Ausgangslage
Nachdem die Alliierten am 06. Juni 1944 in der Normandie gelandet waren, deutete sich an, dass die Front langsam aber sicher auf Deutschland zu kam. Die Alliierten verstärkten die Bombenangriffe auf das Rheinland. Auch das Erkelenzer Land, vornehmlich die Stadt Erkelenz, wurden immer mehr zu Zielen der alliierten Bomber.
Schon in den letzten Augusttagen 1944 verrieten die vereinzelt auf der Umgehungsstraße der Stadt vorbei fahrenden Wehrmachtsgeländewagen, Kradmelder, Nachrichtentrupps usw. die sich nähernde Front. In der ersten Septemberwoche mehrten sich dann im ganzen Erkelenzer Land die Anzeichen des allgemeinen, unaufhaltsamen Rückzuges der durch Belgien und Holland auf die Reichsgrenze in Unordnung, ja zeitweiliger Auflösung zurückflutenden deutschen Truppen. Alle Landstraßen, Gemeinde-, ja selbst Feld- und Waldwege, die vom Rurtal aus rückwärts führten, waren belebt von zurückweichenden Etappentruppen der besetzt gewesenen Gebiete; alle Dörfer, Waldstücke und Einzelhöfe waren belegt mit Flak, Kanonen, Stäben, Feldgendarmerie, Verpflegungsstellen, Versprengten, bespannt und motorisiert, mit Personenkraftwagen und LKW, zu Fuß und auf Rädern.
Mit ihnen erschienen auch die ersten alliierten Jagdbomber, jene schon von der Truppe so gefürchteten Tiefflieger, der Schrecken der Zivilbevölkerung. Sie spähten vom frühen Morgen bis zur Dunkelheit bis tief ins Hinterland, gleich Habichten nach Angriffszielen und Beute. Überall setzten sie zu heulendem Sturzflug und Verderben bringenden Angriffen an. Sie schossen mit schweren Bordwaffen auf lebende und tote Ziele.
Evakuierung der Erkelenzer Zivilbevölkerung
Besonders aufgeschreckt und tief beeindruckt wurden die Erkelenzer in den Septembertagen 1944, als neben zurückweichenden Wehrmachtsteilen der Etappe die ersten Flüchtlinge aus dem Nachbarkreis Geilenkirchen-Heinsberg auf den Landstraßen von Baal und Gerderath in Erkelenz auftauchten. Und bald wurde das Verlassen der Heimat auch für die Erkelenzer Bevölkerung Wirklichkeit.
Die erste Aufforderung zur Räumung traf die Stadt am 14. September, veranlasst von der Heeresleitung, bekanntgegeben durch die Ortsgruppe der NSDAP, der auch die Durchführung dieser harten Maßnahme oblag. Demnach sollte – begründet durch die bedrohliche Kriegslage um die Mitte des Monats – die Räumung ganz beschleunigt und in Trecks zu je 50 Personen, begleitet von einem Gepäckkarren, über Grevenbroich-Köln auf die rechte Rheinseite führen. Durch die Stabilisierung des Westwalles kam es aber nicht zu diesen Trecks.
Erkelenz war ein wichtiger strategischer Punkt im Operationsgebiet der Westfront, deshalb wurde hier die Evakuierung im Spätherbst 1944 angeordnet. Die Landbevölkerung, mit Ausnahme der Dörfer in Westwallzone, waren zunächst nicht betroffen.
Mit Transportzügen ab Bahnhof Erkelenz, mehrfach auch ab Hückelhoven, vereinzelt ab Wegberg und Wickrath, die jeweils wegen der feindlichen Jagdbomber des Abends zusammengestellt und besetzt wurden, verließen die ersten Erkelenzer am 14. September 1944 die Heimat, um rechts-rheinisch in Westfalen eine neue Bleibe zu beziehen. Allerdings handelte es sich dabei zunächst um eine freiwillige Möglichkeit, von der vor allem alte Leute und Mütter mit Kleinkindern Gebrauch machen sollten. Es ist nicht mehr feststellbar, ab wann die Zwangsräumung für Erkelenz genau angeordnet wurde. Bekannt ist ein Befehl des Gauleiters Grohe vom 14. Oktober 1944, in dem in bestimmten Bereichen des Westwalles – ohne Nennung von Orten – die totale Räumung angeordnet wird. Bekannt ist, dass z. B. am 29. September der Räumungsbefehl für die Gemeinden Doveren und Hückelhoven erlassen wurde.
Von Ende des Monats September an fuhren dann Woche für Woche etwa 30 Transportzüge von Erkelenz nach Westfalen, Hannover, Thüringen, Brandenburg, Sachsen und Franken. Der letzte Transportzug – die Evakuierung des Krankenhauses – verließ am 13. Dezember 1944 den Erkelenzer Bahnhof. Das Bahnhofsgebäude war bereits bei dem Bombenangriff im November völlig zerstört worden.
- Als Erkelenz in Trümmer sank. Erkelenz, 1975, Seite 9 ff und Seite 52 ff ,
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