Schon immer feiern die Oestricher Bewohner am 28. Januar das Karlsfest im Gedenken an Karl den Großen. Dieser starb am 28. Januar 814 in Aachen und wurde dort im Münster beigesetzt, ab 1215 im Karlsschrein. Auf Veranlassung Kaiser Friedrich Barbarossas nahm der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel mit Zustimmung des Gegenpapstes Paschalis III. im Jahre 1165 die Heiligsprechung Karls vor, die indes von Rom nicht anerkannt wurde. Doch wurde seine Verehrung für Aachen, Frankfurt und Osnabrück gestattet.
Erste Karlskapelle
In Oestrich gab es bereits 1452 eine Karlskapelle, die aber an anderer Stelle, nämlich in der Nähe des heutigen Ziegelweihers in der Flur „Auf dem Kahler“ stand. Auf der Karte von Jacob van Deventer um 1560 ist die Lage der Kapelle an dieser Stelle eingezeichnet. Ihre Existenz wurde auch durch ein Testament aus dem Jahr 1746 bestätigt.
Zweite Karlskapelle
Im Jahre 1844 bauten die Einwohner Oestrichs die neue Karlskapelle mitten in ihrem Dorf, die heute noch steht. Am 28.06.1845 wurde sie geweiht.
Die Karlskapelle in Oestrich ist die einzige Kirche/Kapelle im Bistum Aachen, die das Patrozinium Karls des Großen trägt. In Übach-Palenberg gibt es zwar auch eine Karlskapelle, zumindest wird sie so genannt, aber diese Kapelle trägt das Patrozinium des Heiligen Petrus.
Die Karlsverehrung
Es stellt sich die Frage, wie die Karlsverehrung noch Oestrich gekommen ist. Da muss man weit zurückgehen. Erstmalig wurde 966 urkundlich erwähnt, dass Oestrich -wie auch Erkelenz- zur Grundherrschaft des Aachener Marienstiftes gehörten. Diese blieb übrigens bis 1794 bestehen. Da der Karlskult eng mit dem Aachener Münster und damit auch mit dem Marienstift verbunden war, ist schon früh diese Karlsverehrung auch in Oestrich begangen worden. Genaue Daten sind nicht bekannt. Bekannt ist aber, dass im 13. Jahrhundert ein aus Erkelenz stammender Geistlicher am Marienstift in Aachen, Martin von Erkelenz, ein großer Verehrer Karls des Großen war und so stiftete er u. a. zum Todestag von Karl eine Messe zu seinen Ehren. Diese Verehrung Karls durch den Geistlichen kann eigentlich nur dadurch begründet sein, dass Martin bereits in seiner Jugend in Erkelenz die Karlsverehrung kennengelernt hat.1
Bekannt ist auch, dass das Aachener Marienstift im Jahre 1417 für die neu erbaute Pfarrkirche in Erkelenz ein Chorfenster stiftete. In diesem Fenster waren Gott Vater, die Mutter Gottes und Karl der Große dargestellt. Diese Darstellung deutet auf eine seit langem bestehende Karlsverehrung in Erkelenz hin.2 Erwähnt sei nochmals die 1452 genannte Karlskapelle auf dem Weg nach Oestrich.
Die Karlsverehrung in Aachen ging zurück, als im späten Mittelalter die Heiligtumsfahrt stärker in den Vordergrund rückte. Die Erkelenzer/Oestricher hatten im Mittelalter bei der Heiligtumsfahrt das Privileg, dass sie bei der Präsentation der Heiligtümer einen bevorzugten Platz auf dem Dach des Münsters hatten. Auch das ist ein Hinweis auf die Karlsverehrung in Oestrich.
Auch in späteren Jahren wurde am 28. Januar, dem Todestag von Karl dem Großen, von Bewohnern ein Fest gefeiert. Hier eine Einladung aus dem Jahre 1860.
In Oestrich bleib die Karlsverehrung bis auf den heutigen Tag erhalten, so dass jeweils am 28. Januar, dem Karlstag, in der Kapelle eine Heilige Messe gefeiert wird. Auch treffen sich die Bewohner zum gemeinsamen Essen.3
- Heimatblätter Monatsschrift für Heimatkunde. März 1942, Seite 52 ff ,
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