Lage
Der Berverather Vikarienhof des Kölner Stiftes Maria im Kapitol war ein altes Rittergut. Am nördlichen Ortsausgang an der West-Seite der Dorfstraße liegt heute noch einer der größten Berverather Bauernhöfe, dessen Geschichte mehr als 500 Jahre zurückreicht.
Geschichte
Der Kapitelshof befand sich im 15. Jahrhundert im Besitz der adeligen Familie Bell von Fischenich, die zwischen 1466 und 1488 auch das benachbarte Haus Wickrath besaß. Der Otzenrather Priester Heinrich Heister erwarb den Rittersitz von den Edelherren Gerhard, Adam und Eberhard von Fischenich, genannt Bell, und übertrug ihn am 16.4.1466 vor Wilhelm Abels, Hermann Könen, Konrad Hamecher und den übrigen Schöffen von Wanlo an das Kölner Stift Maria im Kapitol, in dem er eine Kanonikerstelle innehatte. Der Hof mit seinem Ackerland, Zubehör, seinen Freiheiten und Rechten lag als freies, lehnsunabhängiges Rittergut zu „Bervelroide“ in der Pfarre Keyenberg. Mit den Einkünften aus dem Hof sollten für alle Zeiten in der Kölner Marienkirche ein Altar und Vikar unterhalten werden. Die Schenkung geschah mit Zustimmung des Herzogs Gerhard von Jülich und des Junkers Wilhelm von Loen. Diese besiegelten mit den Schöffen von Wanlo und Heinrich Heister die Schenkungsurkunde.
Der Hof, zu dem 128 Morgen Land gehörten, wurde vom Vikar des gestifteten Altares verpachtet und auch zeitweilig bewohnt. Er zog die ihm zustehenden Pachteinkünfte selbst ein und verbuchte sie. 1536 heißt es von dem Rittergut:„ Im Kriegsfall hat der Halfe, der auf dem Hof wohnt, 2 Pferde zu stellen. Er ist aber in der Lage, mit 5 Pferden zu dienen.“ Der letzte Vikar des Kölner Stiftes, der aus den Einkünften des Hofes seinen Lebensunterhalt bestritt, war Wilhelm Strerath. Er verbuchte für die Jahre 1780-1802 an jährlichen Pachteinkünften:
12 Malter Weizen, 26 Malter Roggen, 16 Malter Gerste, 8 Malter Hafer, 1 Schwein, einen feisten Hammel, ein Osterlamm, das halbe Obst, 12 Stein Flachs, 200 Büschel Stroh, Butter (1790 im Werte von 63 Reichstaler, 24 Stüber), 16 Reichtaler, zu Neujahr weitere 3 Reichstaler, 30 Stüber. Zusätzlich hatte der Halbwinner jährlich 4 Dienstfahrten zu leisten. Wurden sie nicht in Anspruch genommen, waren für jede 8 Reichstaler zu zahlen.
Der Pächter hielt 1696 3 Pferde, 11 Stück Rindvieh und 33 Schafe. Er beschäftigte einen Schäfer, der 19 eigene Schafe besaß. 1799 bewirtschaftete der Halbwinner den Hof mit 2 Familienangehörigen, 4 Knechten und 2 Mägden.
Während des Truchsessischen Krieges brannten die Hofgebäude im Jahre 1586 ab und wurden erst 1682 wieder vollständig aufgebaut. An diese Ereignisse erinnerte eine Balkeninschrift des alten Wohnhauses:
ANNO 1467 HENRICVS HEISTER, CANONICVS IN CAPITOLIO, FUNDAVIT, ANNO 1586 HOSTIS INFLAMAVIT, ANNO 1682 ANDREAS SUCCESSOR AEDIFICAVIT, DEUS CONSERVET
(Im Jahre 1467 stiftete Heinrich Heister, Kanoniker im Kapitol, den Hof. Der Feind steckte ihn 1586 in Brand. Der Nachfolger Andreas baute ihn 1682 wieder auf. Gott möge ihn beschützen.) Leider ist dieser Spruchbalken vor einigen Jahren verlorengegangen. Halbwinner des Gutes:
1644 | Gotzen, der Halffmann |
1650 | Hof in zwei Teilen verpachtet: Gobel von Kuckhoven und Dietrich Schror |
1663 | Franck Janßen, Halfmann zu Berveradth |
1696 | Dietrich Jansen |
1726 Juli 7 | Franz Strerath, Keyenberg verheiratet mit Cäcilia Jansen, Berverath Eheleute 1756 als Pächter erwähnt |
1770 Okt 6 | Heinrich Strerath (+ 1787), Sohn des vorigen und Witwer der Margaretha Jansen verheiratet in zweiter Ehe mit Cäcilia Gertrudis Dewies von Haus Keyenberg |
1790 Okt 6 | Die Witwe Strerath, geb. Dewies verheiratet in zweiter Ehe mit Peter Josef Sieben Eheleute sind bis 1802 Pächter des Vikarienhofes. |
Im Haus Berverath 24, Familie Franke, ist bis heute ein Fachwerkbalken erhalten der auf diese Pächter hinweist.
Nach der Besetzung unserer Heimat durch die Franzosen wurde 1802 auch das Kölner Stift aufgehoben und dessen Besitzungen als Staatsdomänen eingezogen. Der Berverather Vikarienhof, zu dem damals 41 ha Land gehörten, diente zunächst als Dotation der Ehrenlegion, dann der des Grafen von Lobau. Nach der Franzosenzeit übernahm die preußische Regierung 1815/16 die französischen Staatsdomänen.
Peter Josef Sieben, der damalige Pächter des Vikarienhofes, teilte der Domänenverwaltung mit, dass ihm noch 5 Pachtjahre zuständen. Die strohgedeckten Gebäude wären infolge Alters so in Unstand, dass größere, kostspielige Reparaturen erforderlich seien. Der jährliche Pachtzins betrage 1300 Fr. Er möchte den Hof ankaufen und biete das 30fache dieses Betrages. Die Domänenverwaltung ging darauf nicht ein, sondern kündigte am 2. Mai 1818 im Amtsblatt Nr. 21 der Reg Aachen die Versteigerung des Hofes mit 160 Morgen, 141 Ruten Ackerland an. Der Pächter Sieben berichtigte am 13. Mai 1818 die Größenangabe dahin, dass er nur 129 Morgen Ackerland und 111/2 Morgen Gemüsegarten bewirtschaftete.
Die Versteigerung fand am 15. Juli 1818 vor dem Landrat in Jülich statt. Der Kölner Makler Winand Guffanty erwarb das Wohnhaus, 2 Scheunen, den Kuh- und Pferdestall mit dem dazu gehörenden Land für 14.250 Reichstaler. Bereits am 18. Dezember 1818 verkaufte er die Gebäulichkeiten, die Hälfte des Ackerlandes (=ca. 60 Morgen), den Baum- und Gemüsegarten, den Verkesgarten an der Straße, den Kamp mit dem aufstehenden Backhaus und alle Holzungen für 11.500 Reichstaler an den bisherigen Pächter Peter Josef Sieben.
Besitzer des Hofes:
1831 | Nach dem Tode des Peter Josef Sieben Teilung des Hofes. Gebäulichkeiten und ein Teil des Landes fielen an den Peter Franz Strerath, Sohn der ehemaligen Pächter Heinrich Strerath und Cäcilia Gertrud Dewies. |
1856 | Verkauf des Hofes an N. Flaßenberg und dessen Schwiegersohn N. Esser |
1883 | Hubert Faber (+ 1907) verheiratet mit Anna Esser (+ 1905), Tochter des Vorbesitzers. Die Eheleute verpachten den Hof mit 100 Morgen Land für 2.850 Reichstaler. Erben der kinderlos verstorbenen Eheleute: 1. Josef Siebert Jansen, Maria Magdalena Esser, 2. Peter Leonhard Kradepohl, Anna Maria Esser |
1909 | Anton Jansen erwirbt die Hofanteile der Miterben, verheiratet mit Anna Gieren |
1920 | Josef Jansen |
1970 | Peter Jansen |
2012 | Eheleute Heinz-Willi Bertrams und Anita geb. Jansen |
1882 besaß der Hof 35,45 ha und 1927 26 ha Ackerland. Der Inhaber hielt 4 Pferde, 14 Stück Rindvieh und 12 Schweine.
Das heutige Wohnhaus entspricht in seinen Maßen dem Neubau von 1682. Die Straßenseite wurde 1872, die Hofseite 1952 erneuert. Letztere war bis dahin noch als Fachwerkbau erhalten. Die 1872 erbaute Scheune brannte 1923 ab und wurde anschließend wieder aufgebaut. Von den historischen Hofgebäuden ist also nichts erhalten geblieben.1
2- 100 Jahre Kapelle Berverath 1912 - 2012. Grevenbroich, 2012, Seite 26 bis 30 ,
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