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Die Bezirkskommandantur in Erkelenz

Bau der Bezirkskommandantur

Nachdem der Landwehrstamm im Jahre 1830 nach Jülich verlegt worden war, wurde Erkelenz im Jahre 1867 dann wieder militärischer Standort. Die Stadt sollte das Standquartier eines Landwehrbataillons werden. Im Oktober wurde dem Stamm das 1. Bataillon des V. Rheinischen Landwehrregiments (zunächst 1 Major, 1 Adjutant und 12 Mann, später betrug die Stärke des Kommandos insgesamt 19 Soldaten) Erkelenz als Standquartier zugewiesen.1 Das Bezirkskommando hatte unterschiedliche Aufgaben, z.B. Erfassung, Musterung und Einberufung von Wehrpflichtigen. 2

Die Unterbringung erfolgte in verschiedenen Quartieren in der Stadt, u. a. im Pangel und in der Ostpromenade (Beim Bau des neuen Parkhauses 2023 wurden Reste der Fundamente dieser Häuser gefunden). Dieser provisorische Charakter der Unterbringung von Verwaltung und Stamm sollte 1880 endlich durch den Neubau eines Bezirkskommandos beendet werden.

Die Stadt Erkelenz, die dem Projekt zunächst sehr reserviert gegenüberstand, stellte schließlich zwei Gärten an der Aachener Straße/Ecke Westpromenade für das neue Bezirkskommando zur Verfügung. Die Planung des Gebäudes übernahm der Garnison-Bauinspektor Hauck aus Köln, der auch den fertigen Bau abnahm.

© Archiv Heimatverein | Schuwirth | Bezirkskommandantur-1890

Der Architekt Hauck griff auf Vorbilder zurück, die er der italienischen Renaissance entlehnte: etwa die dreiachsige Anlage, den erhöhten Mittelrisalit (Risalit ist in der historischen Architektur ein vor die Flucht des Hauptbaukörpers über alle Stockwerke hinweg vorspringender Bauteil, der auch höher sein kann und oft ein eigenes Dach hat), die verzierten Gesimse oder den flachen Dreiecksgiebel über der Tür.3

Das alles verband er mit der Nüchternheit preußischer Militärarchitektur. Das Gebäude -es war nur der heutige Mittelteil- ist ein sehr typischer und seltener Vertreter dieser Bauart. Die Seitenflügel wurden erst später angebaut.

© Archiv Heimatverein | Ulrich Wendt | Grabstaette-Icus-Rothe

Geleitet wurde das Bezirkskommando in der Regel von einem Major. Von 1866 an war dies Icus-Rothe. Er starb am 27. Oktober 1882 und wurde auf dem Friedhof an der Brückstraße beerdigt. Rothe war der erste und einzige Evangelische, der auf diesem Friedhof beerdigt ist. Seine Grabstätte ist heute noch dort.4

1895 war das Gebäude zu klein geworden, deshalb wurde überlegt, einen Anbau zu schaffen. Doch dazu kam es nicht, sondern zu einer Neuordnung der Landwehrbezirke; Erkelenz verlor das Bezirkskommando ganz. Es wurde zum 1. April 1899 nach Rheydt verlegt. Über diese Pläne war die Stadt Erkelenz offenbar überhaupt nicht informiert. Alle Argumente der Stadt Erkelenz, die danach für ein Verbleiben vorgebracht wurden, blieben ohne Wirkung. Am 22. Oktober 1898 meldete das Erkelenzer Kreisblatt, dass die Verlegung des Bezirkskommandos nun in aller Form im Armee-Verordnungsblatt bekannt gegeben sei und am1 . April 1899 in Kraft trete. 5

Und so war das Erkelenzer Haus seit dem 1. April 1899 leer. Man suchte nach einer neuen Verwendung, die am 27. Juni 1900 auch gefunden wurde: das Königliche Amtsgericht übernahm das Gebäude. Das Amtsgericht war zu diesem in einem Gebäude in der Brückstraße untergebracht, das aber den Anforderungen nicht mehr genügte.

Nutzung als Amtsgericht

Das Gebäude des ehemaligen Bezirkskommandos war aber in einem schlechten Zustand und äußerlich sehr unansehnlich, wie ein Zeitchronist berichtet. Es wurde dann saniert und für die Nutzung durch die Justiz umgebaut, z.B. Schaffung eines Sitzungssaales. An den vorhandenen Mittelteil erfolgten folgende Anbauten:

  1. Verdoppelung der beiden Achsen seitlich des Mittelrisalits.
  2. Anbau eines 3-achsigen Seitentraktes an der linken Seite.
  3. Anbau auf der rechten Seite, durch ein halbrundes Bindeglied mit dem Hauptbau verbunden. 6

© Archiv Heimatverein | Hubert Rütten | Arrestzelle-Altes-Amtsgericht-2

In dem Anbau zur Westpromenade wurden u. a. fünf Einzel-Gefängniszellen und eine Gemeinschaftszelle für drei Personen geschaffen. Diese sind heute noch im Originalzustand erhalten.

1902 war alles fertigt und das Amtsgericht zog in das Gebäude.

In den 1970er Jahren wurde das Gerichtsgebäude an der Aachener Straße zu klein. Deshalb zog das Amtsgericht 1985 in die ehemalige Kreisverwaltung an der Kölner Straße. Nach dem Auszug des Amtsgerichtes wurde in dem Gebäude ein Seniorenheim errichtet, das bis 2018 betrieben wurde. Ab 2019 begann die Sanierung und Umgestaltung für die Kreismusikschule, die nunmehr das Gebäude benutzt. 7 8

© Archiv Heimatverein | Michael Franke | Haus der Musik
Entwurf einer Informationstafel am Haus der Musik
  1. Josef Lennartz, a.a.O., Seite 178ff
  2. Zu den Aufgaben siehe auch Michael Schmitz, a.a.O., Seite 152
  3. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkm%C3%A4ler_in_Erkelenz
  4. https://erkelenz-heimatverein.de/wp-content/uploads/2022/03/alter-friedhof.pdf
  5. Josef Lennartz, a.a.O., Seite 182 und Michael Schmitz, a.a.O., Seite 153 und 155ff
  6. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkm%C3%A4ler_in_Erkelenz
  7. Hiram Kümper und Christina Clever-Kümper, ERKELENZ, Seite 14
  8. Text von Günther Merkens 2024 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande
  1. Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.. Band 9, 1989, Josef Lennartz: "Aus der Militärgeschichte der Stadt Erkelenz in preußischer Zeit"; Seite 178ff
  2. Kreis Heinsberg (Hrsg.), Heimatkalender des Kreises Heinsberg. Heinsberg, 2016, Michael Schmitz: "Das Königliche Bezirkskommando in Erkelenz 1867 - 1899", Seite 152ff

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