Sie sind hier: Startseite» Anlagen» Erkelenz» Zeitgeschehen» Archäologisches Objekt » Zeitreise am Franziskanerplatz

Zeitreise am Franziskanerplatz

Vorbemerkung

Die jüngst im Rahmen des Vorhabens Erkelenz 2030 erfolgte Umgestaltung des Franziskanerplatzes durch die Stadt Erkelenz1 erforderte 2022 die archäologische Begleitung der Baumaßnahmen. Denn eines lag auf der Hand: Mitten im Herzen der seit dem Mittelalter bestehenden Stadt würde es zahlreiche Spuren ihrer Vergangenheit geben: Historische Karten, alte Fotos und Funde aus früheren Untersuchungen ließen daran keinen Zweifel.

Wo heute Wasserspiele und Spielgeräte zum Verweilen einladen, erstreckte sich noch bis ins 19. Jahrhundert eine wassergefüllte Senke – eine sog. Maar. An deren Ufern wurde Kalk gewonnen. An ihrem südlichen Rand bot die Schmiede Wachtendonk noch bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs ihre Dienstleistungen feil. Die Arbeit der Archäologinnen und Archäologen der archäologischen Fachfirma Archaeonet GbR, Bonn, gab auch einen Blick auf die Pflasterschichten des Platzes und seine zahlreichen Umgestaltungen im 20. Jahrhundert frei.

Eine Maar anstelle der heutigen Platzfläche

Mehrere Kartenwerke des 19. Jahrhunderts, darunter die Tranchot-Karte aus den Jahren 1806/07 (Abb. 1), zeigen anstelle des heutigen Franziskanerplatzes eine blaue Fläche – ein deutlicher Hinweis auf das Vorhandensein einer wassergefüllten Senke an dieser Stelle. Dies spiegelt sich auch in den Straßen- und Platznamen des Umfelds wider. So war der Franziskanerplatz phasenweise als Maarplatz, die Aachener Straße als Maarstraße bekannt.2

1865 trockengelegt, existiert die Maar heute nicht mehr. Ihre meist trockengefallenen Feuchtsedimente kamen jedoch fast im gesamten Platzbereich zutage. Sie sind vor allem an ihrer gräulichen Farbe erkennbar (Abb. 2) und enthielten häufig auch Scherben neuzeitlicher Keramikgefäße. Vor allem das Vorkommen dieser Schichten im Bereich der Straßen, die den heutigen Platz umgeben, erweist sich als aufschlussreich. Es führt die Ausdehnung der Maar vor Augen und zeigt, dass die Randbebauung mit Gebäuden einst ein wenig weiter zurückgesetzt gewesen sein muss, als dies die heutigen Häuserlinien nahelegen.

Kalkgruben und Kalkerzeugung

Mehrere in die feuchte Uferzone im Südwesten der Maar eingetiefte Gruben zeugen von der Kalkherstellung vor Ort. Sie zeichnen sich im Boden jeweils mit einer rechteckigen Form und einem markanten weißen Rand ab (Abb. 3), der ihre einstige Funktion offenbart.

Kalk muss, besonders um Mörtel zu erzeugen, nach dem Brennen „gelöscht“ werden. Dazu gibt man den gebrannten Kalk wahlweise in eine feuchte Grube, wie dies hier vermutlich geschehen ist, oder versetzt ihn mit Wasser. Auf diese Weise wird ein chemischer Prozess ausgelöst, der die Verbindung des Kalks mit der Feuchtigkeit bewirkt.

Die auf dem Franziskanerplatz freigelegten Kalkgruben wurden zum Teil mit Ziegelstücken, Holzkohleflittern, Mörtelbröckchen und Keramik des 17.–18. Jahrhunderts verfüllt entdeckt. Offensichtlich hatte man in einigen von ihnen nach der Kalkherstellung Schutt entsorgt. Daher geht aus der im Fundmaterial enthaltenen Keramik auch die Auflassung der Kalkgruben in der frühen Neuzeit hervor.

© Archaeonet GbR, M. Aeissen & Z. Goeruer | Philipp Gross | Kalkgruben
Abb. 3: Zwei ineinander gesetzte Kalkgruben mit charakteristischer rechteckiger Form und weißen Kalkrändern. Foto: Steven Daubner, Archaeonet GbR.

Die Schmiede Wachtendonk auf der Südseite des Platzes

Gebäudereste auf der Südseite des Platzes konnten der früheren Huf- und Wagenschmiede Wachtendonk (Abb. 4) zugewiesen werden, die von 1838 bis zur Zerstörung des Gebäudes 1945 existierte. Sie nutzte ein bereits vorhandenes, älteres Gebäude direkt am Südufer der einstigen Maar, bei dem es sich wohl um das Brauhaus des bis 1802 bestehenden Franziskanerklosters handelte.3

Ältere Mauern des 18.–19. Jahrhunderts kamen in der Tat im Nordwestteil des Gebäudes zutage. Dieses lässt jedoch auch verschiedene Umbauten im Laufe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts erkennen. Dazu zählen neben mehreren im 19. Jahrhundert errichteten Mauerzügen ein vollständig freigelegter Gewölbekeller mit Stampflehmboden, Kellertreppe, Gewölbeansatz und den vermutlich zur Schmiedeesse gehörigen Unterbau (Abb. 5). Darin gefundene Kohlenreste bezeugen dessen Funktion. Während sich keine Hinweise auf den darunter angenommenen zweiten Gewölbekeller4 fanden, wurde unmittelbar neben dem freigelegten Gewölbekeller ein im 19. bis frühen 20. Jahrhundert nachträglich eingebauter Ofen entdeckt (Abb. 6).

© Archiv Heimatverein | Wilhelm Schmitter | Schmiede Wachtendonk
Abb. 4: Die Schmiede Wachtendonk im Jahr 1912. Foto: Wilhelm Schmitter, Archiv Heimatverein.

Pflaster(ge)schichten des Platzes

Im Laufe der Ausgrabungen wurden ferner mehrfach Reste früherer Ufer- und Platzbefestigungen freigelegt, die ebenfalls Einblicke in die Geschichte des Areals gewähren. Jeweils nur in kleinen Ausschnitten zutage getreten, gestatten diese natürlich keine Rekonstruktion der gesamten Fläche, vermitteln jedoch schlaglichtartige Einblicke in deren Geschichte.

Pflasterreste aus Flusskieseln, die vermutlich dem 19. Jahrhundert zugewiesen werden können, kamen vor allem im Bereich der Südostecke und der Ostseite des heutigen Platzes zutage. Es wurden jedoch auch kleinere Abschnitte jüngerer Platzbefestigungen aus industriell gefertigten Ziegeln entdeckt, die ins 20. Jahrhundert weisen.

Text von Dr. Marlis Arnhold, Archaeonet GbR

  1. siehe auch https://www.erkelenz-2030.de/stadtbild-oeffentliche-raeume/franziskanerplatz/ (14.11.2023)
  2. siehe auch Artikel Franziskanerplatz (14.11.2023)
  3. siehe Artikel Franziskanerplatz (20.11.2023)
  4. siehe Artikel Franziskanerplatz (20.11.2023)
  1. Stadt Erkelenz, www.erkelenz.de. www.erkelenz.de, https://www.erkelenz-2030.de/stadtbild-oeffentliche-raeume/franziskanerplatz/ (Stand: 11.2023)

Wenn Sie uns Feedback zu diesem Artikel senden möchten, nutzen Sie bitte dieses Kontaktformular:

    * Pflichtfeld

    VIRTUELLES MUSEUM © 2024
    Datenschutz Impressum Kontakt