Lage
Der Dingbuchenhof liegt im Stadtgebiet Erkelenz südlich von Lövenich an der Kreisstraße K18 von Lövenich nach Kofferen. Die Hoflage ist der südlichste Punkt des Stadtgebietes Erkelenz.
Der Dingbuchenhof (amtl. Bezeichnung Dingbuchhof) ist nach dem Ende und der Aufteilung des „Buchholzbusch“ gebaut worden.
Der Buchholzbusch
Der Buchholzbusch war ein Gemeinschaftswald. Die umliegenden Dörfer Lövenich, Katzem, Kleinbouslar, Körrenzig, Glimbach, Gevenich, Koffern und Hottorf hatten nicht parzellierten Anteil als Eigentümer (Erbberechtigte) an diesem Areal. Die Verwaltung des Waldes war durch eine Buschordnung aus dem Jahre 1470 geregelt, Neufassung um 1820.
Die Bezeichnung „Ding“ (Thing)1 stammt aus dem Germanischen und bedeutet Gerichtsversammlung. An der heute noch höchsten Erhebung im Gelände stand eine Buche. An dieser markanten Erhebung fand am St. Michaelistag, am 29. September, die jährliche Zusammenkunft der Erbberechtigten statt. Die fünf gewählten Erbberechtigten, die sogenannten „Buschgräfen“, wiesen die zustehenden Holzanteile zu.
Rodung des Buchholzbusches
Am 28. Juni 1857 wurde die Rodung des Buchholzbusches beschlossen. Danach wurden im Bereich des Buchholzbusches die Gutshöfe Eichholz, Burgfeld, Hochfeld, Magdalenenhöhe, Marienfeld, Karlshöhe und Dingbuchenhof errichtet. Von dem ursprünglichen Wald blieben einzig die Dingbuche am Dingbuchenhof und der „decke Boom“ im Feld zwischen Kleinbouslar und Hottorf östlich der Straße Lövenich – Hottorf, stehen. Die Dingbuche musste im Jahre 1920 gefällt werden. Eine neue Blutbuche wurde 1927 an dieser Stelle gepflanzt. 1993 musste wieder eine neue Buche gepflanzt werden. Der „decke Boom“ wurde Ende 1944 gesprengt. Die Lövenicher Volksschule hat nach dem Krieg an dieser Stelle eine neue Buche gepflanzt.
Bau und Bauform des Hofes
Caspar Simons, ein Sohn aus einer wohlhabenden Familie aus Lövenich, heiratete um 1820 Anna Sophia Katharina Niecken. Er und seine Frau kauften bei der Versteigerung des Buchholzbusches Ländereien auf. Nach dem frühen Tod des Caspar Simons gingen die Ländereien in den alleinigen Besitz seiner Frau über. 1858 schenkte sie ihren vier Kindern sämtliche Grundstücke. Am 21. März 1858 wurde vor dem Notar Remy in Erkelenz der Schenkungsvertrag beurkundet. Bei dem in der Schenkungsurkunde genannten “Wohnhaus mit Gutseinrichtungen”, handelt es sich offensichtlich um Vorgängerbauten des Dingbuchenhofes.2 Ein Sohn von Anna Simons, Johann-Wilhelm Simons, heiratete 1861 Katharina-Margaretha Spendeck. Im selben Jahr begann er mit dem Bau des Dingbuchenhofs auf den ihm zugefallenen Ländereien des Buchholzbusches.
Der Hof ist im fränkischem Baustil als quadratisch angeordnete Hofanlage erbaut. Das Hoftor ist der einzige Zugang zum Hof. Das zweigeschossige Wohnhaus lag längsseits der Straße. Rechts befand sich das Eingangstor, links die Wirtschaftsgebäude. Die Scheune lag paralell zum Wohnhaus und bildete den rückwärtigen Abschluss des geschlossenen Hofgevierts. An der Zufahrtsstraße säumte eine Allee den Weg zum Hofgebäude.
Als Baumaterial wurden Feldbrandziegel verwendet. Noch heute sind Senken im Ackerboden im Feld zu sehen, wo der Lösslehm gewonnen, zu Ziegelsteinen geformt und gebrannt wurde. Die Dächer wurden mit Hohlziegeln gedeckt.
Frühere Geschichte des Hofes
Am 25. April 1871 verstarb Johann Wilhelm Simons, seine Frau verpachtete den Hof 1873 an ihren Bruder Johann-Peter Spendeck. Bereits am 10. September wurde der Hof unterverpachtet an die Ehe- und Ackerleute Hubert Kochs und Maria-Barbara Beckers aus Baesweiler. Erst am 18. April 1875, in einer Begutachtung von Heckenpflanzen durch den Granderath (Bürgermeisterei Lövenich), erscheint die Bezeichnung „Dingbuchhof“. 1879, am 27. Januar, wurde der Hof neu verpachtet an Hermann-Josef Granderath aus Lövenich. Am 27. Januar 1879 übernahm Robert Simons mit seiner Mutter die Bewirtschaftung des Dingbuchenhofes. 1900 gab Robert die Landwirtschaft auf und verpachtete den Hof an Richard Bardenhewer aus Lövenich.
Am 21. Dezember 1905 wurde der Dingbuchenhof von der Erbengenmeinschaft verkauft.
Neuer Besitzer wurde Ludwig Kaiser sen. aus Huckingen. Herr Kaiser verstarb am 22. Juli 1911. Seine Frau Henriette erbte zufolge den Dingbuchenhof. Diese schenkte alle Grundstücke und die Hofgebäude ihren Kindern, Ludwig und Wilhelmine.
Am 1. Juli 1918 wurde der Hof zur Hälfte von Herrn Vobis und seiner Frau Maria geb. Kamberg gekauft. Im Januar 1919 zogen die Eheleute Vobis auf den Dingbuchenhof und bewirtschafteten ihn bis 1931. In dieser Zeit wurde im Jahre 1927 eine neue Blutbuche gepflanzt. Am 3. November 1931 kam der Hof durch die Wirtschaftskrise an den Fabrikanten Wilhelm Geitz. Mit dem Kaufvertrag war noch ein Pachtvertrag mit Herrn Erich Schulten verbunden. 1943 wurde der Pachtvertrag bis 31.12. 1955 verlängert.
Nach dem 2. Weltkrieg waren die Hofgebäude des Dingbuchenhofes durch Artilleriebeschuss stark beschädigt. Bis 1947 waren alle Schäden beseitigt. 1954 wurde zwischen den Eheleuten Hermann Lüdenbach und Regina Lamberti aus Katzem ein neuer Pachtvertrag unterschrieben. Im November 1955 übernahmen die Eheleute Lüdenbach den Hof.
1956/ 57 wurde der Dingbuchenhof umfangreich umgebaut und modernisiert.
Die 1927 gepflanzte Blutbuche auf dem Dingbuchenhof überstand trotz vieler Zerstörungen in der Umgebung den 2. Weltkrieg, jedoch die Grundwasserabsenkung durch den Ausbau des Braunkohlenabbaus im Bereich von Hambach überstand sie nicht. Auf Anregung der Familie Lüdenbach setzte der Gartenbauverein Lövenich am 27. März 1984 als “Gedenkzeichen für die Nachkommen” eine Buche an historischer Stelle am Dingbuchenhof.
Leider ist diese Buche wieder abgestorben, worauf 1993 die Familie Lüdenbach eine neue Buche pflanzte.
Schon vor dem 2. Weltkrieg wurde auf dem Hof eine Pferdezucht betrieben.
Seit der Jahrhundertwende ist als Arbeitspferd das Zugpferd des belgischen Typs verwendet und schließlich zum „Rheinischen Kaltblutpferd“ entwickelt worden. Es handelt sich dabei um ein starkes Pferd, das gedrungen gebaut ist und sich besonders für Arbeiten mit schweren Lasten und auf schweren Böden eignete.
In der Nachkriegszeit wurden in Lövenich 223 Pferde gezählt.
1952 fand in Erkelenz die Kreistierschau statt, bei der die Stute „Meta“ vom Dingbuchenhof die kleine bronzene Preismünze erhielt. 1955 wurde die Pferdezucht aufgegeben. Der Umstieg auf technische Geräte wurde durch die Gründung einer Maschinengenossenschaft (1952) in Erkelenz, dem „Aufbauring“, gefördert. Pferde wurden nicht mehr benötigt. 1957 schrumpfte der Bestand der Arbeitspferde in Lövenich auf 85 Tiere.
Neuzeit
Am 31. Dezember 1979 verkaufte die Erbin des Wilhelm Geitz, seine Tochter Gertrud Berning, den Hof an den Eschweiler Bergwerksverein (EBV Gewerkschaft Lothringen) und 1986 verkaufte der EBV den Hof an die Zeche Sophia-Jacoba (S. J.) Hückelhoven.
Trotz dieses Besitzerwechsels blieb die Familie Lüdenbach bis Ende 1995 Pächter des Hofes. Erst durch den Verkauf des Hofes an die Familie Peters-Esser ging der Dingbuchenhof wieder in den Besitz einer Familie über, die ihn selbst bewirtschaftete.
Die Familie Peters-Esser, die in Pützlohn bei Eschweiler etwa 300 Jahre lang den Pützlohnerhof bewirtschaftete und dort wegen Rheinbraun den Hof aufgeben musste, wurde auf den Dingbuchenhof aufmerksam. Die Bausubstanz des Hofes war nicht mehr in Ordnung. Der Landeskonservator stimmte dem Abbruch der Gebäude zu, so konnte die Familie Peters einen neuen Hof mit Wirtschaftsgebäuden errichten.
Das Ehepaar Herbert und Brigitte Peters hat den Hof zu einem anerkannten Ausbildungs- und Zuchtbetrieb ausgebaut. Es werden Getreide, Zuckerrüben, Ackerfutter, Grünland- oder Ackergras angebaut sowie Milchviehhaltung und Färsenaufzucht betrieben.
- J. H. Barth: Genealogisch-Etymologisches Lexikon Bd.1, Genealogie-Service.de GmbH Reichelsheim 2006, S.179
- Jedoch weder in der Tranchotkarte von 1801- 1828 noch in der Preußischen Karte von 1836 – 1850, sind Gebäude eingezeichnet.
- Text von Rudolf Recker-Proprenter 2022 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V.
- Der Dingbuchenhof (Hof und Familienchronik). Leverkusen, 2010, Manuskript bearbeitet und gestaltet von Dietmar Schmitz ,
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