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Holzweiler Hof am Markt

sonstiger Name: Junker Steins Hoff sonstiger Name: Amtsverwalterhof
1560 bis 2022

Lage

Unmittelbar nördlich der Holzweiler Pfarrkirche liegt der Holzweilerhof.

© Land NRW (2019)
Datenlizenz Deutschland – Tim-Online - Version 2.0 (www.govdata.de/dl-de/by-2-0) | Tranchotkarte
Tranchot Karte 1801-1828

Das Areal umfasst 0,5 ha inmitten der Ortschaft Holzweiler. Das Wohnhaus, das erst im Jahre 1729 erbaut wurde, steht unter Denkmalschutz. Die Stallgebäude wurden im 19., die Scheune im 20. Jahrhundert erbaut. Die Lage und Größe weisen darauf hin, dass es sich hierbei um eine alte und bedeutsame Hofstätte gehandelt haben muss. Der Hof hat den Charakter eines fränkischen Gehöftes mit einem zweigeschossigen Backsteinwohnhaus mit Blausteingewänden. 

Geschichte

Mit der Gründung des Dorfes Holzweiler hat der Hof keine Beziehung. Holzweiler ist ein im 6. oder 7. Jahrhundert n. Chr. gegründeter Hofverband mit einem zentralen Herrenhof (Fronhof) und einer Reihe von abhängigen kleineren Unterhöfen. Dieser Hofverband unterstand einem Grundherren, bis 898 n. Chr. der fränkischen Königsverwaltung, anschließend bis um 1800 dem hochgräflichen Damenstift Essen.

Der früheste Hinweis auf den Hof stammt aus dem 16. Jahrhundert. „Junker Steins Hoff“, so wird der Hof im Kirchenbuch des Jahres 1560 genannt. Diese Bezeichnung gilt als frühester Hinweis für die Existenz des heutigen Holzweilerhofes. „Junker Godart von Stein“ entstammte einem Adelsgeschlecht, welches im 16. und 17. Jahrhundert im hiesigen Raum eine größere Bedeutung erlangte. Er bewohnte das Rittergut von Steinen in Wanlo, eine Hofstelle, die auch heute noch als Kappelshof bekannt ist. Verheiratet war Godart von Stein in erster Ehe mit Anna von Broichhausen, in zweiter Ehe mit Anna von Zours. Möglicherweise stammt der Hof aus der Familie seiner ersten Frau Anna von Broichhausen. Nach dem Tod der Eltern 1630 erhielt Dietrich das Gut. Nach dem Tod ihres  Bruders erbte 1634  Elisabeth von Stein, die Älteste von drei Schwestern, den Hof zu Holzweiler. Sie war zu dieser Zeit mit „Jakob von Mangelmann“ verheiratet. Der Besitz blieb bis zum 17. Jahrhundert in der Hand der Familie Stein.

Wilhelm Schiller hat vermutlich den „Junker Steins Hoff“ als Pächter bewirtschaftet. Die Familie Schiller stammte aus Borschemich, wo sie bereits im 16. Jahrhundert zwei Höfe bewirtschaftete, den Schillerhof und einen Pachthof (Eigentümer war die Abtei in Mönchengladbach). Wilhelm Schiller hatte das wichtige Amt eines Schultheißen inne. Mitte des 17. Jahrhunderts wurden seine Nachkömmlinge, Peter und Gottfried Schiller, Eigentümer des Hofes. Am 04.04.1693 heiratete eine Gertrud Schiller den Gerichtsschreiber des Amtes Kaster, Heinrich Dackweiler. Gertrud war die letzte Person in der Reihe der Familie Schiller und hat das Holzweiler Gut wahrscheinlich geerbt. Als Gerichtsschreiber des Amtes Kaster war Heinrich (Henrich) Dackweiler ein gebildeter und angesehener Mann.

Dieses Amt Kaster war vom 13. Jahrhundert bis 1800 in Dingstühle (Gerichts- und Verwaltungsbezirke) gegliedert, wozu auch der Dingstuhl Holzweiler mit den Dörfern Holzweiler, Immerath, Lützerath, Pesch und Spenrath zählte. An der Spitze eines solchen Amtes stand der Amtmann, der vom Landesherren, dem Herzog von Jülich, dazu berufen wurde. 

Die Herkunft von Henrich Dackweiler ist unbekannt, mit dem in Richtung Titz gelegenen Dackweiler Hof besteht keine Beziehung. Um 1700 war er Pächter vom Fronhof und der großen Zehnten und bewirtschaftete mit Ehefrau Gertrud Schiller den nördlich der Kirche gelegenen Gutshof, den heutigen Holzweilerhof. Henrich Dackweiler übte jahrelang das Amt des Gerichtsschreibers im Amt Kaster aus.

Der Zehnt belastete mehr als 100 Jahre die Landbevölkerung. Die Abgaben gliederten sich in „großen Zehnten“ (Körnerfrüchte), „schmalen oder kleinen Zehnten“ (Gartenfrüchte, Flachs, u.a.) und „Blutzehnten“ (Viehnachwuchs).

Ursprünglich fiel der Zehnt zu je einem Drittel an Pfarrer, Kirche und Arme, außerdem gab es noch Ansprüche für König oder Landesherrn. Die Praxis bestand darin, dass der Zehntherr über seinen Beauftragten oder Pächter die Früchte einsammeln ließ und bis zum Dreschen in Zehntscheunen einlagerte. Beim großen Zehnt wurde die 10. oder auch nur 20. Garbe, bei Gemüse und Hülsenfrüchten die 10. Reihe aufgenommen.

Schon während des Mittelalters, aber noch mehr mit Beginn der Neuzeit, haben manche Betroffene die Abgaben zu verringern versucht. So blieben Getreidegarben ungebunden (den nur gebundene zählten) und bei Hülsenfrüchten fehlte die 10. Reihe. Die Schwierigkeiten bei den Zehnten vermehrten sich noch, als mit der Neuzeit die Brache stärker mit Feldfrüchten (Rüben, Flachs, im 18 Jahrhundert auch Kartoffeln u.a.) bestellt wurde. Die teilweise heftigen Meinungsverschiedenheiten zwischen Zehntherrn und Bauern konnten meist nur durch lange Verhandlungen geschlichtet werden. 

1746 wird in einem Vermessungsprotokoll vor allem der „Herr ambs Verwalter Dackweiler“ aufgeführt. Dieser Amtsverwalter war Johann Gottfried, Sohn des Henrich Dackweiler. Der Hof wurde nach ihm „Amtsverwalterhof“ genannt. 1729 erbaute Johann Gottfried das Wohnhaus des Gutshofes, wie die oberhalb der Haustüre eingeritzten Initialen „J.G.D. – M.G.W. 1729“ ausweisen.  

© R.R.P. | R. Recker-Proprenter
Inschrift 1729

Die letzten drei Buchstaben sind Abkürzungen für die Ehefrau Maria Gertrude Wolfs von Grouven.

© gemeinfrei | Archiv Stadt Erkelenz | Maria Gertrude Wolf von Grouven 1725
Ölgemälde 1725

Das Ölgemälde aus dem Jahre 1725 zeigt Maria Gertrude Wolf von Grouven. Die ernst dreinblickende Dame ist die Urgroßmutter von Luise Spiess, geb. Dreling, die Gattin von Johann Joseph Spiess, Domänenverwalter in Erkelenz und Erbauer des Hauses Spiess.

Nach dem Tod der Eheleute Dackweiler erbte Franz Josef das Hofgut. Er starb 1806. Nach Angaben der Holzweiler Pfarrchronik war Franciskus Josephus de Dackweiler (Franz Josef von Dackweiler) der letzte aus dieser Familie, der den Hof besaß. Er war stellvertretender Amtmann im Amt Kaster. 1816 starb der edle Franz Josef von Dackweiler, Hofkammerrat des Herzogs von Berg und Jülich, Gatte der Johanna Maria Werden. Nach dem Tod führte seine Witwe den Betrieb noch einige Jahre weiter. Da die drei Kinder schon jung verstorben waren, wurde ihre schon betagte Schwester, Juffer Theresia Werden, Hoferbin.

Neuzeit

Nach ihrem Tod 1828 erhielten die ihr verwandten Gebrüder Corneli das Gut, die es sogleich an die Eheleute Kasper Leonard Keybetz und Maria Petronella Wiedershofen verpachteten. Deren Sohn Josef kaufte nach und nach den ganzen Hof. Die Familie Keybetz, die etwa 40 Jahre auf dem Hof wohnte, genoss auch bei der Dorfbevölkerung hohes Ansehen. Immer wieder unterstützten sie kirchliche Angelegenheiten (Neubau, Ausstattung), auch war Josef Keybetz bis 1872 stellvertretender Gemeindevorsteher.

In diesem Jahr wurde der Holzweiler Gutshof an den Rittergutsbesitzer Friedrich Heinrich Freiherr von Diergardt zu Bonn verkauft. 1885 verpachtete der Freiherr seinen Holzweiler Besitz an Carl Jüssen, der einem alten Bauerngeschlecht entstammte. Unter der Leitung von Carl und dessen Sohn Conrad entwickelte sich der Hof zu einem führenden landwirtschaftlichen Betrieb. Von 1920 bis 1945 war die Zucht des rheinischen Kaltblutpferdes ein Schwerpunkt im Betrieb. 

Auf dem Holzweilerhof wurden ungewöhnliche Erfolge erzielt. Viele Pferde wurden prämiert, so die Hengste Ritter von Holzweiler, Xenor von Holzweiler, Bandit von Holzweiler und die Stuten Übung von Holzweiler, Tanne von Holzweiler, Wahl von Holzweiler. 

© Gemeinfrei | Freiherr-von-Diergardt
Friedrich Freiherr von Diergardt, Kupferstich von J. Kébcil, 1863

Nach dem Tod des Freiherrn von Diergardt erbte der älteste Sohn Friedrich Daniel von Diergardt das Hofgut. 1878 ist erstmals vom „Holzweilerhof“ die Rede. Im Jahre 1951 verstarb Conrad Jüssen. Die Pacht des Holzweilerhofs übernahmen die älteste Tochter Christa und ihr Ehemann Engelbert Schmitz.

© Holzweiler ein Beitrag zur Geschichte bis Anfang des 19. Jahrhunderts, von Paul Blaesen
Luftaufnahme 1950

Der Besitzer und Erbe des Freiherrn von Diergardt verkaufte das Gut an das Rheinische Heim in Bonn, welches kurz darauf den Besitz wieder veräußerte. Es erhielten in einem Verfahren der Bodenreform die Eheleute Schmitz die Hofstelle und 50% der Ländereien. Da der Betrieb seit 1972 völlig ohne Vieh bewirtschaftet wurde, lag der Schwerpunkt in einem intensiven Ackerbau (Zuckerrüben, Weizen, Gerste). Die Hofstelle diente dabei hauptsächlich nur noch der Unterbringung des Maschinenparks der Landwirtschaft. Am 19. August 2014 verstarb Konrad Schmitz mit 71 Jahren. Seine Schwester Anne-Marie Schauenburg, geb. Schmitz, erbte das Hofgut.1

  1. Text von Rudolf Recker-Proprenter 2022 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V.
  1. Paul Bläsen, Band 06 Höfe, Kirchen, Zeitgeschehen. Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V. , Erkelenz, S. 7 ff Der Holzweiler Hof
  2. Paul Blaesen, Holzweiler - Ein Beitrag zur Geschichte bis Anfang des 19. Jahrhunderts. Köln, 1981, S. 62,63,75,105,156,157

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