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Die Glocken von Sankt Lambertus Erkelenz

Geschichte

Mathias Baux berichtet uns in seiner Erkelenzer Chronik als erster von einer Glocke in Sankt Lambertus Erkelenz. Es war die Marienglocke, die im Jahre 1535 vom Aachener Glockengießer Johan van Trier gegossen wurde. Sie war nicht die erste Glocke im Turm der Kirche, aber die erste erwähnte, denn zu ihrem Guss wurde eine geborstene Glocke der Kirche eingeschmolzen. Wegen ihrer kunstvollen Gestaltung hat sie allen Einschmelzversuchen in der folgenden Zeit widerstanden. Besonders erwähnenswert ist eine feine Pilasterstellung mit spätgotischen Maßwerkbögen am oberen Rand der Glocke. In den einzelnen Feldern sind Imperatorenköpfe mit Stirnbändern zu sehen.1 Die Inschrift lautet: MARIA HEISCHEN ICH, IN DIE ERE GOTS LWDEN ICH, DIE DODEN BE­SCHRIDEN ICH, DEN DONNER VERDRIEFEN ICH, JAN VAN TREER, BURGER ZO AICH, GOIS MICH ANNO DOMINI MVc XXXV. Die Marienglocke hängt auch noch heute im Lambertusturm.

Im Jahre 1714 wurde eine weitere Glocke für die Pfarrkirche gegossen. Sie war vom Magistrat unter Bürgermeister August Meyer bei Johan Pirong in Auftrag gegeben und von ihm gegossen worden. Sie hing im Turm bis 1926. Zu ihrer Umschmelzung kam es, weil man zu Ehren der 600-Jahr-Feier der Erkelenzer Stadtrechte und zur Freude über den Abzug der belgischen Besatzungstruppen das Geläut im Lambertusturm wieder vervollständigen wollte. Dazu war zunächst vorgesehen, dass die Glocke von 1714 eingeschmolzen und umgegossen werden sollte, weil ihr Es-Ton nicht ganz rein war. Alfred Wirth, der zwei oder drei Glocken zu diesem Zweck spenden wollte, wendete sich gegen das Vorhaben des Umschmelzens. Zur Verbesserung des geringfügig abweichenden und noch tolerierbaren Tons sollte die Glocke am unteren Rand abgeschliffen werden. Dieses Unterfangen misslang allerdings, so dass die zweitälteste Glocke der Kirche dann doch umgeschmolzen wurde.2 Nach Paul Clemen trug diese Glocke ursprünglich die Inschrift: NOS ATOVE (?) BENEDICANT JESVS MARIA JOSEPH IN QUORUM HONOREM AC POTISSIMUM SUB TITULO SANCTI … REGENTE CONSULE AUGUSTINO MEYER MAGISTRATUS FIERI FECIT. JOHAN PIRONG ME FECIT 1714. (Uns und (?) mögen segnen Jesus, Maria und Joseph, zu deren Ehre und in besonderer Weise unter dem Namen des Heiligen … der Magistrat unter dem Bürgermeister
August Meyer mich herstellen ließ, Johan Pirong goss mich 1714.) Das Fragezeichen steht für ein fehlendes Wort, das der Glockengießer vergessen hatte.

Eine dritte Glocke kam wohl 1764 in den Turm. Sie wurde von Christian Vogt aus Dremmen gegossen und ist in seinem Glockenverzeichnis erwähnt. In einem weiteren Verzeichnis wird auch ein Glockenguss von 1768 beschrieben. Hans Hilberath vermutet, dass eine der beiden Jahreszahlen nicht stimmt und es sich um „ein und dieselbe Glocke handelt“3. Aus dem Jahre 1780 ist aus einer Aufstellung des Glockengießers Alexius aus Eindhoven bekannt, dass eine Umschmelzung der drei Glocken zu kleineren Glocken erfolgen sollte. Aus den Kirchenbüchern ist aber nicht ersichtlich, dass das Vorhaben verwirklicht wurde.4

Zu den drei Glocken kam im Jahre 1810 noch eine weitere hinzu, so dass im Turm fortan vier Glocken hingen, was auch im Lagerbuch von 1826 belegt ist. Genaue Daten zu dieser vierten Glocke sind nicht bekannt. 1914 hatte diese Glocke allerdings einen Sprung und musste umgegossen werden.

In diesem ersten Kriegsjahr des Ersten Weltkrieges kam noch eine 5. Glocke zum Geläut hinzu. Das gesamte Geläut hatte die Disposition “ b des‘ es‘ f‘ as‘5 Die umgegossene und die neue Glocke wurden von der Glockengießerei F. Otto in Hemelingen bei Bremen gefertigt.

© Pfarrarchiv Erkelenz | Glockenrueckkehr-1914
In einem feierlichen Geleitzug wurden die beiden Glocken vom Bahnhof zur Kirche gebracht.

Leider wurden von den fünf Glocken drei zu Kriegszwecken wieder ausgebaut und eingelagert. Die Marienglocke und die Glocke von 1714 blieben verschont. Von den drei entfernten Glocken konnte nach dem Krieg wieder eine nach Erkelenz zurückgeholt werden.

© Pfarrarchiv St. Lambertus Erkelenz | Glockenrückkehr 1918
Rückkehr einer Glocke nach dem Ersten Weltkrieg

Zur 600-Jahr-Feier der Verleihung der Stadtrechte 1926 sollte das dezimierte Geläut in Sankt Lambertus wieder vervollständigt werden. Der Unternehmer Alfred Wirth wollte zwei oder drei Glocken stiften. Wie oben beschrieben wurde gegen seinen Widerstand die Glocke von 1714 umgegossen, deren Kosten er nicht beglich. Immerhin kamen noch zwei weitere neue Glocken hinzu, so dass wieder fünf Glocken wie vor dem Krieg die Gläubigen zur Kirche rufen konnten. Das Geläut hatte die Disposition b, des, f, es, ges. Der Vorschlag, ein sechsstimmiges Geläut zu errichten, wurde aus nicht bekannten Gründen vom Kirchenvorstand abgelehnt6 Die neuen Glocken hatten folgende Disposition und Inschrift:

Es-GIocke: Corpore novo laudo in hon. Jesu, Mariae et Joseph D (ono) D(edit) Arn. Koepe d. 1. May 1927 (In neuer Gestalt lobe ich zu Ehren von Jesus, Maria und Joseph. Geschenkgeber Arnold Koepe).
F-Glocke: Bello extincto, libertate recuperata te laudet Christe rex gloriae D. D: d. 15. Martii 1927 (Nach Beendigung des Krieges und Wiedererlangung der Freiheit soll sie dich loben, Christus, König der Herrlichkeit, Geschenkgeber 15. März 1927)
Ges-GIocke: In Freud und Leid ich euch Geleit, in Not und Tod bin ich der Bot. D. D. d. 15. Martii 19277

Die beiden letzten Glocken stiftete Alfred Wirth. Ob er genannt wurde, ist nicht mehr nachzuprüfen, da beide Glocken im Zweiten Weltkrieg untergingen. Außer der Marienglocke wurden im Jahre 1942 alle anderen Glocken ausgebaut, wovon am Ende des Krieges nur eine Glocke erhalten blieb.

Die Marienglocke und die wieder zurückgekehrte Glocke wurden bis zur Renovierung des Turmes auf dem Markt an der Längsseite des Alten Rathauses in ein Stahlgerüst eingebaut, damit sie wieder läuten konnten.

Nach der Renovierung des Turmes wurde 1955 zunächst eine neue Glocke, 1957 noch zwei weitere Glocken von der Glockengießerei Otto in Hemelingen gegossen, so dass das Vorkriegsgeläut mit der gleichen Disposition wieder erklingen konnte. Die neuen Glocken wurden gestiftet und erhielten folgende Inschriften:
Es-Glocke: Drei Schwestern waren vor uns hier sie alle verschlang des Krieges Gier wir, die aus Opfersinn geboren sind nur zu Gottes Ehr erkoren + ad honorem Sancti Lamberti 1955 (Sie wurde von der Firma A. Wirth gestiftet.)
F-Glocke: Laudo te Christe Rex Gloriae + D.A. Wirth u. Co 1957 ( Ich lobe dich, Christus, König der Herrlichkeit)
Ges-Glocke: Sancta Elisabeth, ora pro nobis Familie Dr. Kurt Schafhausen 19578

Diese Glocken hängen auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch im Glockenturm der Lambertuskirche.

Beschreibung der Glocken

NameDispositionDurchmesserGewichtGießerJahr
Heilandb0176 cm 3450 kg F. Otto, Hemelingen 1914
Mariades‘151 cm2200 kg Jan van Trier 1535
Lambertuses‘132 cm1450 kg F. Otto, Hemelingen 1955
Christ-Königf‘117 cm1050 kg F. Otto, Hemelingen 1957
Elisabethges‘110 cm 850 kg F. Otto, Hemelingen 1957
Motiv: Te Deum laudamus.

Das komplette Geläut hängt teilweise an Holz- und teilweise an Stahljochen im Glockenstuhl. Im Turm wurde 1964 noch eine Gegenpendelanlage installiert, um die Schwingungen auszugleichen.

Das Geläut von Sankt Lambertus kann hier angehört werden.9

  1. siehe Hans Hilberath, a. a. O., Seite 21
  2. siehe Hans Hilberath, a. a. O., Seite 21 und 30 ff.
  3. Hans Hilberath, a. a. O., Seite 23
  4. Hans Hilberath, a. a. O., Seite 23 – 25
  5. siehe Hans Hilberath, a. a. O., Seite 28
  6. siehe Hans Hilberath, a. a. O., Seite 30
  7. siehe Hans Hilberath, a. a. O., Seite 31
  8. siehe Hans Hilberath, a. a. O., Seite 31
  9. Text von Wolfgang Lothmann 2021 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V.
  1. Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.. Band 7, 1985. Hans Hilberath: Glocken und Orgeln des Stadtgebietes Erkelenz. Geschichte und Bestand.
  2. Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.. Band 23, 2009. Redaktionsteam St. Lambertus: Pfarrkirche und Gemeinde St. Lambertus in Erkelenz.

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