Cornelius Burgh (* um 1590 in Köln; † um 1638 in Erkelenz) war Jurist (voersprechers = Anwalt), Organist und Komponist des Frühbarocks, überwiegend in Erkelenz lebend.
Leben
Das Geburtsdatum von Cornelius Burgh ist nicht bekannt, kann aber auf etwa 1590 festgesetzt werden. Diese Annahme lässt sich u.a. daraus ableiten, dass Burgh sich im Jahre 1606 an der Universität in Köln immatrikuliert hat. Bei Berücksichtigung der Tatsache, dass die Scholares um diese Zeit mit 15 oder 16 Jahren an die Universität kamen, kann das Geburtsdatum auf die Zeit um 1590 datiert werden. Der Geburtsort Köln ergibt sich aus späteren Veröffentlichungen von Burgh, wo er selber den Hinweis auf Köln anbrachte. Wie lange Burgh studiert hat, ist auch nur aus Kontakten zu seinen Freunden zu rekonstruieren, im Jahr 1610 wird er wohl seine Studienzeit beendet haben.1
Nach 1610 verliert sich zunächst seine Spur, erst etwa um 1615 wird Burgh in Gladbach2 als Münsterorganist bei den Benediktinern erwähnt. Am 04. Juni 1618 heiratete er Eva Ulner aus Gladbach, die aus einer bedeutenden Gladbacher Familie kam. Noch im gleichen Jahr sind die beiden nach Erkelenz umgezogen. Ein Freund aus Gladbach, der später Schöffe in Erkelenz war, hat Burgh wohl nach Erkelenz geholt. In einem Taufbuch ist unter dem Datum 23. Oktober 1618 erwähnt: „Cornelius Burgh, organista„, so dass Burgh jetzt in Erkelenz wohnhaft und als Organist tätig war. Burgh war aber nicht nur an der Pfarrkirche St. Lambertus, sondern auch an der Kapelle St. Leonhard des Gasthauses3 als Organist tätig. Dies ergibt sich aus Aufzeichnungen des Gasthauses.4
Burgh war neben seiner Tätigkeit als Organist auch als Anwalt (voersprechers) in Erkelenz tätig. Zum ersten Mal ist das im Jahre 1619 urkundlich erwähnt. Aus der Zeit seiner juristischen Tätigkeit gibt es eine Vielzahl von Akten, die seine Handschrift tragen. Ob Burgh für seine Tätigkeit als „Fürsprecher“ honoriert wurde, ist nicht bekannt. Im Rechtsbuch von Erkelenz schreibt Mathias Baux (geb. vor 1538; gest. nach 1576) u.a. „… von denen, für die er (der voersprecher) arbeitet, wird er die Kosten erhalten“.5 „Gesellschaftlich standen die Fürsprecher im oberen Bereich der Bürger, bei Festmahlen der Stadt saßen die zwei Fürsprecher an der dritten Tafel“, so die Sitzungsordnung der Stadt Erkelenz.
Aus den Quellen ergibt sich, dass Burgh als Organist und Anwalt in Erkelenz hohes Ansehen hatte. Ab 1626 kommen dann noch seine Kompositionen dazu, die er zum Teil den Erkelenzer Stadtgewaltigen (Vogt, Schöffen, Ratsherren) widmet. In dieser Widmung bezeichnet Burgh sich selbst als Kapellmeister und Advokat zu Erkelenz.
Cornelius Burgh war nicht nur ein angesehener Bürger und tüchtiger Musiker, er war wohl auch ein streitbarer Mensch. Dies ergibt sich aus den in eigener Sache geführten Prozessen, die rein privater Natur waren. Insbesondere mit Balthasar Holzhaußen, der 1633/34 Bürgermeister war, führte er in den Jahren 1626 und 1633 zwei Prozesse, in denen es um üble Nachrede und Drohungen ging.6
Eine besondere Aufgabe für Cornelius Burgh war seine Beteiligung im Jahre 1633 am Rheindahlener Orgelkontrakt. Hier wurde Burgh die letzte Entscheidung über die Disposition eingeräumt und die Orgelprobe nach der Fertigstellung.7
Regen Kontakt pflegte Burgh zu den Schulen und den dort tätigen Lehrern, auf die er gerade bei der vokalen Gestaltung der Gottesdienste angewiesen war.
Ihre erste Wohnung hatten die Burghs nahe der Kirche und des Rathauses in der „schullersgassen“ (heute: Schülergasse). Hier wurden auch die beiden Töchter Catharina und Anna geboren, die im Oktober 1618 bzw. Juni 1621 getauft wurden.
Im Jahre 1635 kaufte Burgh ein Haus in unmittelbarer Nähe des Gasthauses. Aus dem Kaufpreis kann geschlossen werden, dass es ein größeres Anwesen war. Kurz danach (Juli 1636) kaufte er ein Stück Land und noch im gleichen Jahr ein direkt angrenzendes kleineres Haus. Diese Erwerbungen waren zweifelsfrei bäuerliche Gebäude, es werden neben dem Haus auch Hof und Scheune genannt. Burghs Anwesen lag wohl nicht direkt an der Front der Gasthausstraße, sondern etwas zurück gebaut und war durch eine Toreinfahrt (heute zwischen Leonhardskapelle und Nachbarhaus) zu erreichen.8
So wie die Geburt von Burgh nicht klar datiert ist, so ist auch sein Todestag nicht bekannt. Letzte von ihm geschriebene Dokumente sind aus dem Frühjahr 1637. Erst 1640 findet sich ein Hinweis auf Burgh. In einem Erkelenzer Erb- und Kaufbuch wird das Nachbarhaus Burghs auf der Gasthausstraße erwähnt, wobei Burghs Haus als das „Burghs Erben“ bezeichnet wird. Auch ein Jahr später ist die Rede von Burghs Witwe. Im Jahre 1638 werden in den Protokollen des Erkelenzer Landgedings zwei neue Fürsprecher erwähnt, so dass Burgh aus dem Amt ausgeschieden sein muss. Unter Berücksichtigung dieser Daten muss Cornelius Burgh zwischen März 1637 und Jahresmitte 1638 gestorben sein.
Da Burgh in den Jahren 1635/36 Land und das angrenzende Haus an der Gasthausstraße erworben hatte, ist nachvollziehbar, dass seine Erben – Ehefrau Eva und Töchter Catharina, Anna und Schwiegersöhne – Schulden übernommen haben. Die offen gebliebenen Schulden sind noch etliche Jahre weiter verfolgbar.
Der Musiker Burgh
Cornelius Burgh war als Organist nach Erkelenz gekommen. Aus den Archivunterlagen ergibt sich, dass St. Lambertus – wie wohl auch St. Leonhard im Gasthaus – eine Orgel hatten. In St. Lambertus befand sich die Orgel am Turm, die wohl aus der Zeit um 1497 stammte und somit auch von Cornelius Burgh gespielt wurde. Zu Burghs Zeiten, etwa ab 1631, wurde eine neue Orgel gebaut. Es ist anzunehmen, dass Burgh in die Planung eingebunden war.
Der Meister fand aufgrund seiner Tätigkeit als Organist und Anwalt erst relativ spät zur Komposition: 1626 legte er sein „Liber primus concertuum ecclesiasticorum” vor, das zwanzig dreistimmige geistliche Konzerte enthält und das er klugerweise den Erkelenzer Stadtgewaltigen widmete. Mit weiteren 25 vierstimmigen geistlichen Konzerten trat er 1630 an die Öffentlichkeit: die Sammlung „Hortus Marianus“ verwendet ausschließlich marianische Texte und nimmt Bezug auf den Marienaltar, den kunstvollen Marienleuchter (16. Jahrhundert) und die einflussreichen Marien- und Rosenkranzbruderschaften in Erkelenz. Die Kompositionen von Burgh stehen ganz in der Marientradition und den marianischen Zeitströmungen des 16. Jahrhunderts.
Die 1626 in Köln gedruckte Sammlung umfasst 20 dreistimmige Konzerte, die überwiegend für eine solistische Besetzung gedacht sind und die in der Besetzung völlig unterschiedliche Verbindungen aufweisen. Sie sind ebenso wie die späteren Kompositionen nur in einzelnen Stimmbüchern überliefert, also nicht als Partitur. Stilistisch stehen sie der Vokalpolyphonie nahe, enthalten aber bereits eine in der Monodie übliche akkordische Orgelbegleitung. Inhaltlich sind die Stücke auf verschiedene Feste im Kirchenjahr verteilt, folgen ihm jedoch nicht in der Anordnung. Sechs von ihnen beziehen sich auf verschiedene Marienfeste, wobei Burgh den Text zu „Regina coeli” vier Jahre später noch einmal aufgegriffen hat, wodurch ein unmittelbarer stilistischer Vergleich möglich ist.
Die Sammlung von 1630 ist mit 25 Kompositionen noch umfangreicher und wurde von dem berühmten Drucker Phalèse in Antwerpen herausgegeben. Sie trägt den Titel „Hortus marianus”. Diese Stücke unterscheiden sich von den früheren durch eine klanglich dichtere Vierstimmigkeit, durch die mehrfache Verwendung von Ritornellen, durch eine ausgeprägtere Kantabilität und den Kontrast zwischen polyphonen und fast choralartig homophonen Abschnitten. In einigen Vertonungen treten gesanglich gehaltene, ausschließlich von einer Stimme vorgetragene Passagen hervor, die nur vom Continuo klanglich unterstützt werden. In anderen Stücken kommt es zu einer dialogartigen Gestaltung, indem eine Stimme mit einer melodischen Einheit beginnt, die von den anderen dann gemeinsam aufgegriffen wird. Viele der Texte sind dem „Hohenlied” aus dem Alten Testament entnommen, das im Mittealter auf die Jungfrau Maria bezogen wurde. Andere Vertonungen greifen auf Texte zum Lob Mariens zurück, so dass alle Kompositionen thematisch eine Einheit bilden, die in Korrespondenz steht zum Marienleuchter in St. Lambertus, den Cornelius Burgh bei seiner Tätigkeit als Organist täglich vor Augen hatte.9
Es ist ziemlich sicher, dass Burgh nach 1630 auch noch kompositorisch tätig war. Da die Zeit danach politisch unruhiger wurde und vom Ausbruch von Seuchen geprägt war, kam es jedenfalls nicht mehr zu einer Drucklegung weiterer Vertonungen. Eventuell angefertigte Manuskripte sind im Laufe der Zeit verschollen.
Professor Dr. Norbert Brendt (Musikwissenschaftler aus Erkelenz) hat bei seiner Recherche über Cornelius Burgh ein bislang noch nicht in Erkelenz bekanntes und gesungenes Lied für drei Stimmen entdeckt. In der Schlossbibliothek Arnsberg ist Brendt auf ein Notenblatt (in einem sehr schlechten Zustand) gestoßen, das aus dem Jahre 1622 datiert ist. „Hic est panis angelorum“ ist Teil der Sammlung Liber primus, die Burgh im Jahre 1626 als dreistimmiges Werk veröffentlichte.10
Woher Cornelius Burgh seine Anregungen bekam, ist nicht sicher überliefert. Burghs Werke stellen aber einen bedeutenden rheinischen Beitrag zur „Epoche des Übergangs von der niederländisch-motettisch orientierten polyphonen Satzweise des 16. Jahrhunderts zu der in Italien entwickelten neuen geistlichen Monodie des 17. Jahrhunderts“ dar; sie orientieren sich an Vorbildern wie Lodivico Viadana, Alessandro Grandi und Claudio Monteverdi.
Drei Jahrhunderte war Burghs Musik in Vergessenheit geraten. Die noch vorhandenen vollständigen Exemplare der beiden Werke sind erst nach 1945 in Paris und Oxford wieder aufgefunden worden. In den fünfziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts beschäftigte sich Prof. Höfer mit Cornelius Burg und machte erste Veröffentlichungen. 11 Zum 1000-jährigen Bestehen der Stadt Erkelenz im Jahre 1966 wurde auch Cornelius Burgh gewürdigt und seine Musik wieder in Erkelenz gespielt. Insbesondere im Erkelenzer Land werden seine Kompositionen seitdem immer wieder aufgeführt. Der Cornelius-Burgh-Chor des Heimatvereins der Erkelenzer Lande nimmt sich in besonderer Weise der Werke von Burgh an, singt sie in Konzerten und hat zahlreiche Tonträger eingespielt.
Neuauflagen
- Cornelius Burgh: Geistliche Konzerte zu vier Stimmen, hrsg. von Karlheinz Höfer in der Reihe Denkmäler Rheinischer Musik, Düsseldorf 1957.
- Karlheinz Höfer: Cornelius Burgh (um 1590–1638), Band I: Leben und Werk. Italienische Monodie und Geistliches Konzert im Rheinland. Berlin 1993,
- Karlheinz Höfer: Cornelius Burgh (um 1590–1638), Band II: Burgh und seine Zeit. Italienische Monodie und Geistliches Konzert im Rheinland. Berlin 1993,
- Karlheinz Höfer: Concerti ecclesiastici. Cornelius Burgh und seine Zeitgenossen. 1999 (CD mit Booklet).
Sonstiges
In Erkelenz wurde 1985 das Mädchengymnasium in eine koeduktive Schule umgewandelt und gleichzeitig nach dem Komponisten in Cornelius-Burgh-Gymnasium umbenannt. Schon zwei Jahre zuvor gründete der Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. einen Chor mit seinem Namen, der sich u.a. der Aufführung der Musik von Cornelius Burgh widmet.
14- siehe Karlheinz Höfer: CORNELIUS BURGH, Band I, a. a. O., Seite 3
- heute Mönchengladbach
- Die Leonhardskapelle ist eine ehemalige, urkundlich erstmals 1540 genannte Kirche (Gasthauskirche), die zum bereits 1452 vorhandenen städtischen Armen- und Krankenhaus (Gasthaus) gehörte
- siehe Karlheinz Höfer: CORNELIUS BURGH, Band I, a. a. O., Seite 36/37
- siehe Karlheinz Höfer: CORNELIUS BURGH, Band II, a. a. O., Seite 7
- siehe Karlheinz Höfer: CORNELIUS BURGH, Band I, a. a. O., Seite 130ff
- siehe Karlheinz Höfer: CORNELIUS BURGH, Band I, a. a. O., Seite 146ff
- siehe Karlheinz Höfer: CORNELIUS BURGH, Band I, a. a. O., Seite 158ff
- siehe http://www.orgelbauverein-erkelenz.de/orgelbau-werwarcorneliusburgh.php
- Aufgeführt in der Mitgliederversammlung des Heimatvereins am 03.10.2018
- Hans Hilberath, a.a.O.
- Archiv des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.
- CD CANTATE -Die Musik bleibt, Heimatverein der Erkelenzer Lande, u.a. mit sechs weiteren Werken von Cornelius Burgh, CD bei der Geschäftsstelle erhältlich
- Text von Günther Merkens 2021 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V.
- Musik in den Erkelenzer Landen. Heinsberg, 1972, Karlheinz Höfer: Cornelius Burgh - Leben und Werk, Seite 89 ff ,
- CORNELIUS BURGH um 1560 - um 1638, Band I: Leben und Werk. Erkelenz, ISBN: 3-87448-165-4, 1993 ,
- CORNELIUS BURGH um 1560 - um 1638, Band II: Burgh und seine Zeit. Erkelenz, ISBN: 3-87448-165-4, 1993 ,
- Heimatkalender des Kreises Heinsberg. Heinsberg, Hans Hiilberath, HK 1982, Seite 85ff -Cornelius Burgh, ein vergesssener und wiederentdeckter Komponist ,
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