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Heinrich Laumen und Peter Winkelnkemper

1898 1927 gemeinsame Werkstatt
Kategorien: Persönlichkeiten
Stichworte: Künstler
1898 bis 1927

Heinrich Laumen gilt als Begründer des Bildhauerzentums in Erkelenz. Zunächst im Jahre 1895 mit Peter Tillmanns, dann ab 1898 mit Peter Winkelnkemper gründete er das Atelier für kirchliche Kunst – Laumen und Winkelnkemper in Erkelenz. Dies bestand bis 1927 und fertigte insbesondere neugotische Ältäre, Beichtstühle und andere Einrichtungsgegenstände für Kirchen im Erkelenzer Land und weit darüberhinaus.

Heinrich Laumen

© Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. | Heinrich Laumen
Heinrich Laumen

Heinrich Laumen wurde 1869 geboren und stammt aus Hontem bei Waldfeucht. Als Selfkänter war ihm die günstige Auftragslage, die das Erkelenzer Land mit seinem regen neugotischen Kirchenbau bot, vertraut. Ferner erkannte er die günstige topografische Lage der Stadt Erkelenz inmitten der Bildhauer-Oberzentren Aachen, Düsseldorf, Köln und Roermond. Diese Oberzentren beherrschten lange den neugotischen Markt in den Erkelenzer Landen. So hatten z.B. die Gebrüder Mengelberg aus Köln und Utrecht 1867/68 die Pfarrkirche in Keyenberg mit einem Haupt- und Nebenaltar beliefert, für die der Aachener Bildhauer Gottfried Götting die Figuren schnitzte.

Heinrich Laumen ahnte und erlebte zudem den revolutionären wirtschaftlichen und infrastrukturellen Wandel, dem die Stadt Erkelenz seit 1897 (2500 Einwohner) durch den Tiefbohrunternehmer und Bohrgerätefabrikanten Anton Raky (1868 – 1943) zustrebte. Der Bildhauerei durfte 1898 die Einführung der Elektrizität in Erkelenz entgegengekommen sein, verbesserte sie doch die Arbeitsbedingungen und ermöglichte den Antrieb von Maschinen: Band- und Kreissägen, Hobel und Fräsmaschinen.

Auch die Eisenbahnlinie Aachen – Düsseldorf und damit der Bahnanschluss in Erkelenz war für Laumen ein Grund zur Standortwahl. Wurde zunächst in die Region geliefert, so erweiterte sich später der Kundenkreis deutschlandweit. Mittels Eisenbahn war der Transport einfacher und schneller möglich.

Schließlich besaß und unterhielt Heinrich Laumen enge Kontakte zu den Bildhauerzentren Waldfeucht und Wiedenbrück. In ersterem hatte er die Bildhauerei erlernt, in letzterem hatte er sich einige Jahre fortgebildet. 1894 heiratete er die Näherin Maria Christina, eine Schwester von Peter Winkelnkemper.

Im Atelier Laumen/Winkelnkemper arbeitete Heinrich Laumen, obwohl er die Bildschnitzerei gelernt hatte, weniger kunsthandwerklich, sondern vielmehr geschäftlich. Er hatte wohl eine ausgeprägte kaufmännische Veranlagung und großes Verhandlungsgeschick. Damit holte er die Aufträge von Kirchen und Klöstern herein, anfangs vornehmlich im Rheinland, später sogar in Berlin und Schlesien, z.B. in Breslau oder Ratibor.

Heinrich Laumen starb 1935 in Erkelenz.

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Peter Winkelnkemper

© Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V. | Peter Winkelnkemper
Peter Winkelnkemper

Peter Winkelnkemper kam am 16.12.1875 in der kleinen Bildhauerstadt Wiedenbrück zur Welt. Sein Vater, Peter Winkelnkemper und seine Mutter, Katharina, geb. Woste, verstarben beide 1888 und hinterließen sechs, zum Teil noch unmündige Kinder: zwei Jungen und vier Mädchen.

Eine Parallele zu den niederrheinisch-maasländischen Bildhauerzentren bot seiner Zeit das benachbarte Münsterland, u.a. mit dem überragenden Bildhauerzentrum Rheda-Wiedenbrück, im Jahre 1854 von dem Bildhauer Franz-Anton Goldkuhle (1827 – 1906) gegründet.

Da der 13-jährige Peter eine Begabung und Neigung für die Bildhauerei erkennen ließ, wurde er vorzeitig aus der Schule entlassen und begann eine Bildhauerlehre in Rheda-Wiedenbrück. Schwerpunkt seiner Ausbildung war die neugotische Ornamentik. Er entwickelte sich bald zu einem tüchtigen Kunsthandwerker. Im Jahre 1898 holte Heinrich Laumen seinen Schwager Peter Winkelnkemper nach Erkelenz.

Peter Winkelnkemper starb 52jährig am 16. August 1927 auf der Rückfahrt von Müntz nach Erkelenz.

2

Das Atelier Laumen/Winkelnkemper

1895 gelang es Peter Laumen zunächst den befähigten Peter Tillmanns nach Erkelenz zu holen und er gründete mit ihm das Bildhaueratelier mit Kunsttischlerei — Tillmanns und Laumen in der Burgstraße.

Nach seiner Trennung von Peter Tillmanns holte er dann 1898 seinen 23-jährigen Schwager nach Erkelenz und gründete mit ihm ein zweites Bildhaueratelier, das Atelier für kirchliche Kunst – Laumen und Winkelnkemper.

Das Unternehmen, das sich zuerst an nicht mehr feststellbarer Stelle an der Westpromenade etablierte, blühte dank der Förderung des Erkelenzer Oberpfarrers Josef Noé sofort auf und zählte 1900 fünf Mitarbeiter, “teilweise Kunstarbeiter“, welche aus Wiedenbrück und Waldfeucht nach Erkelenz geholt wurden. Offenbar genügte das erste Atelier den wachsenden Anforderungen nicht mehr, denn Heinrich Laumen und Peter Winkelnkemper erbauten —inzwischen schon zu Wohlstand gelangt — 1902/03 an der Ecke Westpromenade/Zehnthofweg ein zweigeschossiges Wohnhaus mit einer modernen Atelierhalle von etwa 10 bis 12 m Seitenlänge. Doch schon nach wenigen Jahren erwies sich diese als zu klein, zumal die Zahl der Beschäftigten im Jahre 1906 auf 24 (je 12 Holzschnitzer bzw. Steinbildhauer) angestiegen war. 3

© Heimatvereins ERK | Bernd Finken | Ateliers Laumen/Winkelnkemper-bearb
Ursprünglich als Atelier Laumen/Winkelnkemper gebaut, ab 1918 war hier die Höhere Mädchenschule Sankt Canisius, im Februar 1945 völlig zerstört
© Heimatverein der Erkelenzer Lande | Friedel Krings | Lageplan-Atelier-LaumenWinkelnkemper

Da bot sich im Jahre 1908 die Gelegenheit, den von Anton Raky erbauten großen Gebäudekomplex auf der Glück-Auf-Straße 30 zu kaufen. Dieses Gebäude befand sich im Stadtviertel um Rosenstraße/Glück-Auf-Straße, das im Volksmund auch „Ka-iro“ genannt wurde. In diesem weitläufigen Gebäudekomplex fanden sich endlich die Räumlichkeiten, um darin Bildhauerei, Polychromie und Holzlager unterzubringen. Die zweibahnige Kegelbahn wandelte man in den Maschinenraum für die benötigten Maschinen um. Außerdem erhielten die beiden Unternehmer hier genug Wohnraum für ihre Familien.

Der Erste Weltkrieg beendete die Blüte der Werkstatt, Mitarbeiter und Aufträge fehlten. In der Werkstatt Laumen/Winkelnkemper wurden während des Krieges für das Militär Munitionskisten hergestellt.

Nach dem Krieg versuchte man die Werkstatt wiederzubeleben. Trotz aller Bemühungen gelang dies aber nicht, die Zeit der Neugotik war vorbei und entsprechende Aufträge fehlten. Die Umstellung der Produktion auf Möbel lehnte man ab.

Mit dem Tode von Peter Winkelnkemper am 16. August 1927 wurde die Werkstatt an der Glück-Auf-Straße aufgelöst, einige Mitarbeiter machten sich in Erkelenz selbstständig, zum Teil als Bau- und Möbelschreiner, die Atelierräume wurden für unterschiedliche Nutzungen vermietet. 4 Im Jahre 2016/2017 wurde das gesamte Gebäude abgebrochen und wich einem großen Wohnkomplex.

Werke

Das Atelier Laumen/Winkelnkemper hat in den Jahren zwischen 1898 und 1927 – die Blütezeit war zwischen 1900 und 1914 – überwiegend Altäre, Kanzeln, Kommunionbänke, Beichtstühle und andere Einrichtungsgegenstände für Kirchen geschaffen. Die beiden Erkelenzer Bildhauerwerkstätten arbeiteten von Anfang an zusammen und ergänzten sich. Das Spezialgebiet von Peter Tillmanns war das Herstellen von Figuren während Peter Winkelnkemper eher für seine Ornamente bekannt war. So war gesichert, dass Tillmanns für die Altäre die Figuren lieferte, während Winkelnkemper sich auf die neugotische Ornamentik konzentrierte. Im Zweiten Weltkrieg sind viele Werke des Ateliers Laumen/Winkelnkemper zerstört worden.

© A.Voormanns | 2018-07-21-Inventar Kirche Keyenberg Voormanns_026

Im Erkelenzer Land sind jedoch noch einige Werke erhalten und zum Teil heute noch sichtbar. In der Heilig Kreuz Kirche in Keyenberg stehen zwei Beichtstühle, die in dem Jahr 1916 im Atelier Laumen/Winkelnkemper nach Entwürfen von Heinrich Renard geschaffen wurden. Ein Blickfang sind die durchbrochenen, von Tieren bewohnten Floralornamente. 5

In der Venrather Kirche Sankt Valentin sind auch einige Gegenstände, die im Atelier Laumen/Winkelnkemper gefertigt wurden.

Im Familienbesitz ist noch ein Schrank aus der Werkstatt Laumen/Winkelnkemper, der die besondere Ornamentgestaltung durch Peter Winkelnkemper zeigt.6

Im Erkelenzer Stadtteil Tenholt befindet sich neben der Kirche das Ehrenmal für die Gefallenen des Dorfes. Dieses Ehrenmal wurde 1921 nach einem Entwurf von Prof. Monsignore J. Prill durch das Atelier Laumen/Winkelnkemper hergestellt.

In den Jahren1902 bis 1904 wurde an der damaligen Mühlenstraße, heute Martin-Luther-Platz, die evangelische Kirche gebaut. Wichtige Teile der Innenausstattung sind in den Werkstätten von Laumen/Winkelnkemper hergestellt worden..7 Die Kirche wurde beim Bombenangriff vom 23. Februar 1945 völlig zerstört, so dass von der Inneneinrichtung nichts mehr erhalten ist.

© Heimatverein ERK | Bernd Finken | Altar-und-Kanzel-von-LaumenWinkelnkemper-2-bearb
Altar, Taufbecken und Kanzel in der Evangelischen Kirche Erkelenz

Für die Kirche Sankt Nikolaus in Würselen-Linden schufen Laumen/Winkelnkemper in den Jahren zwischen 1904 und 1906 einen großen neugotischen Hochaltar.

In der Ausstellungsdokumentation „Made in Erkelenz“ ist auf Seite 82 ein Werkverzeichnis abgedruckt8

  1. siehe Krings, a.a.O.
  2. siehe Krings, a.a.O.
  3. Hinweis in Band 3 der Schriftenreihe des Heimatvereins „Erkelenzer Straßen“, Seite 141
  4. siehe Krings, a.a.O.
  5. siehe Clever-Kümper/Stoltenberger, a.a.O.
  6. Fotos freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Elmar Hermanns (Enkel von Peter Winkelnkemper)
  7. Hinweis im Band 19 der Schriftenreihe des Heimatvereins „Evangelisch im Erkelenzer Land“, Seite 140
  8. Günther Merkens unter Verwendung der Recherche von Hans Josef Broich, 2021 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e.V.
  1. Landkreis Erkelenz und Heimatverein der Erkelenzer Lande, Heimatkalender der Erkelenzer Lande. Erkelenz, Friedel Krings: Das neugotische Bildhauerzentrum Erkelenz, 1971, Seite 79 ff
  2. Christina Clever-Kümper - Christoph Stolzenberger, MADE IN ERKELENZ - HOLZ STEIN-METALL Von Heinrich Jansen bis Ursula Klügel, Ausstellungsdokumentation. Ausstellungsdokumentation des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V. , Erkelenz, ISBN: 978-3-9818207-0-6, 2018

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