Einst stand die Kirche mitten im Ort Immerath. Sie lag zwar etwas erhöht, wurde aber umgeben von zahlreichen Häusern und Gehöften. Sie war der Mittelpunkt des Ortes am östlichen Rand von Erkelenz. Dies änderte sich zunehmend ab dem Jahre 2016. Nicht nur das ehemalige Kloster und das Krankenhaus wichen dem Abrissbagger sondern auch ein Großteil der Wohnhäuser. So stand am Ende des Jahres 2017 der Immerather Dom, wie er wegen seines imposanten Aussehens liebevoll genannt wurde, völlig alleine im Dorf. Er thronte zwar imposant in der freien Fläche, hatte aber durch die fehlende Umgebung auch keine Anbindung mehr an den sterbenden Ort. Außerdem konnte man ihm auch jetzt schon die Spuren des Abrisses ansehen: Um die Glocken in die Kapelle nach Immerath (neu) zu verlegen, wurde ein Teil des Gemäuers des linken Turms aufgerissen. Diese Wunde hatte die Form einer Glocke. Einige Fenster waren bereits mit Holzverschlägen verriegelt. Der Innenraum war längst geräumt.
Für Montag, den 8. Januar 2018, hatte RWE-Power den Beginn des Abrisses angekündigt. Im Gegensatz zum Abriss der Borschemicher Kirche hatte diese Ankündigung einen wahren Sturm in den Medien ausgelöst. Selbst in Kuwait und New York wurde darüber berichtet. Vielleicht lag es am Wort „Dom“, der dieses Interesse auslöste. Denn ein Dom muss doch noch wesentlich bedeutsamer sein als eine einfache Kirche.
Am 8. Januar hatte sich bei kalter, nasser Witterung eine Menge Medienvolk eingefunden. Dies nutzte Greenpeace, um durch die Besetzung des Doms auf die Energieausbeutung im rheinischen Revier aufmerksam zu machen. Einige Aktivisten hatten das Portal erklommen und ein Plakat mit der Aufschrift „Wer die Kultur zerstört, zerstört auch den Menschen!“ aufgehängt. Eine Aktivistin kettete sich an den Abrissbagger.
Eine große Anzahl von Kamerateams, Journalisten und Fotografen nahmen die Verzögerung zum Anlass, die Betroffenen zu interviewen. Der Erkelenzer Pastor wurde ununterbrochen in Anspruch genommen. Er kam gar nicht dazu, mit den betroffenen Alt-Immerathern und -Peschern zu sprechen und ihnen beizustehen. Ohnehin waren nicht viele ehemalige Mitbürgerinnen und Mitbürger gekommen. Sie hatten sich von ihrer Kirche bereits bei der Entwidmung 2013 verabschiedet und den Verlust betrauert.Viele haben ihren religiösen Mittelpunkt mittlerweile in der neuen Kapelle in Immerath (neu) gefunden. Einige waren auch der Meinung, dass der Abriss wieder alte Wunden aufriss und sind deshalb fern geblieben.
Durch die Ungewissheit, wann die Greenpeace-Aktion beendet wurde und die Kälte an diesem Tag gingen viele frühzeitig nach Hause.
Gegen 13:00 Uhr konnte die Greenpeace-Aktion friedlich beendet werden. Und nun ging alles sehr schnell. Gegen 13:00 Uhr rückte der Bagger an. Um 14:00 Uhr griff der Baggerführer mit seinem riesigen Greifarm in das Dach der Apsis, die eine Viertelstunde später bereits abgebaut war. Gegen 16:00 Uhr fehlten bereits die Apsis und das Querschiff. Ein kahler Dachtorso ragte noch aus den Trümmern heraus und man konnte ungehindert die Rosette des Portals durch das nun klein gewordene Mittelschiff sehen.
Schon um 8:00 Uhr rückte der Abrissbagger wieder an. Ganz schnell arbeitete er sich zum Portal und zu den beiden Türmen vor. Zuschauer berichteten, dass der erste Turm regelrecht gestöhnt habe, als der Greifarm in sein Dach griff. Ein Anwohner aus Pesch äußerte, er habe es als einen letzten Todesseufzer empfunden. Gegen 15:00 Uhr war bereits das gesamte Gebäude dem Erdboden gleich gemacht.
Das Medieninteresse am Abriss der Immerather Kirche war nicht nur im Vorfeld sondern auch an den Tagen des Abrisses sehr groß. Greenpeace hatte mit den Plakaten den Nagel auf dem Kopf getroffen. Die Tendenz neben der objektiven Berichterstattung ging in Richtung „Wie kann man wegen einer heute schon veralteten Energiegewinnung so viel wertvolle Kultur zerstören?“
Hier eine Auswahl aus den Medien:
WDR-Fernsehen, Westpol vom 08.01.2018: https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit-aachen/video-abriss-des-immerather-doms–100.html
myRegio.TV:
Rheinische Post vom 09.01.2018: http://www.rp-online.de/nrw/staedte/erkelenz/abriss-vom-immerather-dom-in-erkelenz-ab-tag-1-im-zeitraffer-aid-1.7309217
Rheinische Post vom 10.01.2018: http://www.rp-online.de/nrw/staedte/erkelenz/immerather-dom-ist-jetzt-geschichte-abriss-in-erkelenz-abgeschlossen-aid-1.7311504
Die Zeit in Ausgabe 3/2018: http://www.zeit.de/2018/03/dom-immerath-abriss-rwe (Um den Artikel lesen zu können muss man sich anmelden.) Der Journalist Benedikt Erenz befasst sich damit, dass Kulturgüter ungehindert wegen des Abbaus einer veralteten Energie zerstört werden dürfen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.01.2018: Bildersturm der Braunkohle von Andreas Rossmann: Der Artikel befasst sich mit der Zerstörung des Kulturgutes und der fehlenden Bereitschaft, dieses an anderer Stelle wieder aufzubauen.
Spiegel online vom 09.01.2018: http://www.spiegel.de/panorama/erkelenz-immerath-immerather-dom-abgerissen-a-1186984.html
Der Kölner Liedermacher Gerd Schinkel schrieb am 14. Dezember 2017 ein Lied über den Immerather Dom. Das Lied trug er zusammen mit dem Inhaber von Goldblick.tv am Tage des Abrisses einige Male vor. Auf der Internetseite https://www.goldblick.tv kann man das Lied und den Auftritt hören und sehen.
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