Hauptportalbogen der alten Immerather Kirche von 1767
An der Stelle der im Januar 2018 für den herannahenden Tagebau Garzweiler abgebrochenen Kirche St. Lambertus in Immerath fanden in den Jahren 2018/2019 archäologische Ausgrabungen statt, die Ursprung und Entwicklung der Vorgängerkirche aufzeigen sollten.
Der Grundriss einer insgesamt etwa 32 m langen und 19,60 m breiten, dreischiffigen Landkirche mit gotischem Polygonalchor, vorgestelltem Westturm mit Vorhalle sowie drei Nebenkapellen kam zum Vorschein. Diese im Jahre 1888 abgebrochene Kirche hatte sich sukzessive aus einer einschiffigen Saalkirche mit Chorquadrat bzw. einer noch älteren kleinen chorlosen Einraumkapelle entwickelt, die wohl aus dem 11. Jahrhundert stammt. Hauptbaumaterial war Backstein, in den ältesten (romanischen) Abschnitten sowie in den Fundamenten war allerdings nahezu ausschließlich römisches Altmaterial sekundär verwendet worden.
Im Zuge der Grabungen wurden mehrere Bauteile des alten Kirchenbaus in einer beim Abbruch von 1888 vor Ort verbliebenen Planierschicht gefunden, so z.B. der Portalbogen aus Blaustein von 1767, der an der Nordseite des Westturmes entdeckt wurde. Er überspannte den im Westturm – von 1767 bis 1770 komplett erneuert – gelegenen Haupteingang der Kirche.
Der Portalbogen von 1767 ist typisch für eine alte rheinische Dorfkirche. Früher gab es diese in nahezu jedem Dorf. Im Zuge der raschen Bevölkerungszunahme und einer allgemeinen Prosperität der ländlichen Regionen sind die alten Dorfkirchen insbesondere im letzten Drittel des 19. und frühen 20. Jahrhundert fast überall größeren und vollständigen Neubauten, die vorwiegend im neogotischen Stil gehalten sind, gewichen, auch im Erkelenzer Land, z.B. in Venrath und Holzweiler. Daher kommt dem Portalbogen exemplarisch eine besondere Bedeutung für die Veranschaulichung der Bausubstanz rheinischer Dorfkirchen in vorindustrieller Zeit zu.
Der Portalbogen wurde vom Landschaftsverband Rheinland dankenswerterweise dem Heimatverein der Erkelenzer Lande als bewegliches Bodendenkmal zur Verfügung gestellt. Es gibt zur Zeit Überlegungen, ihn an der neuen Kapelle in Immerath aufzustellen.1
So stellt sich Wilhelm Borgs die Zukunft des Portalbogens vor.
Mit Genehmigung und Zusammenarbeit des Architekten Johannes Klomp, der Pfarrrgemeine Christkönig Erkelenz und Kapellengemeinde Sankt Lambertus Immerath entschloss der Heimatverein der Erkelenzer Lande sich, diese Überlegungen in die Tat umzusetzen. Aufgestellt wurde der Hauptportalbogen an der Ostseite der Kapelle, an der Wand zur Sakristei. Dazu waren umfangreiche Vorarbeiten notwendig. Der Portalbogen wurde zunächst von der Firma Schleiff Bauflächentechnik GmbH & Co. KG restauriert und die Einzelteile von der Firma Naturstein Lindholm GmbH zusammengesetzt, damit die einzelnen Blöcke auf dem Fundament halten konnten. Architekt Klomp und der Künstler Karl-Heinz Laufs rieten dazu, den Bogen für sich auf einen Betonsockel zu stellen und keine Seitenstreben zu errichten. Der Bogen müsse für sich wirken. Dazu errichtete im Vorfeld die Fa. H.-K. Jansen GmbH & Co KG ein Fundament und die Firma B + V Betonfertigteile GmbH erstellte das „Betontor“. Am 07.12.2020 konnte schließlich die Fa. Schleiff mit Hilfe des Teleskopladers des Immerather Landwirtes Hans Willi Portz an der Sakristeiwand der Kapelle Sankt Lambertus Immerath (neu) das Hauptportalbogenelement aufstellen. Die Firma Pitz Elektro GmbH sorgt durch Strahler dafür, dass der alte Bogen im rechten Licht erstrahlt.
Es ist kaum zu glauben, dass so verhältnismäßig kleine, aber schwere Teile eines solch großen Restaurations- und Erstellungsaufwandes bedürfen. Die Aufstellung, die auch noch durch einige private Förderer möglich gemacht wurde, bewahrt aber ein für Immerath wichtiges historisches Zeugnis davor, in der Versenkung zu verschwinden.
Am Patronatsfest des Heiligen Lambertus, 18.09.2021, wurde der Portalbogen offiziell vom Heimatverein der Pfarre Christkönig bzw. der Kapellengemeinde Sankt Lambertus Immerath übergeben. Der Vorsitzende des Heimatvereins, Günther Merkens, erkärte u.a. „Mit der Arbeit und den Spenden haben alle Beteiligten ein wertvolles Kulturdenkmal aus dem alten Immerath erhalten und sichtbar gemacht. Der Bogen sei ein Zeichen der Erinnerung an die verlorene Heimat“. Kaplan Philipp Schmitz sagte für die Pfarrgemeinde Chistkönig, „als Kirchengemeinde sei man Opfer und nicht Täter der Umsiedlung. Es sei tröstlich, dass es immer noch die Kapellengemeinde St. Lambertus gebe“. Bürgermeister Stephan Muckel meinte: „Wir sind Opfer der Umsiedlung“, wir wollten das alles nicht, aber wir haben das Beste daraus gemacht. In Immerath hätten es die Menschen nach der Umsiedlung geschafft, nach vorne zu schauen, Zusammenhalt und Gemeinschaft zu schaffen. Der Blick auf die Herkunft dürfe nicht verloren gehen. Dazu trage der Portalbogen aus dem alten Immerather Dom an der neuen Kapelle bei“.
Damit die Betrachter des Bogens wissen, was sie sehen, hat der Erkelenzer Bildhauer Michael Franke zwei Bronzetafeln geschaffen, auf denen die Chronologie der sechs Kirchen in Immerath und die Geschichte des geretteten Portalbogens nachlesbar sind. Außerdem werden noch QR-Codes angebracht, die auf das Virtuelle Museum verweisen.
- Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege 46. Petersberg, ISBN: 978-3-7319-0645-2, 2018, Fund von 2018 ,
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