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Kirchliches Lagerbuch von Keyenberg

1459 bis 2021

Das Lagerbuch der jährlichen Einkünfte

Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 -1648) und noch ein Jahrzehnt darüber hinaus bis zum Tode im Jahre 1658 war Pfarrer an der Kreuzerhöhungskirche in Keyenberg der aus Grevenbroich stammende und als junger Mann in den Jesuitenorden eingetretene Heinrich Bierwirtz. 1649 entschloss er sich, das heute noch im Bischöflichen Diözesanarchiv Aachen, Depositum Pfarrarchiv Keyenberg Heilig Geist A 373, vorhandene sogenannte „Lagerbuch“ anzulegen, dem er den Titel gab „Liber annuorum proventuum 1649“ (Buch der jährlichen Einkünfte 1649).

Der Pfarrer Bierwirtz nahm die Verwaltung seines Amtes genau; er fürchtete auch Streit nicht, wenn es nötig war, um seine Rechte zu verteidigen. So führte er einen Prozess gegen den Pächter auf Zourshof wegen verweigerter Rentenabgaben, ja sogar gegen die des Stiftes Maria im Kapitol zu Köln, die das Patronat über die Pfarrstelle Keyenberg hatte, rief er das geistliche Gericht an. Die älteste in diesem Lagerbuch verzeichnete Stiftung trägt das Datum „Tag vor Palmsonntag“ 1459 und berichtet, dass Wimar von Zours und Ehefrau Mechthildis von Speden eine an den Quatembersamstagen zu haltende hl. Messe gestiftet haben. Pfarrer Bierwirtz nahm auch ein Verzeichnis der Familien seines Pfarrbezirkes im Jahre 1650 auf. Demnach gab es damals in Keyenberg ungefähr 55 Häuser, von denen 8 zerstört und 2 neugebaut waren; die Vikarie war unbewohnt. Die Namen der damaligen Bewohner sind im allgemeinen von denen der heutigen Bewohner verschieden, jedoch kommen folgende Namen vor, die heutzutage noch in Keyenberg vorhanden sind: Hamacher, Schüller, Esser, Küpper, Maßen, Kläßen, Postels, Bern (Behren?), Wekop (Weckauf?) etc..

Die Einahmen wurden überwiegend in Naturalien bezahlt. Der Zehnt per Korn, die kleine Zehnte wurden in Flachs, Rüben, Schafen und Lämmern gegeben, die Kirchenrenten in Malter Roggen. Die Renten der Bruderschaft bekamen die Hausarmen.  Das Pfarrwesen hatte an Einkommem 40 Morgen Land an Zehnten, 40 Malter Roggen, 36 Malter Hafer ferner 6 Morgen Land. Die Äbtissin von St. Maria im Kapitol zu Köln besaß schon im 13. Jahrhundert das Patronat von Keyenberg. Die Äbtissin erhielt vom Kirchenzehnten etwa 400 bis 500 Malter Frucht, Roggen, Weizen, Hafer. 

Nach dem Tode Bierwirtz am 27. Januar 1658 zeigte sein Testament, dass die Einnahmen in der Pfarrei zur Linderung der Armut wie auch für die Erhaltung der Pfarrei verwendet wurden. Der arme Haushalt und die persönlichen Verhältnisse des Verstorbenen geben einen Einblick in sein Leben. An Geld fand sich vor: 1 doppel franz. Kopfstück, 1 Metzer Blank, 5 Fetmenger, 2 halbe Pistolen a´ 3 1/2 Reichstaler, 4 halbe Dukaten a´ 2 Reichstaler, 1 St. unbekanntes Geld, 31 Speziestaler und 1/2 franz. Reichstaler. Im Keller befand sich ein Faß Bier für den Haustrunk. Zwei Kühe standen im Stall. Die Landwirtschaft war nur schwach betrieben. Vier Morgen des Pfarrlandes waren besät, das übrige Land lag brach. An Leibwäsche  werden aufgeführt 6 Hemden, zwei alte und vier neue, an Kleidungsstücken zwei schlechte Buchsen und zwei schlechte Röcke. Auf der Send vom Jahre 1659 klagte Bierwirtz, dass dem Pfarrhause zu Keyenberg an allen Ecken der Einsturz drohe. Selbstlos, arm und rastlos, aber mit Erfolg, hat er sein Amt verwaltet. 

Ganz wichtig war es, die einzelnen Grundstücke genau zu bestimmen und anzugeben, mit welchen Lasten und Abgaben sie, sei es in Geld, sei es in Naturalien, zu kirchlichen Zwecken und für kirchliche Bedürfnisse verbunden waren. Kataster und Grundbuch im heutigen Sinne gab es damals noch nicht. Bierwirtz griff oft zu umständlichen Formulierungen, um auch in Zukunft Klarheit zu schaffen, z.B. 3 Morgen Ackerland, nahe dem Dorf am Wege nach Holzweiler, neben Winand Essers Erben an der einen und Cönens Kindern an der anderen Seite, ein Vorhaupt der Weg nach Holzweiler, das andere Vorhaupt Pattern Land. Größenangaben waren in ortsüblichen Maßen angegeben. Wenn unter den Flurbezeichnungen des Pfarrers Bierwirtz, die er vor mehr als 3 Jahrhunderten aufgezeichnet hat, manche fehlen, die heute gebräuchlich sind, so kann dies verschiedene Gründe haben; diese Namen gab es noch nicht oder sie bestanden damals schon, es waren aber keine Kirchlichen Grundstücke. Zweifellos können auch heute gebräuchliche Flurnamen später entstanden sein. Ein Beispiel bietet das „Schwarze Kreuz“; diese Bezeichnung ist wohl sicher erst entstanden, nachdem das dort an einer Wegkreuzung stehende hölzerne Kreuz infolge eines Brandes wirklich „schwarz“ geworden war. Lange Jahre waren dort die angekohlten Reste zu sehen.

Überlieferte Flurnamen

An der Westricher Hecke bei Cavels Linde oder An der Kaverslinden (*Am Lindenweg) ( Cavels- oder Kavers-linde ist offenbar die ursprüngliche Bezeichnung, vielleicht nach dem Eigentümer oder Nachbarn so benannt; daraus ist dann wohl im Volksmund „Kaleverleng“ = „Kälberlinde“ geworden). Am Judenpat (*Judenpfad) alias Endenpat oder Einpenpat, der von Westrich geit nae Holzweiler; In Schleien (*An der Schleiden), die heutige Bezeichnung –en dr Schleh- ist schon 1532 als –yn der Slyen-urkundlich bezeugt ( Inventar der Pfarrkirche St.  Antonius in Wickrath. Düsseldorf 1957.S.57 Nr.107)). Im Westricher velt hinder Jufferen Zours bungarten ( *Zoursacker) und fort in der Hütten hinder der Eisen bungarten; Op der Rynscheit ( *Im Ringschiff ), geheischen an der wolfskoln); An der Esels mar ( *Eselsmaar )

Manche jahrhundertealte Feld- und Flurwege mögen heute namentlich auch seit der Grundstückszusammenlegung verschwunden sein, neue und bequemere Wege in den Feldfluren sind geschaffen worden; geblieben sind einige der alten ( * ) Flurnamen, die nun auch für immer verschwinden.

  1. Landkreis Erkelenz und Heimatverein der Erkelenzer Lande, Heimatkalender der Erkelenzer Lande. Erkelenz, Wilhelm Corsten, 1962, S. 105ff

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