Idealerweise sollte nicht nur die Ausbreitung des Protestantismus beendet werden, sondern sein Wunsch war, die schon erfolgte Reformationsentwicklung rückgängig zu machen.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus der neuen Situation für Erkelenz?

In der päpstlichen Urkunde (Circumscriptionsbulle) „Regimini ecclesiae“ (1561) wurden dem neuen Bistum Roermond alle geldrischen Gebiete zugewiesen. Diese Setzung betraf Erkelenz konkret, denn damit wechselte Erkelenz aus dem Bistum Lüttich in das neu begründete Bistum Roermond. Dieses Bistum wurde aus Gebieten des Erzbistums Köln und des Bistums Lüttich gebildet. Erkelenz war ein Dekanat im geldrischen Oberquartier; zu diesem Dekanat gehörten Rickelrath, Merbeck, Niederkrüchten und Oberkrüchten. Erkelenz stellte mit Kückhoven eine Exklave dar.

Bischof Wilhelm Damasi Lindanus ist der erste Bischof von Roermond. Philipp II. hatte ihn ganz bewusst als Bischof für das neue Bistum vorgesehen. Lindanus entsprach genau den Vorstellungen des Königs, weil er sich in den Jahren vor der Bischofsweihe in verschiedenen Provinzen einen Ruf als sehr strenger Inquisitor gemacht hatte.

Lindanus war bereits 1562 zum Bischof geweiht worden, konnte aber erst ab Mai 1569 in Roermond residieren. Das Ereignis findet auch Eingang in die Erkelenzer Chronik von Mathias Baux.

© Hiram Kümper | Baux Chronik, Seite 289
Baux Chronik Seite 2894

„Anno 1569 creatus et factus est Wilhelmus Lindanus presbiter primus episcopus Ruremundensis.“ (7)

Vor dem Hintergrund der Reformationsunruhen ist auch die im Stadtarchiv erhaltene Urkunde zu lesen, in der Lindanus den Erkelenzern auf ihre Bitte hin am 12. Juli 1587 bestätigt, „während der seit über 20 Jahren andauernden Angriffe der Ketzer in den Niederlanden (in Belgio) in der Befolgung der Römisch-Katholischen Religion beharrt und den Versuchungen der Häretiker trotz vieler blutiger Opfer und Unglücke widerstanden zu haben und auch jetzt noch zum Vorteil Seiner Katholischen Majestät von Spanien und dessen Untertanen zu widerstehen;[…].“5

Lindanus selbst musste während seiner Amtszeit mehrfach aus seinem Sprengel fliehen, sein Ziel war mehrmals Rom, wo er jedoch wohl nicht die erhoffte Unterstützung fand.

Erkelenz gehörte fast 250 Jahre zum Bistum Roermond.

Erkelenz im Bistum Aachen (1801 – 1821/25)

© Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V. | Bistum Aachen 1808
Bistum Aachen 18086

Das Jahr 1794 markiert für Erkelenz eine neue Ära. Es begann eine 20 Jahre dauernde französische Herrschaft. Das bedeutete auch, dass die Franzosen ihre Herrschafts- und Verwaltungsstrukturen im von ihnen besetzten Rheinland etablieren wollten. Seit dem Vertrag von Luneville (9. Februar 1801) waren die besetzten rheinischen Gebiete auch offiziell dem französischen Staatsgebiet zugeordnet. Im gleichen Jahr schloss Napoleon Bonaparte mit Papst Pius VII. ein Konkordat. In diesem Konkordat vom 10. September 1801 wurde dem Staat eine weitreichende Verfügungsgewalt über die Kirche zugestanden.  Die dem Konkordat folgende päpstliche Bulle vom 19. November 1801 war der Beginn der Neueinteilung des kirchlichen Raumes. In gedanklicher Verbindung zu Karl dem Großen errichtete man für die beiden Departements „Roer“ und „Rhine et Moselle“ das Bistum Aachen. Das Bistum mit ca. 650 000 Katholiken entstand also auf politische Anordnung. Der 1. Bischof war der gebürtige Elsässer Marc Antoine Berdolet (1740 – 1809).

Zusammen mit den Suffraganbistümern Gent, Lüttich, Mainz, Namur, Tournai und Trier gehörte Aachen zum Metropolitanbistum Mecheln. Erkelenz, als zum Departement „Roer“ im „Arrondissement Crefeld“ gehörend, war damit ins Bistum Aachen eingegliedert.

Die Bistumseinteilung erfolgte ganz zweifelsfrei unter staatspolitischer Prämisse. Noch offensichtlicher als durch die zeitliche Abfolge wird dies in den Memoiren Napoleons: „Ich hatte die Religion genau geprüft, war von ihrer Bedeutung überzeugt und entschloß mich, sie wiederherzustellen. Aber nur schwer kann man sich einen Begriff von dem Widerstand machen, der zu überwinden war, um den Katholizismus von neuem einzuführen. Man hätte es lieber gesehen, wenn ich das protestantische Banner aufgehißt hätte. […] Mit dem Katholizismus gelangte ich viel sicherer zu meinem Ziel und zu meinen großen Ergebnissen. Außerdem gewährte mir der Katholizismus den Papst; mit meinem Einfluß und unserer Macht in Italien zweifelte ich nicht, früher oder später durch dieses oder jenes Mittel den Papst lenken zu können.“7

Erkelenz im Erzbistum Köln (1821 – 1930)

Der kurzen Zugehörigkeit zum Bistum Aachen folgen für Erkelenz etwas über 100 Jahre im Erzbistum Köln.

Nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft begann mit dem Wiener Kongress 1815 die Neuordnung Europas. Dabei handelte es sich um eine ausschließlich politische Neuordnung, die kirchliche Ordnung blieb davon zunächst unberührt und lag ganz in der Hand der einzelnen Staaten. Das überwiegend katholische Rheinland gehörte nun zum weitgehend protestantischen Preußen. Gemäß Konkordat zwischen Preußen und dem Heiligen Stuhl wurde das Erzbistum Köln wiedererrichtet. Die Päpstliche Bulle „De salute animarum“ (Über das Heil der Seelen) datierte zwar auf den 16. Juli 1821, doch die Auflösung des Bistums Aachen verzögerte sich wegen der Verflechtung von preußischen und nichtpreußischen Bistumsanteilen deutlich. Die endgültige Auflösung des Bistums Aachen erfolgte erst am 25. März 1825 nach der letzten Sitzung des Domkapitels.

Ziel der Neugliederung war eine Angleichung der Bistumsgrenzen an die politischen Grenzen.

In diesen gut 100 Jahren im Erzbistum Köln hatte die Erkelenzer Pfarre fünf Pastöre („Oberpfarrer“):

Johannes Bernhard Court/Courdt (1821 – 1844)
Peter Joseph De Rath (1844 – 1849)
Johann Josef Bell (1849 – 1895)
Joseph Noë  (1895 – 1903)
Hermann Joseph Kamp (1903 – 1931)

Der Friedhof an der Brückstraße wurde eingeweiht (1825) und in Benutzung genommen, außerdem ereignete sich 1860 der große Kirchturmbrand.

Erkelenz im Bistum Aachen (1930 bis heute)

Heute gehört Erkelenz erneut zum Bistum Aachen.

Am 14. Juni 1929 wurde das Preußische Konkordat unterzeichnet; es regelte die Verhältnisse zwischen Staat und Kirche nach den politischen Umwälzungen infolge des 1. Weltkrieges neu und ersetzte das bisherige Konkordat aus dem Jahr 1921. Dieser Vertrag wurde vom preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun und dem apostolischen Nuntius Eugenio Pacelli, dem späteren Papst Pius XII., verhandelt. Man schuf so die staatsrechtlichen Voraussetzungen für die geplante Wiedererrichtung des Bistums Aachen. Am 13. August 1930 wurde durch die Päpstliche Bulle „Pastoralis officii nostri“ die Wiedererrichtung des Bistums Aachen verfügt. Dr. Joseph Heinrich Peter Vogt (1865 – 1937), der vormalige Dompropst und Generalvikar von Köln, wurde am 25. März 1931 der erste Bischof. Das Erkelenzer Kreisblatt berichtete an diesem Tag auf zwei Seiten über dieses Ereignis der Inthronisation.

Im Organisatorischen sehr erfahren und menschlich hoch geachtet war die Ernennung dieses Bischofs dennoch überraschend, denn er hatte sich klar gegen die Bistumsgründung Aachen aus Teilen des Erzbistums Köln ausgesprochen.

Jetzt gehört Aachen mit den anderen Suffraganbistümern (Limburg, Münster, Osnabrück und Trier) zur Kölner Kirchenprovinz.8

  1. Herborn, W./Krings, W., a. a. O., S. 48
  2. Hantsche, Irmgard,  a. a. O, S. 65
  3. Hantsche, Irmgard,  a. a. O, S. 80
  4. Siehe Hiram Kümper, a. a. O., Seite 542
  5. Kastner, a. a. O. Seite 115
  6. Aus: Schriftenreihe des HV Bd. 23, S.33
  7. Klompen, Wilma, a. a. O. S. 37, Fußnote 37
  8. Text von Agnes Borgs im Oktober 2024 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V.
  1. Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.. Band 23, 2009. A. M. P. P. Janssen: Die Zugehörigkeit des Dekanats Erkelenz zu den Diözesen Lüttich und Roermond, S. 35 – 38
  2. Irmgard Hantsche, Atlas zur Geschichte des Niederrheins. Band 4 der Schriftenreihe der Akademie des Niederrheins, Bottrop/Essen, 1999
  3. Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.. Band 23, 2009. Hans-J. Broich: Abriss der politisch territorialen Geschehnisse im Erkelenz – Jülicher Land (14. – 20. Jahrhundert, S. 24 - 28)
  4. Hiram Kümper (Hrsg.), Mathias Baux: Chronik der Stadt Erkelenz und des Landes von Geldern. Faksimile - Transkription - Übersetzung, Band 1. Neustadt an der Aisch, ISBN: 978-3-9815182-9-0, 2016
  5. Hiram Kümper (Hrsg.), Mathias Baux: Chronik der Stadt Erkelenz und des Landes von Geldern. Erläuterungen - Kommentare, Band 2. Neustadt an der Aisch, ISBN: 978-3-9815182-9-0, 2016
  6. Herborn, W./Krings, W., Studien zur Geschichte der Stadt Erkelenz vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit. Bonn, 1976
  7. Kastner, Dieter, Die Urkunden des Stadtarchivs Erkelenz: Regesten. Brauweiler, 2001
  8. Klompen, Wilma, Die Säkularisation im Arrondissement Krefeld. Kempen, 1962

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