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Heilige Dreifaltigkeit Gerderhahn

sonstiger Name:
Kategorien: Kirchen Gerderhahn
30.06.1901 bis 2024

Kirchengemeinde

Gerderhahn wird bereits in einer Schenkungsurkunde des Jahres 1317 erwähnt. Dort ist auch von der Pfarrei Gerderode (Gerderath) die Rede, der Gerderhahn von Beginn an zugehörte.1 So mussten die Gemeindemitglieder die Kirche in Gerderath besuchen.

Allerdings versammelten sich die Christen Gerderaths zum Gebet bis etwa 1901 an einem Kreuz in der Dorfmitte. An diesem Kreuz befand sich auch eine kleine Glocke, die die Christen zum Gebet rief.2

Wie in anderen Dörfern, deren Christen einen weiten Fußweg zur Pfarrkirche hatten, so entstand auch in Gerderhahn gegen Mitte des 19. Jahrhunderts der Wunsch nach einem eigenen Gotteshaus. Dieser Wunsch wurde aber von den zuständigen Pfarrern aus verständlichen Gründen zunächst abgelehnt. So konnte zunächst ein bereits im Dezember 1854 geplanter und genehmigter Kapellenbau nicht zustande kommen, weil vermutlich der Gerderather Pfarrer Karl Josef Pauen dies verhinderte.

1899 wurde der Plan zum Bau einer Kirche wieder aufgegriffen und eine Baukommission gewählt. In der Dorfmitte sollte der Bau auf einem Grundstück der Erben Johann Heinrich Jakobs3 errichtet werden. Im Jahre 1901 konnte der Grundstein der Kapelle gelegt werden. Obwohl sie noch nicht vollständig fertig war, wurde die 1. Heilige Messe am 31. Mai 1904 gefeiert. In Folge von Unstimmigkeiten mit dem Gerderather Pfarrer Maaßen konnte die nächste Messe erst am 20. Juni 1905 gelesen werden.

Eine relative Unabhängigkeit von der Gerderather Pfarrgemeinde erhielt Gerderhahn durch die Berufung des Pfarrers Duven aus Ceylon zu den Gottesdiensten in Gerderhahn in der Mitte der 1910er Jahre. Der Gerderather Pfarrer Küppers hatte ihn dazu beauftragt. Nun wurden sonntäglich und in der Woche Gottesdienste und Andachten hier gehalten. Ab 1920 wurde Gerderhahn selbstständiges Rektorat. Im Jahre 1920 ging auch die Vermögensverwaltung auf das Rektorat über, wodurch die Abhängigkeit von der Pfarre Gerderath vollständig aufgelöst wurde. 1928 wurde die Kirchengemeinde zur Pfarre ernannt.4

Zur Pfarrgemeinde Gerderhahn gehörten seit 1957 auch die katholischen Christen der Orte Genfeld, Schwanenberg mit Genhof, Grambusch und Lentholt.

Wegen des immer größer werdenden Priestermangels mussten ab dem Millenium zunehmend Pfarreien zu „Gemeinschaften von Gemeinden“ zusammengelegt werden. Dies war in Gerderhahn im Jahre 2000 erstmalig der Fall. Gerderhahn kam zur Gemeinschaft Erkelenz-West. 2010 fusionierte diese Gemeinschaft mit Sankt Lambertus Erkelenz, ab dem Jahre 2015 existiert nur noch eine katholische Kirchengemeinde in Erkelenz, die Gemeinde Christkönig Erkelenz.

Als eigenständige Kirchengemeinde existierte Gerderhahn etwa 80 Jahre.

Geschichte des Kirchenbaus

Vor der Grundsteinlegung der Kirche am 30. Juni 1901 musste das Haus, das sich auf dem vorgesehenen Grundstück (s. o.) befand, abgerissen werden. Danach begann man bereits im Herbst 1900 mit dem Verlegen der Fundamente. Noch im gleichen Jahr konnte der Rohbau hochgezogen werden. Beauftragt wurden hierzu Handwerker aus der näheren Umgebung. Die Einwohner Gerderhahns leisteten Hand- und Spanndienste. Der Weiterbau wurde allerdings dadurch verzögert, dass sich der Pfarrer in Gerderath und der Grundstücksbesitzer Anton Oellers nicht einig wurden, wem das Grundstück zu übereignen sei. So konnte die Kirche erst 1904 soweit fertiggestellt werden, dass darin Messen gefeiert werden konnten. Das Inventar wurde sukzessive in den Folgejahren, meist durch Spenden, vervollständigt.

Beide Weltkriege überstand die Kirche ohne Schäden.

1961 wurde sie durch den Anbau von zwei Seitenschiffen und einer Sakristei nach dem Entwurf von Josef Vieten, Erkelenz, erweitert. Im Jahre 1973 mussten umfangreiche Instandsetzungmaßnahmen ergriffen werden. Unter der Leitung von H. D. Brunn, Wassenberg, erhielt die Kirche ihr heutiges Aussehen. Insbesondere wurde der Altarbereich erneuert.

Bauweise

Die Kirche besteht aus einem neugotischen Backsteinbau mit drei Jochen im Langhaus und einem schmalen Chorjoch mit dreiseitig geschlossenem Chor. Die Decke besteht aus einem Kreuzrippengewölbe. Für den Bau der flachgedeckten niedrigen Seitenschiffe wurden die Seitenwände aufgebrochen und die Strebepfeiler durch Stützen ersetzt; die Seitenwände der Nebenschiffe bestehen aus Beton und Glasbausteinen. Auf dem Westgiebel befindet sich ein achtseitiger, schlanker Dachreiter. Darin hängen seit Ende des 20. Jahrhunderts zwei Glocken.

Inventar

© Wolfgang Lothmann | Blick in Chorraum
Blick in den Chorraum

Altäre und Ambo

Im Kirchenraum befinden sich insgesamt 5 Altäre. Im Chor stehen ein Hochaltar und der Zelebrationsaltar mit Ambo. In den Seitenschiffen befindet sich an der nord- und südöstlichen Stirnwand jeweils ein Seitenaltar. Im Portalraum steht zudem noch ein Andachtsaltar für die Pietàgruppe.

Hochaltar

© Pfarrarchiv Erkelenz | unbekannt | ursprünglicher Hochaltar
Chor mit Hochaltar nach 1904

Vom ursprünglichen Hochaltar aus dem Jahre 1904 existieren nur noch der Altartisch und der Tabernakel. Er war ein Geschenk eines Ehepaares aus der Gemeinde. Der verlorene Aufsatz stammt aus der Werkstatt des Erkelenzer Bildhauers Peter Tillmanns.5 Erhalten geblieben sind der neugotische Altartisch aus Sandstein. An dessen vorderen Ecken befinden sich zwei schwarze Marmorsäulen und der Stipesblock6 enthält Blendmaßwerk.

Mitten auf dem Altartisch steht der Tabernakel. Er befindet sich in einem Block aus silbernem Metall. Die Türen des Tabernakels bestehen aus einem goldkupferplattierten Metall. Die Ränder sind mit 17 geschliffenen Glassteinen mit unterschiedlichen Farben besetzt. Jeder Türflügel zeigt einen Engel mit Weihrauchfässern in der Hand.7 Auch der Tabernakel ist ein Geschenk eines Bürgers der Gemeinde.

Hauptaltar und Ambo

Bei der Renovierung der Kirche im Jahre 1973 erhielt sie einen neuen Zelebrationsaltar mit im gleichen Stil verarbeitetem Ambo. Beide bestehen aus weißen Marmorblöcken und -platten, deren Flächen Weinlaub- und Traubenranken enthalten.

Nördlicher Seitenaltar

Der Seitenaltar enthält das Bild der Immerwährenden Hilfe als Abbild des Bildes aus der Kirche Sant’ Alfonso in Rom. Die Holzmensa wurde im Stile der Neugotik gestaltet. Dr. Erich Coester vermutet, dass er eventuell aus einem älteren früheren Altartisch umgebaut wurde.8 Er stammt aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Retabel wurde im Stile der klassischen Moderne gestaltet und um 1930 bis 1935 erstellt. Das Altarkreuz stammt aus der gleichen Zeit.

Südlicher Seitenaltar

Ein neuer Altartisch enthält Felder, die mit Maßwerkrosen gefüllt sind und im Zentrum ein Pelikanrelief enthalten. Diese Felder stammen aus der ehemaligen Kommunionbank, die von Peter Tillmanns 1898 erstellt wurde.9 Auf dem Altar steht die Gottesmutter.

Andachtsaltar

Auf einer neugotischen Mensa mit zwei Säulen an den vorderen Ecken steht die Pietàgruppe. Dieser Altar stammt aus dem ersten Viertel des 20. Jahrhunderts.10

Beichtstuhl

Der Beichtstuhl wurde 1913 von der Firma Jansen aus Rheydt geliefert11

Taufstein

Der aus behauenem Steinguss bestehende Taufstein stammt ebenfalls aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Schaft enthält acht Ecken, das Becken ein Kelchkapitell mit Blendmaßwerk. Der Taufsteindeckel besteht aus messingplattiertem Kupferblech. Er hat die Form eines umgekehrten Trichters.

Figuren

Die Figuren, die die Kirche schmücken, stammen aus dem 20. Jahrhundert. Sie sind teilweise Vorbildern älterer Stilepochen nachempfunden.

Im Chor steht eine Kreuzigungsgruppe aus Kunststoff. Sie entstand im 3. Drittel des 20. Jahrhunderts.12.

In Massenproduktion in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts hergestellt wurden die Gipsfiguren Herz-Jesu, Heilige Maria Immaculata, Heiliger Josef und Heiliger Aloisius. Abgesehen vom Heiligen Josef, der holzfarben gestaltet ist, sind die übrigen Figuren bunt.

Die Pietà stammt aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Sie ist neugotisch von Johann Breuer aus Aachen gestaltet worden.

Die Holzfigur des Heiligen Antonius von Padua wurde um 2000 erstellt. Antonius trägt das Christuskind. Dr. Coester beschreibt die Schnitztechnik als rustikal mit Oberflächencharakter.13

© Wolfgang Lothmann | Antonius von Padua
Antonius von Padua

Fenster

Die Fenster, die im Mittelschiff und im Chor zu sehen sind, stammen noch aus der Entstehungszeit der Kirche. Sie wurden alle von der Firma Hertel und Lersch erstellt. Abgesehen von den beiden Chorfenstern stellen sie ornamentale Glasmalereien dar. Das nordöstliche Chorfenster zeigt den Tod des heiligen Josefs, das nordwestliche die Krönung Mariens durch die Heilige Dreifaltigkeit. Diese beiden Fenster wurden um die Jahrtausendwende restauriert.

Die Fenster in den Seitenschiffen stammen alle von Will Völker aus Lövenich. Sie entstanden beim Anbau der Seitenschiffe im Jahre 1961. Die Fensterstreifen am oberen Ende der Seitenwände bestehen aus geometrischen Figuren. Die beiden Fenster an der Westseite sind rund und stellen Sankt Severin und Sankt Hubertus dar14.

Glocken

Nahezu 100 Jahre hing eine Glocke der Firma Petit und Edelrock im Dachreiter der Kirche. Sie wurde im Jahre 1902 geweiht, besaß den Ton f und trug die Aufschrift „St. Maria Mater Dei, ora pro nobis“. Obwohl im 2. Weltkrieg eingezogen, wurde sie nicht eingeschmolzen und konnte wieder in den Dachreiter eingebaut werden. Ein Sprung, der in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entstand, erforderte allerdings eine Erneuerung des Geläuts. Die Firma Petit und Edelrock goss zwei neue Glocken für den Dachreiter, die am Ende des Jahrtausends eingebaut wurden. Sie haben den Ton f“ und d“. Ein Klangbeispiel lässt sich hier hören.

Orgel

Eine Orgel besitzt die Kirche erst seit dem Jahre 1953. Vorher begleitete seit 1909 ein Harmonium den Kirchengesang. Die 1953 eingebaute Orgel stammt vermutlich aus der Hauskapelle des Grafen Spee in Korschenbroich. Sie soll aus der Werkstatt Fabritius in Kaiserswerth stammen. Der Orgelbaumeister Romanus Seifert aus Kevelaer sorgte für den Einbau in die Gerderhahner Kirche. Sie enthält heute 2 Manuale und ein Pedal mit insgesamt 8 Registern.15

  1. siehe 100 Jahre Kirche in Gerderath, a. a. O., Seite 2
  2. siehe 100 Jahre Kirche in Gerderath, a. a. O., Seite 9
  3. siehe 100 Jahre Kirche in Gerderath, a. a. O., Seite 9 f.
  4. siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Gerderhahn (Stand: 04.2014)
  5. siehe 100 Jahre Kirche in Gerderhahn, a. a. O., Seite 18
  6. Der Stipes ist der Unterbau eines christlichen Altars, auf dem die Altarplatte aufliegt. Er kann aus einem massiven Block oder einzelnen Beinen wie bei einem Tisch bestehen, die manchmal als Säulen oder figürlich als religiöse Karyatiden gestaltet sind. (Definition laut https://de.wikipedia.org/wiki/Stipes (Stand: 04.2024)
  7. siehe Dr. Erich Coester, a. a. O., Seite 1
  8. siehe Dr. Erich Coester, a. a. O., Seite 1
  9. siehe Dr. Erich Coester, a. a. O., Seite 1 f.
  10. siehe Dr. Erich Coester, a. a. O., Seite 1 f.
  11. siehe 100 Jahre Kirche in Gerderhahn, a. a. O., Seite 19
  12. siehe Dr. Erich Coester, a. a. O., Seite 3
  13. siehe Dr. Erich Coester, a. a. O., Seite 3
  14. siehe https://www.glasmalerei-ev-web.de/pages/b2697/b2697.shtml (Stand: 04.2024)
  15. Text von Wolfgang Lothmann 2024 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V.
  1. Pfarrgemeinde Christkönig Erkelenz (Hrsg.), https://christkoenig-erkelenz.de. /gemeinden-einrichtungen/gemeinden/hl.-dreifaltigkeit-gerderhahn/ (Stand: 04.2024)
  2. Limburg, Käthe und Bernd, Denkmale in der Stadt Erkelenz. http://www.limburg-bernd.de, /DenkErk/Nr. 101.htm (Stand: 04.2024)
  3. unbekannt, 100 Jahre Kirche in Gerderhahn 1901 - 2001. Gerderhahn, 2001
  4. Wikipedia, Wikipedia Deutsch. https://de.m.wikipedia.org/, wiki/Gerderhahn (Stand: 04.2024)
  5. Dr. Erich Coester, Die Kirchlichen Kunstwerke im Bistum Aachen. Gerderhahn, 2008
  6. Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.. Band 7, 1985. Hans Hilberath: Glocken und Orgeln des Stadtgebietes Erkelenz. Geschichte und Bestand
  7. Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V.. Band 17, 1998. Paul Blaesen: Zeichen am Wege. Dokumentation christlicher Kleindenkmäler in der Stadt Erkelenz
  8. Landkreis Erkelenz und Heimatverein der Erkelenzer Lande, Heimatkalender der Erkelenzer Lande. Erkelenz, 1958. Friedel Krings: Gerderhahn 1837 - 1862. Aus dem Tagebuch des Johann Germanns. Seite 61 bis 73

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