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Als es Milch noch im Milchgeschäft gab

sonstiger Name: Einkaufen vor Supermarktzeiten
1950-1959

Einleitung

Dass die Erkelenzer sämtliche Lebensmittel des täglichen Bedarfs im Supermarkt kaufen können, war nicht immer so. Wilhelm Borgs erinnert sich zurück an seine Kindheit, als er regelmäßig zum Milchholen geschickt wurde.

Einkaufen in den 1950er Jahren

Erinnerungen von Wilhelm Borgs

© Wilhelm Borgs | Zeichnung Milcheinkauf
Zeichnung „Im Milchgeschäft“ ®Wilhelm Borgs

Wer heute Lebensmittel braucht, geht in den Supermarkt, nimmt aus dem Kühlregal Milch, Butter, Sahne, Quark oder Käse und vieles mehr, alles handlich verpackt, legt die Teile in den Einkaufswagen und bezahlt an der Kasse. Das war nicht immer so.


Beispiel Milch

© Wilhelm Borgs | Michkanne

Die Beschaffung war früher viel aufwändiger, als sie das heute ist. In meiner Jugendzeit wurden in den Haushalten viel Milch und viele Milchprodukte verbraucht. Um dieses Grundnahrungsmittel  für die Familie zu besorgen, ging man  in ein Milchgeschäft. Die mitgebrachte Kanne, in der Regel aus emailliertem Stahlblech oder aus Aluminium, nahm die Verkäuferin oder der viel zitierte „Milchmann“ in Empfang. Durch Betätigen einer Handpumpe floss die Milch aus einem Zapfhahn aus einem unter der Theke stehenden, gekühlten Behälter in die Kanne. In den Ferien war es meine Aufgabe, die Milch und anderes zu besorgen.

Daneben wurden auch Käse, Quark und Eier angeboten. Manche Milchgeschäfte hatten zudem ein angeschlossenes Eiscafé. Angeboten wurden fünf Sorten Eis: Erdbeer, Nuss, Schoko, Vanille und Zitrone. Für 10 bis 15 Pfennige bekamen wir Kinder eine Kugel Eis im einfachen Hörnchen. Waffeln, wie man sie heute kennt, wurden erst einige Jahre später angeboten.
In Erkelenz gab es damals fünf Milchgeschäfte: Clahsen (Brückstraße), Dyk (Anton-Heinenstraße), Heinrichs (Aachener Straße), Meurer (Burgstraße) und Mohns (Kölner Straße).

Woher kam die Milch?

Nach dem Melken der Kühe auf den Bauernhöfen der Region wurde die Rohmilch in große Kannen gegossen, gekühlt  und am nächsten Tag zur Molkerei in der Hermann-Josef-Gormanns-Straße gefahren. Das geschah entweder durch ein Pferde-Fuhrwerk oder einen Traktor mit Anhänger. Nach der Verarbeitung in der Molkerei konnten die Milchhändler die bestellten Mengen abholen.

In entferntere Stadtteile außerhalb der Innenstadt kamen fahrende Händler mit ihrem Wagen und boten ihre Waren den Leuten vor Ort an. Neben Milch wurden auch allerlei andere Lebensmittel verkauft.

Genuss im Eiscafé

Sonntags, am frühen Nachmittag, stand bei schönem Wetter ein Familien-Spaziergang durch die Stadt bzw. zum Garten am Ziegelweiher an. Auf dem Nachhauseweg gingen wir zu Milch-Meurer ins Café. Drei Kugeln Eis im Becher serviert, das war für mich der Höhepunkt des Sonntags. Denn in den Nachkriegsjahren waren Süßigkeiten rar. Neben den Eiscafés produzierten und verkauften auch einige Bäcker Eis, beispielweise Bäcker Vos in der Theodor-Körner-Straße.

© Wilhelm Borgs | Zeichnung Milchgeschäft
Zeichnung MIlchgeschäft: An der Eismaschine ®Wilhelm Borgs

„Italiener“ in Erkelenz

Eis entwickelte sich in diesen Jahren zu einem der liebsten süßen Lebensmittel der Stadt. Die Reisewelle, Bella Italia, bescherte den Erkelenzern 1955 das erste italienische Eiscafé (damals Familie Galiazzo). Es befand sich an der Ecke Aachener Strasse, Westpromende. Das war ein ganz neues „Eisgefühl“, so viele Eissorten gab es bisher nicht. Alle wollten dann nur noch Eis vom Italiener. Dass es eine Erfolgsgeschichte war und ist, zeigt, dass es bis heute das Eiscafé Dolomiti an gleicher Stelle gibt, wenn auch mit neuem Inhaber.

Neues Einkaufsgefühl – Selbstbedienung

Der ersten Verbrauchermarkt (Selbstbedienungs-, Supermarkt) wurde 1957 in Köln eröffnet. In Erkelenz zog man erst Jahre später nach, erst am 5. November 1971 eröffnete ein sogenannter SB-Markt. Damals entstand er auf dem freien Feld, direkt neben der Kfz-Werkstatt (damals das Ende der Bebauung) an der Antwerpener-Straße, Nr. 4. (X im Foto). Heute befinden sich auf diesem Gelände zahlreiche Märkte. 1974 firmierte der Betreiber unter dem Namen Famka, heute gehen die Menschen an gleicher Stelle bei Kaufland einkaufen. Solche Märkte lösten nach und nach die Milchgeschäfte ab.

Anmerkung am Schluss

Dieses ist nur eine kleine Abhandlung; mir ist klar, dass noch mehr darüber geschrieben werden kann. Mir geht es darum, den jüngeren Menschen (Kindern, Enkeln) zu zeigen, wie es einmal war.1

  1. Text von Wilhelm Borgs 2025
  1. Stadt Erkelenz, Stadtarchiv.
  2. unbekannter Autor, Erkelenzer Volkszeitung. Erkelenz
  3. Stadt Erkelenz (Hrsg.), Schriftenreihe der Stadt Erkelenz. Band 8. 1989. Eine Dokumentation über die Arbeit des Umlegungsausschusses in der Stadt Erkelenz von 1959 bis 1989

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