Gewerbe nach dem 2. Weltkrieg
Kaum zu glauben: Keyenberg, Berverath und Westrich waren nach dem 2. Weltkrieg völlig autark.
Heute muss man außerhalb der Stadt schon sehr mobil sein, wenn man den täglichen Lebensbedarf decken möchte. Da kommt man nicht umhin, mit dem Auto einkaufen zu fahren. Mit dem Bus wäre das viel zu zeitaufwändig, denn wer wartet schon gerne eine Stunde, bis der nächste Bus fährt. Der Vorteil heute: im Supermarkt kann man alles kaufen. Da muss man nicht extra in Fachgeschäfte gehen.
Im Zeitalter des Internethandels wird den Menschen das Einkaufen noch wesentlich leichter gemacht. Da bestellt man per Mausklick und braucht sich noch nicht einmal aus dem Sessel zu bemühen. Die Paketdienste liefern die Ware frei Haus.
Nach dem 2. Weltkrieg sah die Einkaufs- und Versorgungswelt etwas anders aus. Fast niemand war mobil. Allenfalls fuhr man mit dem Fahrrad, wenn man denn eins hatte. So ist es auch nicht verwunderlich, dass das Lebensnotwendige im Dorf zu erhalten war. Herr Toni Schmitz hat einmal aufgeschrieben, was man in Keyenberg alles kaufen oder erstellen lassen konnte. Das kann sich heute niemand mehr vorstellen, dass man in den 4 Dörfern, die zu Keyenberg gehörten, mit etwa 1000 Seelen nach dem Kriege alles haben konnte.
Es gab etwa im Zeitraum vom 1945 bis 1980 2 Metzger und 2 Bäcker, 9 Lebensmittelhandlungen, davon eine mit Fischverkauf. In einem Milchgeschäft gab es frische Milch und Milchprodukte. 5 Unternehmen, teilweise Bauern, verkauften ihre Waren auf den Märkten in der Umgebung. Bei 7 Schneiderinnen und Schneidern konnte man seine Kleidung erstellen lassen; davon stellte der letzte Betrieb kurz vor der Jahrtausendwende seinen Betrieb ein. In 3 Geschäften konnten die Einwohner Textilien oder Gürtel kaufen, in einem gab es Strumpfwaren aber auch Flaschenbier und man konnte hier sein Glück bei Toto-Spielen versuchen. Zwei Schuhmacher sorgten für die Reparatur der wertvollen Treter und fertigten sie auch an. Ein Frisör im ehemaligen Rathaus verschönerte die Frisuren von Männern und Frauen. Es gab eine Poststelle mit einer Zweigstelle der Postbank.
Wer wollte, konnte sogar sein Haus von einheimischen Unternehmern bauen lassen. Ein Tiefbauunternehmen sorgte für den Aushub, zwei Hochbauunternehmen sorgten für den Rohbau und den Dachstuhl, ein Dachdecker für den Dachausbau, ein Installateur für die Innenausstattung und ein Maler sorgte für den letzten Feinschliff.
Auch für die Bauern war gut gesorgt. Natürlich gab es einen Schmied und einen Sattler und Polsterer. Denn schließlich war das Pferd noch das bevorzugte Arbeitstier. Dieses Handwerk war begehrt, denn es gab schließlich in Keyenberg, Berverath und Westrich nach dem Kriege noch 39 Bauern. Die konnten ihr Getreide in der Mühle in Unterwestrich mahlen und teilweise ihre Rüben in der Krautpresse in Unterwestrich zu Rübenkraut verarbeiten lassen.
Wenn man etwas verschlissen hatte, so gab es auch noch zwei Altwarenhändler, die die Gegenstände verwerteten.
Selbst bei Krankheiten musste man nicht in die Stadt fahren. Es gab in Keyenberg einen praktischen Arzt und einen Zahnarzt. Da die Geburten noch meist zu Hause stattfanden, konnte man im Ort immer eine Hebamme zu Hilfe bitten.
Zusammengerechnet existierten in Keyenberg, Berverath und Westrich 42 Unternehmen. Man fragt sich heute, wie sie alle leben konnten.
Heute völlig unvorstellbar ist auch die Tatsache, dass es 6 Gastwirtschaften bzw. Ausschankmöglichkeiten gab. 3 Gastwirtschaften hatten einen Saal, in denen regelmäßig Veranstaltungen abgehalten wurden.
Schaut man sich an, wo die Geschäfte lagen, so fällt auf, dass sie sich hauptsächlich an den Straßen des alten Keyenbergs, der Borschemicher Straße und der Holzweilerstraße, befanden. Am Keyenberger Markt und der dort beginnenden Holzweilerstraße fand sich nahezu in jedem Haus ein Gewerbetreibender oder ein Geschäft. Hier konnte man mit Fug und Recht behaupten, dass der Dorfkern auch den Handelsmittelpunkt darstellte.
Situation um 2018
Heute ist von dieser Gewerbevielfalt nicht mehr viel übrig geblieben. Eine Gaststätte, eine Metzgerei, ein Blumengeschäft und eine Bäckerei konnten sich halten. Ein Malerbetrieb hat sich vor Jahren neu angesiedelt. Neben der alten Poststelle siedelte sich noch eine Polsterei an, die aber 2018 umsiedelte. Kurzfristig gab es in der Holzweilerstraße noch ein Fahrradgeschäft, das aber 2016 den Vertrieb einstellte. Zwei Betriebe für moderne Technologien arbeiten von Keyenberg aus. Ein Arzt existiert nicht mehr. Nur 3 Bauernbetriebe in allen zu Keyenberg gehörenden Ortschaften können als Vollbetrieb geführt werden. Kleinere Betriebe arbeiten noch im Nebenerwerb.
Die Sparkassen-Zweigstelle, die Anfang der 70er Jahre gegründet wurde, besteht nur noch aus einem Geldautomaten. Die Poststelle wurde bereits um die Jahrtausendwende aufgehoben. Die Schließungen erfolgten aus Rationalisierungsgründen.1